Kapitel 125: Ein Geschenk des Meeres

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In den nächsten Tagen probierten sie im zwei-Nächte-Rhythmus die verschiedenen Kamasutrastellungen für Schwangere aus, was bei der einen oder anderen ein fast schon akrobatisches Geschick erforderte und neben lustvollem Stöhnen und Erotik vor allem auch einige Lacher erzeugte.
„Diese komische Tarantel kriegen wir einfach nicht hin", meinte er lachend, als sie es ein paar Tage später ein weiteres Mal versuchten, aber Hermine die Balance nicht fand, die dazu benötigt war, zumal fehlte ihr die Kraft, um sich in dieser Position länger als drei Minuten an ihn zu klammern.
Sie strich sich lachend und keuchend die Haare aus dem Gesicht, auch wenn keine wirkliche sexuelle Aktivität zustande kam, allein das Sitzen, oder viel mehr, der Versuch des Sitzens, in dieser Position belegte ihren Körper mit Schweiß.
Er schob sie vorsichtig von seinem Schoß, drehte sich mit ihr auf die Seite, so, dass ihr Rücken vor seiner Brust lag und hielt sie ganz fest und nah an sich.
„Nochmal den bestürzten Engel?", fragte sie lachend, rutschte weiter an ihn heran, spürte die pochende Erregung an ihrem Po.
„Vielleicht... verzichten wir in der letzten Woche einfach auf den traditionellen Sex... und kuscheln einfach nur...", schlug er leise vor, belegte ihren Hals mit Küssen, „schöne Gefühle kann man sich auch auf anderen Wegen bereiten...", schob eine Hand langsam über ihren Körper zwischen ihre Beine, was Hermine mit einem leisen Seufzen kommentierte, während sie ihre Finger um seinen Phallus legte.

In der Nacht wurde Hermine durch ein erneutes Strampeln geweckt, sie hatte von Poppy schon vor Wochen gehört, dass die Babys meist in der Nacht aktiv wurde, wenn alles still war und keine Bewegung sie in den Schlaf wiegte.
Hermine tastete verschlafen mit einem leicht schmerzverzerrtem Gesicht nach der Muschel in ihrer Nachttischschublade, hielt sie sich wieder an den Bauch und konnte förmlich spüren, wie er wieder ruhiger wurde.
Irgendetwas an diesem Wellengesang schien ihn zu verzaubern, ebenso wie Hermine damals.

Als nach weiteren 10 Minuten keine Regung mehr zu spüren war und sie glaubte, er wäre wieder eingeschlafen, hielt sie sich die Muschel selbst an das Ohr, schloss die Augen und wurde von Mairin auf eine kleine Reise mitgenommen.
Blaue Wellen und weiße Gischt, ein schwarzer, sternenklarer Himmel mit diesem unnatürlich hellen Mond, der die schlafende Natur mit dem milchigen mysteriösen Licht belegte, der spiegelklare See, aus dem Mairin tauchte und sie mit ihren glühenden blauen Augen verzauberte.
Immer wieder hörte sie das Rauschen des Meeres, die Versuchung, der selbst die Sirenen nicht widerstehen konnten, der Wunsch nach Freiheit. Immer wieder hörte sie diesen Gesang, die Stimme, die etwas ganz bestimmtes sagte.
Hermine versuchte sich darauf zu konzentrieren, was die Stimme sagte, erst war es nur diese Sprache, die vor Jahrtausenden mit dem Wind, der Sonne und den Wellen entstanden war, aber immer öfter konnte sie ein Wort ausmachen, einen Namen.

Sie riss die Augen wieder auf, drehte sich zu Severus, der tiefe ruhige Atemzüge nahm und von ihr unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde, „wach auf!", sie rüttelte an seinem Arm, hielt sich dabei immer wieder die Muschel an das Ohr.
Wieder einmal völlig verwirrt sah er zu ihr, „was ist los? Kommt das Baby?", war mittlerweile zu der Standardfrage geworden, die er jedes Mal stellte, wenn sie ihn so ruppig aus dem Schlaf riss.
„Nein! Hör doch!", sie hielt ihm die Muschel an das Ohr, nein, viel mehr presste sie das teilweise spitze Kalkschale in sein Knorpelfleisch und versuchte auf seinem Gesicht zu erkennen, ob er ebenfalls hörte, was sie hörte.
„Dorian? Wer ist das?", fragte er verwirrt, er war eindeutig zu müde und verschlafen für diese Art von Rätsel.
Ihre Augen flogen über sein Gesicht, „unser Sohn!"
„Was?"
„Sein Name... das ist sein Name... deswegen beruhigt ihn diese Muschel so, der Gesang, den man dadurch hört... die Sirenen singen für ihn.", ein verräterisches Glitzern legte sich in ihre Augen, „Dorian...", hielt sich wieder die Muschel ans Ohr und schloss die Augen.

Um den Schlaf gebracht setzte er sich auf, strich sich die verwuschelten Haare nach hinten, zog sich einen lockeren Pullover und die schwarze Pyjamahose über und verließ, ohne eine weiteres Wort zu sagen das Schlafzimmer und den Kerker.
Keine sechs Minuten später kam er wieder ins Schlafzimmer, in der Hand hielt er ein dickes Buch, welches er aufschlug, als er sich auf das Bett gesetzt hatte.
„Wonach suchst du?"
„Ich will wissen, was der Name bedeutet. Er muss eine Bedeutung haben...", sagte er mehr zu sich selbst als zu Hermine, die zu ihm krabbelte und ebenfalls ins Buch linste, „da... Dorian... ‚Dorian (von griechisch Dóros, zu Deutsch: Geschenk) bedeutet im übertragenen Sinn „Geschenk des Meeres" oder „Kind des Meeres"'... das erklärt zumindest, warum er so sehr auf den Gesang reagiert..."
„Geschenk des Meeres...", wiederholte Hermine, strich über die Buchseite, „das klingt schön."
„Dorian Snape...", nahm einen tiefen Atemzug und überlegte.
„Ich mag den Namen...", Hermine gab ihm ein Küsschen auf die Wange, streichelte durch seine Haare, schmiegte dann ihre Arme um seinen Körper und schloss schon wieder die Augen.
Er ließ das Buch auf einen Stuhl schweben, legte sich dann mit ihr zurück ins Bett, zog die Decke über sie und konnte sich gegen das aufkommende Schmunzeln nicht wehren, was aus seinem Gesicht erschien.
In wenigen Tagen würde sein Sohn das Licht der Welt erblicken und sein Name wäre Dorian Snape.

*

Es war der 9. September, Severus hatte den ganzen gestrigen Tag damit verbracht, sie auf Tritt und Schritt zu verfolgen, da er Angst hatte, das Kind würde einfach aus Hermines Bauch fallen und er wäre nicht dabei.
Sie hatte ihm beinahe 24 Stunden lang versucht zu erklären, dass eine Geburt in den seltensten Fällen so schnell ablief und sie vermutete, dass sie, eher im Gegenteil, Stunden in den Wehen verbringen würde.
Diese Information schien ihn allerdings nur wenig zu beruhigen, er ließ sich nicht davon abbringen ihr wie ein Schatten zu folgen und jede Regung ihres Gesichts zu deuten, meist falsch, was Hermine wiederum in den Wahnsinn trieb.
„Bitte! Lass mich jetzt alleine auf Toilette gehen!", bellte sie am Abend plötzlich, der Geduldsfaden war schon vor Stunden gerissen, aber dass sie sich jetzt am Abend nicht einmal mehr alleine für das Bett fertig machen konnte, weil er dabei sein wollte, das sprengte den Rahmen des Erträglichen.

Verhalten sah er zu ihr, zog den Mund zu einem Strich und nickte nur, setzte sich dann auf das Bett und zog sich schweigend um.
Seufzend flüchtete sie ins Bad, zog die Tür dabei ein wenig zu laut zu und starrte in den Spiegel, sei nicht sauer auf ihn... er ist so aufgeregt und freut sich so sehr... er will doch nur alles richtig machen, forderte die Kopfstimme mitfühlend.
Ein schlechtes Gewissen keimte in ihr auf, diese vermaledeite Stimme hatte natürlich recht, er wollte nur das Beste für sie, es war für ihn das erste Mal in dieser Lage zu sein, woher sollte er alles wissen?
Noch bevor sie sich irgendwie für das Bett fertig machte, verließ sie stürmisch das Bad, ging geradewegs zu ihm und setzte sich auf seinen Schoß, drückte sich nah an ihn, „es tut mir leid...", flüsterte sie an sein Ohr.
Severus legte seine Hände an ihren Rücken, streichelte über sie, drückte sie ebenfalls, „es tut mir leid, dass ich dich nerve. Ich will dir nur zur Seite stehen..."
„Ich weiß... du machst das auch ganz toll, wirklich... ich bin selbst einfach nur nervös und wenn du mich dann die ganze Zeit so beobachtest, dann macht mich das noch nervöser...", erklärte sie, suchte seinen Blick.
„Ich will es einfach nicht verpassen.", hörte sich dabei schon fast schuldig an.
„Du wirst von Anfang bis Ende dabei sein", versprach sie, gab ihm dann einen versöhnenden Kuss und sah ihn dann an, „ich mach mich jetzt schnell fertig und dann kuscheln wir, ja?"
Er nickte lächelnd, ließ sie dann ins Bad gehen, nahm einen tiefen Atemzug und zog sich weiter aus, legte sich dann ins Bett und wartete, bis Hermine wieder zu ihm stoßen würde, was einige Minuten später auch der Fall war.

„Wirst du den Bauch vermissen?", fragte er, als sie sich so nah wie möglich an ihn gekuschelt hatte und er über eben erwähnten Bauch strich.
Sie lachte, „garantiert nicht... ich freu mich darauf mich endlich wieder ohne Probleme bücken zu können, keine Fuß- und Rückenschmerzen mehr zu haben, wieder auf dem Bauch schlafen können... wieder in normale Jeans zu passen und nicht mehr nur diese Umstandsmode zu tragen und nach allem hab ich mir wirklich einen Wein verdient", meinte sie lachend, schmuste die Wange an seine Brust, „und weißt du, worauf ich mich am allermeisten freue?"
„Worauf?"
„Auf heißen, wilden und zügellosen Sex", gestand sie, konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.
„Mit wem?", fragte er erstaunt, wehrte dann lachend ihre Hand ab, als sie ihn für seine Worte wieder einmal bestrafen wollte, „Ich glaube, ohne diesen Bauch, probieren wir die Tarantel nochmal aus", schmunzelnd zog er eine Augenbraue nach oben.
„Mehr als einmal", bestätigte Hermine, schob ihren Arm weiter um seinen Bauch, drückte ihm kleine Küsse auf die Brust und schloss entspannt die Augen.

Matrimonium - bis dass der Tod uns scheidetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt