Kapitel 55: Tabula rasa

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Lieber Severus,
der vergangene Abend hat mir eine Menge bedeutet und ich bin froh und dankbar, dass wir offen über alles gesprochen haben, was damals passiert ist."

Schon nach dem ersten Satz schloss er die Augen, er hatte schon fast die Angst, dass es das war, als der Brief durch die, schon ihn bekannte, Eule gebracht wurde.
Dass es diese Aussprache gab und sie danach getrennte Wege gehen würde, was in den folgenden Zeilen jedoch vollkommen unbegründet war.
Im Gegenteil, sie bat ihn sogar um weitere Treffen.

Ich hoffe ich überschreite mit dieser Bitte keine Grenzen, aber ich würde mir wünschen, dass wir nochmal ganz von neu anfangen können.
Ich möchte nicht, dass wir uns wieder eine so lange Zeit nicht sehen oder uns aus dem Weg gehen und ich glaube, dass du das auch nicht möchtest.
Auch wenn wir als Ehepaar viele Fehler gemacht haben, vielleicht können wir sie als Freunde wieder gut machen."
Er seufzte kurz auf, las dann weiter, „Du wirst immer ein Teil meines Lebens bleiben, auch wenn ich wirklich lange versucht habe, diese Wahrheit zu verdrängen: wir werden immer zu einem großen Teil verbunden sein.
Auch wenn das alles jetzt sehr schnell geht und ich mir vorstellen kann, dass du deine Zeit brauchst, um alles wirklich zu verarbeiten, würde ich dich trotzdem gerne am kommenden Freitag sehen."

Das klang fast zu schön, um wahr zu sein, er las den gesamten Brief mindestens viermal, konnte immer noch nicht gänzlich glauben, dass sie es wirklich so meinte, aber es stand dort schwarz auf weiß, es war kein Hirngespinst, welches ihm durch den Kopf spukte und falsche Hoffnungen in die Seele pflanzte.
Er nahm sich ein Stück Pergament und eine Feder, schrieb seine Antwort auf die Frage, ob sie sich am kommenden Freitag wieder sehen würden, auf und schickte sie sogleich mit einer Eule nach London.
Grinsend ließ er sich auf die Couch fallen, legte sich mit ihrem Brief auf der Brust ins Polster, starrte an die Decke und malte sich aus, was sie am Freitag machen würden bei ihr.

*

Der Freitag kam mit großen Schritten auf Severus zu, die Unterrichts-Stunden verliefen ohne Probleme und zogen schnell an ihm vorbei und nach der letzten, kreisten seine Gedanken nur noch um das bevorstehende Treffen.
Mit einem anhaltenden Lächeln lief er durch die Gänge, verschreckte damit beinahe mehr Schüler als durch sein Geschrei, was für ihn an diesem Mittag kein Grund zur Freude war.
Er ließ das Mittagessen ausfallen, zu nervös war er, als dass er einen weitreichenden Appetit hatte, ging in seine Räume, nahm eine ausgiebige und gründliche Dusche und stand dann vor einem Problem, mit dem er sich eher selten auseinander setzte.
Was war der richtige Aufzug für so ein Treffen?
Zu elegant würde sie verschrecken; wenn er sich wie immer kleiden würde, würde sie vielleicht denken, dass es für ihn nicht wichtig war.
Kopfschüttelnd öffnete er seinen Schrank, begutachtete die wenigen Kleidungsstücke, die sich von seinen schwarzen Roben unterschieden.
In diesem Moment wünschte er, er hätte nur einen Bruchteil an Vielfalt wie Lucius, ihm fiel das dunkelgrüne Hemd auf, welches er von ihr bekommen hatte, es stand ihm wirklich sehr gut.
Er erinnerte sich daran, was sie gesagt hatte, dass ihm sehr viel mehr Farben stehen würde, traf dann einen Entschluss, der vor allem eine Person erstaunen würde, Madame Malkin.

Er ging zurück ins Wohnzimmer, nahm sich vom Schreibtisch ein Stück Papier und eine Feder und schrieb eine Nachricht, noch während des Schreibens rief er einen Hauself zu sich, der seinen Brief schnellstmöglich zu der Ladenbesitzerin bringen sollte, er müsste sich zwar einige Zeit gedulden, aber wenn er Glück hatte, würde sie ihm den Gefallen erweisen.
„Sir", der junge Hauself starrte auf den Boden vor ihm, er wagte es nicht den berühmten Professor auch nur anzusehen, schon gar nicht, wenn er nur mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet durch seine Wohnung lief.
„Wie ist dein Name?", fragte Severus als er die Zeilen noch einmal las.
„Lexi, Sir", krächzte der Hauself, wartete nervös auf seinen Auftrag.
„Lexi, würdest du mir einen Wunsch erfüllen?", er rollte den Brief zusammen, suchte ein paar Goldstücke zusammen, die er in einen Beutel verstaute.
„Lexi macht das, was Sir befielt."
„Kein Befehl.. eine Bitte. Ich brauche ein neues Hemd... würdest du für mich in die Winkelgasse apparieren, zu Madame Malkin gehen und ihr diesen Brief geben?", er ging vorsichtig zu ihm, gab ihm den Brief und den Beutel mit dem Geld, „Und wenn du das Hemd bekommst, dann möchte ich, dass du dir ebenfalls etwas aussuchst..."
„Sir, Lexi wird das Hemd besorgen! Aber es steht ihm nicht zu, Sirs hart verdientes Geld auszugeben und sich zu bereichern", stellte er klar.
„Dann sieh den zweiten Teil als einen Befehl an", Severus setzte ein ernstes Gesicht auf, er wusste, dass die Hauselfen sich nur schwer dagegen wehren konnten, auch wenn er nicht sein Herr war.
„Sir-"
„Beeil dich bitte", unterbrach Severus den aufkommenden Protest.

Matrimonium - bis dass der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt