Kapitel 35: Das Ende von Eileen Prince

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Lachend schlenderten sie über den verschneiten Weg durch die Winterlandschaft, hörten nahendes Hufgetrappel und helle Glöckchen, Hermine drehte sich als erste in die Richtung, aus der die Geräusche drangen.
Ein schwarzer mittelgroßer Schlitten von zwei großen Pferden gezogen, fuhr sanft und fast lautlos über den Pfad.
„Ho... Djöfull ruhig... Baldur...", die tiefe Stimme eines älteren Mannes drang an ihre Ohren, Hermine und Severus verließen dem Pfad, um dem Schlitten Platz zu machen.
Je näher er kam, umso langsamer wurde er, der Mann musterte die beiden am Wegrand, zog die Zügel minimal nach hinten, um den Pferden zu signalisieren, dass sie an diesem Punkt stoppen sollten.
„Guten Tag", begrüßte er die beiden.
„Guten Tag", gaben Hermine und Severus wie aus einem Mund zurück, schmunzelten einander an.
„Guter Mann, hätten Sie noch zwei Plätze frei?", Severus setzte einen freundlichen Blick auf.
„Eigentlich nehme ich Fremde nicht einfach mit...", grummelte der Kutscher, wägte das Für und Wider ab, „Wo soll's denn hingehen?", musterte Hermine, die sich währenddessen mit den Pferden beschäftigte, die beide unterschiedlicher nicht sein konnten.

Ein majestätischer Rappe, der fast schon ungeduldig auf der Stelle tänzelte und mit den Hufen scharrte und ein reinweißer Schimmel, der ruhig und geduldig wartete.
„Du musst Djöfull sein", flüsterte sie dem Rappen zu, hielt ihm die offene Hand hin, die er aufgeregt beschnupperte, „und du Baldur...", auch dem Schimmel hielt sie eine Hand hin, kicherte, als er sanft mit seiner Oberlippe über ihre Haut strich.
„Wir würden Sie natürlich entlohnen", sagte Severus, der dem Blick des Kutschers gefolgt war.
Hermine streichelte währenddessen die beiden Pferde, kraulte über ihren Hals und über das Gesicht, arbeitete sich immer höher.
„Sein Sie vorsichtig", warnte der Kutscher, „Djöfull zwickt gerne... er mag es nicht wenn-", erstummte als der schwarze Hengst seinen Kopf zu Hermine neigte und sich die Ohren streicheln ließ.
Skeptisch musterte er die beiden Fremden, „ich schätze, wenn sogar der schwarze Teufel nichts gegen Ihre Frau hat, kann ich Sie ruhigen Gewissens mitnehmen. Wo soll's denn hingehen?"
„Wohin Sie uns mitnehmen", kam es von Hermine, die sich wieder neben Severus stellte und den Kutscher anlächelte.
„Dann steigen Sie ein."

Severus ließ Hermine den Vortritt, half ihr dabei den Schlitten zu besteigen und stieg dann selbst hinein, es war ein wenig eng, aber doch sehr gemütlich, auch wenn der Schlitten einen sehr alten Eindruck machte, er war immer noch recht gut gepolstert.
Er schnalzte mit den Zunge, ließ die Zügel wieder locker.
Mit einem sanften Ruckeln setzten sie sich in Bewegung, glitten über den frischen Schnee.
Hermine nahm einen tiefen Atemzug, ließ sich ein wenig weiter in das Polster sinken, suchte Severus Hand, genoss die kalte Winterluft, die sich während der Fahrt um ihr Gesicht legte.
Kleine eiskalte Schneeflocken verirrten sich in ihre Haare oder blieben auf ihrem Gesicht, wo sie sofort zerschmolzen. Severus rutschte nah zu ihr, nach der Anstrengung auf dem See war diese Schlittenfahrt eine wohltuende Pause.
„Im Fußraum muss noch 'ne Decke liegen... falls es zu kalt wird...", kam es von vorne.
Severus zog besagte Decke zu sich hoch, sah zu Hermine, die wenig begeistert die Decke musterte, sie hatte die besten und saubersten Tage schon lange hinter sich.
Vom Kutscher unbemerkt säuberte Severus die Decke magisch, flickte die offenen Stellen und legte sie dann über ihre Beine.
„Danke", flüsterte sie, schenkte ihm ein aufrichtiges Lächeln.

Für die nächsten Minuten schwiegen die beiden, genossen die Fahrt, das Hufgetrappel, die Glöckchen, die rhythmisch immer mal wieder erklangen, bis Hermine das Wort ergriff, „ich wollte immer mal so eine Schlittenfahrt machen..."
„Ihr habt doch früher sehr viele Kutsch- und Schlittenfahrten gemacht..."
„Es ist doch ein völlig anderes Gefühl wenn ein echtes Pferd eine Kutsche zieht oder ein Thestral...", sie dachte daran, wie sich die Kutschen sowohl im Sommer, als auch im Winter wie durch Zauberhand zu bewegen schienen, sie fahren von alleine, wie üblich..., lachte kurz auf, hätte sie als 11-Jährige die Wesen gesehen, die die Kutschen und Schlitten zogen, wäre sie vermutlich nicht so einfach eingestiegen.
In diesem Moment dachte sie auch an Luna, wie mutig sie eigentlich war und vermutlich auch wie einsam, sie war immer schon ein merkwürdiges Kind gewesen, war stets für sich und schien in ihrer eigenen Welt zu leben.
Aber sagte man dasselbe nicht auch immer über Hermine?
„Severus? Seit wann siehst du die Thestrale?", drehte sich ein wenig mehr zu ihm.
Er räusperte sich, „seit meiner Zeit als Professor... nach meinem Abschluss habe ich Zaubertränke studiert, ebenso wie Verteidigung gegen die Dunklen Künste, ich habe mich... recht schnell den Todessern angeschlossen und..."
„Und dann hast du jemanden sterben sehen? Musstest du so früh jemanden... umbringen?", das letzte Wort flüsterte sie.
„Nein", die Erinnerung daran waren unangenehm, eigentlich wollte er gar nicht darüber sprechen, aber sie hatte ein wenig Wahrheit verdient, „es hatte nichts mit dem Dunklen Lord zu tun. Es war meine Mutter.."
Hermine sah ihn geschockt an, „du hast deine Mutter sterben sehen?"
„Wir hatten uns furchtbar gestritten... sie hatte herausgefunden, dass ich mich dem Dunklen Lord angeschlossen hatte...", er legte eine lange Pause ein, fuhr dann leise fort, „Ich bin zu Lucius und Narzissa... sie hat mir nahe gelegt, nochmal mit meiner Mutter zu sprechen... also bin ich am Abend zurück nach Spinner's End. Sie war draußen im Garten, mein Vater war immer in irgendeiner Kneipe... sie hat mich angesehen, als wäre ich der Dunkle Lord persönlich. Es hat ihr das Herz gebrochen, das wurde mir in diesem Moment klar...", er schüttelte leicht den Kopf, „Sie appellierte an meine Moral, dass es noch nicht zu spät war, den richtigen Weg einzuschlagen, aber es war mir egal."
„Was ist dann passiert?", Hermine war so neugierig, auch wenn sie nicht wusste, ob sie das Ende wirklich wissen wollte.
„Sie ist plötzlich schwer krank geworden, niemand wusste so recht, was ihr fehlte.... Ich glaube sie hat einfach keinen Sinn mehr in ihrem Leben gesehen... irgendwann ist mein Vater dann ausgezogen, er hat sie alleine gelassen, wie ein elender Feigling. Eines Tages hatte mich unsere Posteule aufgesucht...sie wirkte aufgewühlt, biss mir in die Finger und schlug aufgeregt mit den Flügeln, ich bin nachhause appariert...", er brach ab, sah mit einem harten Blick in die Umgebung, „sie ist in meinen Armen gestorben.", Hermine glaubte eine kleine Träne in seinem Auge aufblitzen zu sehen.

Sie nahm einen tiefen Atemzug, rutschte nah an ihn heran, versuchte ihm irgendwie Trost zu spenden, den er in dieser Situation gerne annahm.
„Es tut mir so leid", Hermine war leise, sie schob ihren Arm um ihn, lehnte ihr Gesicht in seine Halsbeuge, spürte den erhöhten Pulsschlag, er wirkte sehr aufgebracht, was nach dieser Geschichte kein Wunder war, „du hättest es mir nicht erzählen müssen...."
„Ich weiß, aber ich wollte es.", gab er ebenso leise zurück, suchte ihren Blick, streichelte vorsichtig über ihre Wange, „Aber ich fürchte... jetzt habe ich Weihnachten endgültig versaut.", ein kleines mitleidiges Lachen drang aus seinem Mund.
„Ich hatte nie viel übrig für Weihnachten", gab Hermine zurück, schmunzelte, als er sie skeptisch ansah.
Er schnaubte leicht, lehnte seine Stirn an ihre, zog sie in seine Arme und dankte einer höheren Macht still und heimlich, dass diese erstaunliche junge Frau bei ihm war und eine weitere Horrorgeschichte seines Lebens so einfach hinnahm.

Der Mann auf dem Kutschersitz dirigierte die beiden Pferde den geschlängelten Weg durch den Wald, nach weiteren Minuten kamen sie auf eine weite freie Fläche, wie eine märchenhafte Winterlandschaft, hier und da stand ein eingeschneiter Nadelbaum, der gefallene Schnee glänzte und glitzerte in der langsam weiterziehenden Sonne, es hatte etwas magisches und sie war froh, dass sie diese Aussicht mit Severus genießen konnte.

Als sie nach einer großen Runde wieder am Ausgangspunkt ankamen, stiegen sie aus und verabschiedeten sich vom bärtigen Kutscher. Severus entlohnte ihn mit einer, für ihn, angemessenen Anzahl an Muggelgeldstücken, die der Kutscher Jarle nur zögerlich annahm.
Jarle, Djöfull und Baldur machten sich gemächlich wieder auf den Weg, verschwanden schnell hinter einer verschneiten Biegung, die Glöckchen ertönten noch eine ganze Weile, bis sie schließlich verstummten.
Severus nahm ihre Hand, seufzte, „du bist völlig durchgefroren... wir sollten wieder zurück. Der Schneefall wird auch immer stärker."
„Es gibt eine kleine Hütte, da können wir uns ein wenig aufwärmen... ich dachte wir können noch ein bisschen hier bleiben.", sah ihn dabei so bittend an, dass er gar nicht anders konnte, als zuzustimmen.
Er verdrehte ein wenig die Augen, lachte dann, „na gut..."

Hermine suchte ihren Weg, sie war schon eine lange Zeit nicht in dieser Hütte gewesen, aber ihre Erinnerung würde sie nicht im Stich lassen, dessen war sie sich sicher.
Hand in Hand liefen die beiden durch den stillen Wald mit dem seichten Trampelpfad, der Schnee, der immer schneller und dicker vom Himmel fiel, knatschte unter ihren Füßen, verfing sich in den Haaren der beiden.
Die Sonne verabschiedete sich langsam, warf durch die aufbrechende Wolkendecke warme Strahlen und ließ die Flocken glitzern.
Nach einem kurzen Fußmarsch fand Hermine schließlich die Hütte, verschnellerte den Gang und sah aufgeregt durch die speckigen Fenster.

Matrimonium - bis dass der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt