Lazar:
Seit genau zwei Wochen konnte ich nicht richtig schlafen. Immer wieder hallten Nada's Worte in meinem Kopf. Ihr Weinen, ihre gebrochene Stimme...das nahm mich mit, sehr sogar. Sie sollte nicht in Schuld leben. Nicht sie sollte die Mörderin sein, das war ungerecht. Aber was war schon gerecht? Gab es Gerechtigkeit überhaupt? Seit sie mir von ihrer Tat erzählt hatte fragte ich mich das. War das Gerechtigkeit? Musste eine so liebe, junge Frau so viel im Leben durchmachen, damit ich meine Gerechtigkeit erhalte? War das Gottes Plan gewesen? Wollte Er es so? War das die Vergeltung für Nina's Tod, sollte Nada so Rache ausüben? Interpretierte ich mal wieder zu viel in ihre Tat hinein oder wollte Gott diese Tat nicht verhindern?
"Langsam aber sicher fängst du an zu spinnen Lazar" murmelte ich zu mir selbst in die Dunkelheit. Wieder mal war ich in Nina's Zimmer auf der Couch und ging mir gehörig auf die Nerven. Vielleicht hätte ich einen Psychiater aufsuchen sollen aber was sollte ich ihm denn schon sagen? Wer zum Teufel glaubt denn so eine Geschichte? Und wenn er mir glauben würde, was dann? Gefängnis für uns alle? Nein, das ging nicht. Zu viele Leben hingen von uns allen ab, zu viele unschuldige Kinder waren in diese Horrorstory geboren worden. Sie alle brauchten uns und bald würde mein Kind, Nina's und mein Kind, auf die Welt kommen. Nein, ein Psychiater war keine gute Lösung. Der Knast auch nicht und würde ich dem Psychiater sagen, dass ich mit meiner toten Liebe kommuniziere...tja, die Zwangsjacke und die Klapsmühle wären mir dann auf Ewig sicher. Verdammt, bildete ich mir das alles ein? Waren wir alle an unsere psychischen Grenzen wegen Nina's Tod gestossen? War ich verrückt, weil ich sie hörte und sah?
Nein du bist nicht verrückt. Jedenfalls glaube ich das mein Schöner. Aber so ganz richtig sind wir doch alle nicht im Kopf...
Das brachte mich tatsächlich zum Schmunzeln. Irgendwie hatte sie ja recht.
"Du hast dich rar gemacht jagodo moja, wieso? Du hast seit fast zwei Wochen nicht mehr mit mir gesprochen, ich war schon fast beleidigt" flüsterte ich in die Dunkelheit und hörte ihr leises Lachen. Wie liebte ich dieses Lachen, es war die schönste Nahrung für meine Seele.
Ach ja? Die schönste Nahrung also? Das freut mich aber. Nun zu deinen Fragen Lazare: nein, du bist nicht verrückt. Ob du es irgendwann mal wirst, kann ich dir nicht sagen aber wer will das schon wissen? Was Nada getan hat, war ihre Entscheidung und das plante sie schon lange. Sie wollte meine Erlaubnis, sie wollte Gottes Erlaubnis und sie hofft auf Vergebung. Ob das Gerechtigkeit ist kann ich nicht beurteilen aber es hat Vielen von euch Frieden gebracht. Nein Lazo, ich bin Sergej hier nicht begegnet und möchte es auch nicht. Ich weiss nicht wo er ist, ich weiss nicht ob er Frieden gefunden hat aber ich weiss, dass Nada aus einem bestimmten Grund in unsere Leben aufgetaucht ist. Nicht nur um Bogdan's Leben lebenswert zu machen, es ist mehr. Keiner entgeht seinem Schicksal mein Pitbull, nicht mal Sergej konnte das. Sein Schicksal war es an diesem Tag, vor zwei Wochen, zu sterben. Wir alle haben unser Schicksal, wir alle haben unsere Bestimmung und irgendwann begreifen wir auch, wieso das alles geschehen musste.
Geschehen musste? Bestimmung?
"Was war deine Bestimmung mein Herz? Wieso musstest du sterben, wieso wurdest ausgerechnet du aus meinem Leben gerissen? Wieso?" Diese Fragen quälten mich lange und jetzt hatte ich den Mut sie ihr zu stellen.
Mein Schicksal war es Stefan und Nikola eine Mutter zu sein, deine Kinder lieben zu dürfen und du, mein Held, warst mein Schicksal. Leider habe ich das nicht sofort gesehen und der Tod war eine Erlösung. Hätte ich nur den Mund aufgemacht, mehr in deinem Verhalten gesehen, dann wäre es vielleicht anders gekommen. Allerdings hatte ich einfach nur Angst und schämte mich. Ich schämte mich für meine Liebe zu dir, schämte mich konnte ich Sergej nicht so lieben wie er es wollte und ich hatte die grösste Angst davor, dir meine Liebe zu gestehen. Das war mein Fehler Lazo, nur meiner. Ich hätte es dir sagen sollen, ich hätte den Mut dazu aufbringen müssen aber ich habe gekniffen und gehofft, du würdest es vielleicht merken. Dann habe ich die DVD gemacht und dachte du wüsstest es...tja, falsch gedacht! Nur ich allein bin für mein Leben verantwortlich gewesen Lazo, niemand sonst. Ich habe zu kompliziert gedacht, ich wollte dass du ein schönes Leben hast und habe gleichzeitig zu wenig gesehen. Das tut mir sehr leid, bitte vergib mir aber genau das war meine Bestimmung. Du Lazo, die Liebe zu dir, das war meine Bestimmung und dafür bin ich dankbar.
"Du bist dankbar für so wenig? Hätte ich mein Maul aufgemacht, dich direkt gefragt und dir meine Gefühle gestanden, dann wärst du nicht tot Nina. Du wärst am Leben, du wärst an meiner Seite."
Das denkst du? Vielleicht Lazo, vielleicht. Aber das kann ich dir nicht mit Gewissheit sagen. Deine Bestimmung ist es ein grossartiger Vater und auch Grossvater zu sein. Dein Schicksal ist es Liebe, Verständnis und Güte zu zeigen. Das weiss ich Lazo, das darf ich dir sagen. Das hast du all die Jahre auch für mich getan und es hat mir das Leben erleichtert, verstehst du? Es ist doch egal was Sergej getan hat, es ist egal was alles geschehen ist, denn durch dich liebte ich es am Leben zu sein. Du warst mein Schutzengel, du warst mein Leben Lazo. Wer kann denn das schon behaupten? Welcher Mensch auf Erden hat die Gewissheit, dass sein Engel ihm ein Leben ermöglicht hat und ihn so sehr geliebt hat? Ich weiss das jetzt schon lange und es erfüllt mich mit grösster Freude. Das was geschehen ist, musste geschehen. Niemand hätte das verhindern können und niemand hätte Nada von ihrer Tat abhalten können. Gott hat uns den freien Willen gelassen und sie hatte sich schon lange entschieden, die ganze Wahrheit von Sergej persönlich zu hören. Ob sie ihn töten würde, das stand noch nicht im Beton gemeisselt, das musst du mir glauben. Erst als sie alles von ihm hörte entschied sie sich und es fiel ihr unglaublich schwer. Ihre Tat schmerzt ihre Seele aber nicht sein Tod, das ist ein Unterschied. Sie wollte auch nur Bogdan's und deine Vergebung, nicht die Gottes. Das macht sie auch so besonders, ihre Denkensweise ist faszinierend aber auch ziemlich wirr. Sie denkt auch, sie hätte keinen Platz in der Ewigkeit aber das stimmt nicht und das werde ich ihr sagen müssen. Ich halte ihre schlechte Laune langsam aber sicher nicht mehr aus. Ich wollte ja Bogdan noch Zeit lassen, er gibt sich solch eine Mühe, aber Nada sieht nur noch die Mörderin in sich und das nervt mich, sehr sogar!
"Das nervt dich? Sollten Geister nicht ausgeglichen sein Jagodo moja?" neckte ich sie und hörte ein Glucksen, dann sah ich sie endlich.
Vielleicht normale Geister, dazu gehöre ich anscheinend nicht. Ich habe meine Aufgabe hier und sie macht es mir gerade sehr schwer, das nervt mich. Einer Toten sollte man das Totsein nicht auch noch erschweren, findest du nicht? Ach egal. Jedenfalls kann ich nicht mehr friedlich unsere Kinder beobachten, ich kann mich nicht mehr an deinem nackten Anblick erfreuen und auch die Vorfreude auf die Hochzeit verdirbt sie mir so. Ich werde das Morgen regeln müssen, denn Bogdan ist am Ende seiner Weisheit und du fühlst dich schuldig. Das geht so nicht weiter!
Es war schon lustig, sogar genervt hatte sie nichts Böses an sich. Sie sah aus wie eine Katze im Regen dachte ich lachend.
"Meinen nackten Anblick geniessen? Dann spannerst du also? Das ist nicht schön mein Herz, das tut man nicht."
Ach ja und wer will mir das verbieten? Es gibt kein Gesetz, welches Geistern das Spannern verbietet. Ich habe zu lange in meiner Erinnerung an dich gelebt und jetzt geniesse ich als Geist meine Vorteile, daran ist doch nichts verwerflich? Ausserdem bin ich irgendwie mit dir verheiratet, wir tragen ja die Ringe und ich habe schon lange die kirchliche Heirat mit Sergej rückgängig gemacht. Schon lustig, das hat er nie erfahren. Naja, jetzt weiss er es wahrscheinlich.
Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf, zuckte die Schultern und legte sich endlich auf mich. All die trüben Gedanken verschwanden als ich sie so spürte.
Moment!
"Du hast was?" fragte ich ungläubig. Ging denn das überhaupt?
Oh ja das geht. Ich habe vor etwa 5 Jahren dem obersten Patriarch einen sehr langen Brief geschrieben. Ich habe ihm alles, wirklich alles, bis in Detail aufgeschrieben. Ich habe die Fotos meiner Verletzungen, die Taten von Sergej, naja einfach alles gebeichtet. Dann bekam ich einen Brief von ihm, die Ehe wurde in der Kirche annulliert. Das sei keine Ehe wie sie sein sollte hatte er geschrieben und ich sollte dir alles sagen. Natürlich traute ich mich nicht aber ich habe die DVD gemacht. Dann habe ich die Ringe anfertigen lassen und gehofft...ach was solls. Lazo du musst schlafen, richtig schlafen! Unser Sohn wird bald auf die Welt kommen, du wirst eine Weile Nada's Psychiater sein müssen, Nikola wird dich auch bald überraschen und Stefan und Nela auch. Du wirst deine Kräfte und vor allem Nerven brauchen, also schlaf endlich. Morgen ist ein neuer Tag und du darfst dich nicht mehr mit diesen blöden Gedanken strafen, das verdirbt auch mir die Laune!
Meine Fresse was man so alles erfährt! Schlafen? Ich wollte nicht schlafen, ich wollte sie einfach nur so halten.
Na das kannst du doch, niemand verbietet es dir. Allerdings kannst du das auch in deinem Bett tun, denn diese Couch ist nicht bequem für dich. Trag mich also in dein Bett und schlaf endlich!
Gerade jetzt bemerkte ich, was für ein Idiot ich doch war. Ich konnte sie überall und an jedem Ort bei mir haben, dazu brauchte es dieses Zimmer nicht. Also tat ich genau das, ich hielt sie fest, spazierte in mein Zimmer und legte mich mit ihr hin.
"Wirst du noch lange bei mir bleiben?" platze es unweigerlich aus mir heraus. Mir machte der Gedanke angst, dass sie eines Tages einfach nicht mehr da sein würde.
Sobald meine Aufgabe erfüllt ist, werde ich gehen. Ich werde es dich wissen lassen Lazare und du wirst dann stark sein müssen aber jetzt, küss mich doch endlich! Ich warte so lange darauf und es macht aus dir keinen Verrückten, vetrau mir. Ich bin da, du kannst mich spüren und ich dich. Das ist ein Geschenk und du verschwendest es aus Angst, dass es nicht richtig ist. Wäre es nicht richtig, könnten wir uns nicht unterhalten, wir könnten uns nicht spüren und ich wäre nicht hier. Oder willst du das nicht?
Nicht wollen? Meine Güte, sie stellte wirklich komische Fragen.
"Oh doch, ich will. Nur dachte ich das geht nicht. Vielleicht sollte ich mit dem Denken aufhören" murmelte ich und spürte ihren Atem, roch ihren Duft und war im Himmel.
Das solltest du, das tut dir nicht gut. Ich bin besser im Denken sagte sie entschieden und küsste mich. Herr in Himmel ich spürte sie wirklich, spürte ihre Lippen, spürte ihre Finger in meinen Haaren und ich umarmte sie noch fester. Vielleicht war ich wirklich verrückt, aber das war es wert. Ich konnte sie schmecken, sie küssen und das würde ich auch tun. Ich würde die ganze verlorene Zeit mit ihr aufholen und es war mir egal, ob ich mir das hier einbildete. Es fühlte sich so echt, so schön an, dass mir alles andere egal war. Ausserdem hatte sie mal wieder recht, wir waren alle nicht ganz richtig im Kopf.

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Hope Hoffnung Nada
RomansaKurze Info: vielleicht solltet ihr zuerst das andere Buch lesen. Es heisst: My Destiny In diesem Buch werden die Hauptcharaktere aus My Destiny, öfter vorkommen und Nina's Geschichte wird sich hier klären. !!!Achtung!!! In dieser Geschichte kommt de...