Kapitel 47: Verluste und Schuld

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Weinend und schluchzend brach sie zusammen, das konnte nicht passiert sein, sie konnte das nicht gesehen haben, oder?
Hatte er sie wirklich mit einer Prostituierten betrogen?
Hatte er sie geküsst und mit ihr geschlafen in ihrem Bett?
In dem Bett, in dem er auch mit Hermine geschlafen hatte?
So viele Male.
In dem sie das Kind in ihrem Bauch gezeugt hatten.

Ein weiterer tieftrauriger Schluchzer entfleuchte ihrer Kehle, nun, da die Erkenntnis immer weiter an die Oberfläche drang, dass der Vater ihres ungeborenen Kindes sie bereits nach nicht einmal einem Jahr betrogen hatte.

Wie könnte sie je eine glückliche Familie haben? Unabhängig von der Frage, ob sie überhaupt eine Familie wollte, aber wie sollte sie diesem Kind etwas Gutes bieten?
Wie konnte sie dieses Kind lieben mit dem Wissen, was sein Vater ihr angetan hatte?
Und wie konnte sie dieses Kind nicht lieben?
Wie konnte sie in diesem Moment irgendetwas lieben?

Sie hatte immer gedacht, dass Ron ihr das Herz gebrochen hatte, indem er das Versprechen, welches sie sich gegenseitig gegeben hatten, mit Füßen trat, aber Severus Betrug und die dadurch ausgelöste Schmach war so viel schlimmer, bohrte so viel tiefer.
Kraftlos lief sie nach oben, legte sich ins Bett, zog die Decke weit über sich und gab sich ihrer Melancholie hin.

Stunde um Stunde weinte sie, tränkte Kopfkissen, Bettdecke und Pullover, am Ende des Tages liefen gar keine Tränen mehr, da war einfach nur noch Schmerz, den sie aus sich herausschreien wollte.
Erschöpft und gerädert schlief sie ein, die kurze Nacht endete so, wie sie begann, mit beinahe unaushaltbarem Schmerz und einer Menge Tränen. Die Augen waren rot und geschwollen, jedes Blinzeln brannte und so ließ sie die Augen einfach geschlossen, verbrachte die nächsten 24 Stunden im Bett.
Sie verspürte weder Hunger noch Durst noch irgendeinen Wunsch sich zu waschen oder anzuziehen, sie lag einfach nur da, wollte weder sich noch die Welt sehen.
Sie hoffte irgendein Zauber würde sie vom Erdboden fegen, würde die Gefühle betäuben, die immer noch wie eine entzündete Wunde in ihrem Körper pochten.

Als sie sich am nächsten Tag dazu aufraffen konnte das Bett zu verlassen, fühlte sie sich beinahe noch schlimmer.
Anstatt einer tiefen Trauer, die sie dazu brachte in Tränen auszubrechen, war dort nichts als Leere.
Als hätte ein sich ein tiefes Loch in sie gefressen, welches jegliches Empfinden ausgelöscht hatte.
Hermine wusste nicht, wie spät es war, wie lange sie bereits in ihrem Elternhaus war, sie wusste nicht einmal, wie sie zur Couch gekommen war.
All das spielte keine Rolle, in diesen Momenten spielte nichts eine Rolle und so lag sie weitere Tage auf der Couch.

Minuten, Stunden oder Tage später wachte sie auf, stand wie in einer Art Trance auf und lief durch das Wohnzimmer, als sie einen stechenden Schmerz im Unterleib fühlte.
Die Taubheit und Unterdrückung des Schmerzes war vorbei und dieser körperliche Schmerz war so furchtbar, dass sie sich auf der Stelle die Betäubung wieder zurück wünschte.
Sie keuchte, fasste sich an den Bauch, krampfte noch mehr, schrie auf, als würde sich ein glühendes Messer in sie bohren.
Panisch sah sie nach unten, sah den erstarkenden Blutfleck zwischen ihren Beinen, der sich langsam an den inneren Oberschenkeln entlang zog.
Aus ihrem Gesicht wich jegliche Farbe, ihre Atmung verschnellerte sich, Adrenalin und Schmerz rauschten durch ihren Kopf und ihre Blutbahn, auch wenn sie in den letzten Tagen mechanisch vor sich hin vegetiert hatte, just in diesem Moment wusste sie, dass sie schnell Hilfe brauchte.
Sie musste ins St. Mungos, suchte beinahe wie im Fieberwahn nach ihrem Zauberstab, stolperte durch das Haus, warf Vasen um, riss Bilder von den Wänden, lag kurzzeitig auf den Stufen zur oberen Etage, bis sie ihre letzten Kraftreserven zusammenkratzte und als sie schlussendlich ihren Zauberstab gefunden hatte, in einem unfassbaren Akt der Selbsterhaltung ins St.Mungos apparierte. Sie blieb mitten auf dem Gang liegen, schrie die nichtsahnenden Medihexen mit einer Lautstärke zusammen, die Severus Konkurrenz gemacht hätte.
Dann ging alles ganz schnell, gefühlt Hunderte Hände und Zauber waberten um ihren Körper, brachten sie schnell in einen Behandlungsraum, danach wurde es dunkel um Hermine und ein tiefer, erholsamer Schlaf legte sich über sie.

Matrimonium - bis dass der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt