Kapitel 40

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Als Sergej sich langsam rührte, kam auch Lazar ins Schafzimmer.
Er stellte eine Tasche auf den Boden und sah uns alle ausdrucklos an.
Er war komplett in Schwarz gekleidet und ich hegte den Verdacht, dass er sein ganzes Leben so herumlaufen würde.
Lazar würde ewig trauern, das war mir klar.
Sergej setzte sich langsam auf und schüttelte hektisch seinen Kopf.
Er rieb sich über die Augen und sah uns dann, der Reihe nach, an.
Ich setzte mich absichtlich an den Bettrand und blickte ihm direkt in die Augen.
"Das war kein Alptraum" sagte er als Erstes.
"Meine Nina ist tot, nicht wahr?" fragte er mich.
"Ja" flüsterte ich traurig.
Er starrte mich einfach nur an und die Tränen strömten über sein Gesicht.
Er tat mir so leid, er war endlich klar im Kopf und der Schmerz musste ihn zerreissen.
Ich umarmte ihn ganz fest und spürte erleichtert, wie er die Umarmung erwiderte.
"Du hast mich betäubt" sagte er zu Bogdan, als er sich von mir löste.
Bogdan nickte einfach.
"Das war nötig, du hast fast schon Maden angesetzt. Die Schweinerei habe ich beseitigt, den Raum ausgebrannt" erklärte er ungerührt "ich werde dich wieder betäuben Sergej, wenn du dich nicht zusammen reisst."
Sergej seufzte nur und wischte sich die Tränen weg.
"Ich ziehe mich an, danach jage ich das verdammte Haus in die Luft" knurrte er.
Lazar seufzte nur und nahm saubere Kleidung für Sergej.
"Zieh dich an und nimm die Schmuckschatulle mit. Sie wollte das so" wies er Sergej an.
Ich ging raus, eilte zu meiner Tasche und wartete auf Bogdan.
Gefolgt von Lazar kam er nach 10 Minuten runter.
"Wieso hat er den Dobermann getötet?"
Ich wusste nicht, wieso ich das fragte.
Lazar rieb sich über das Gesicht und räusperte sich kurz.
"Der Hund hat Nina angesprungen um sie zu begrüssen. Sie drehte sich um und fing sich so die Kugel ein, die eigentlich für Sergej bestimmt war."
Er krallte seine Finger in seine Stirn und sah aus, als wollte er sich am liebsten die Haut abreissen.
Er wirkte, als würde er innerlich verbrennen.
"Lazar, letztes Jahr in Griechenland, sagte sie sie wolle dort begraben werden aber" fing ich an aber er unterbrach mich.
"Das weiss ich. Ich erinnere mich gut daran. Die Behörden dort machten Schwierigkeiten aber auch das haben wir gelöst. Dann hat Sergej sich den Schützen vorgenommen" erklärte ruhig.
"Wird er wirklich das Haus in die Luft jagen?" fragte ich unnötig.
"Das wird er" sagte Bogdan "und es ist gar nicht mal so eine schlechte Idee. Sie wurde vor der Haustür erschossen, wer will hier schon leben?"
Das stimmte auch wieder, dachte ich traurig.
"Ich bestimmt nicht. Nach der Beerdigung und den sieben Tagen, die die Tradition verlangt, fliegen wir zu Dejan. Sergej will keinen der Club's, sie stehen zum Verkauf und die Mietshäuser gehören den Jungs."
Lazar starrte irgendwo in die Ferne und erzählte das mit ausdrucksloser Stimme.
"Die Jungs sind auf den Weg nach Griechenland, sie werden Morgen dort sein" ergänzte er noch.
"Und Nina?" flüsterte ich.
Er blinzelte und atmete zittrig aus.
"Sie wird gekühlt im Leichenschauhaus. Ich habe sie angezogen und sie" er wandte sich ab und schluchzte.
Als er sich beruhigt hatte, drehte er sich wieder zu uns.
"Sie sieht sehr schön aus. Den Sarg habe ich auch besorgt, es ist alles geregelt" sagte er nur.
Wie schwer musste ihm das gefallen sein? Wie sehr musste das weh getan haben?
Den leblosen Körper, des Menschen den man so lange geliebt hat, einzukleiden und schön herzurichten, für die Beerdigung?
Unter Tränen sah ich meinen Bogdan an und er schluckte hart. Er zog mich in seine Arme und ich hörte, wie schnell sein Herz schlug. Die Vorstellung, ich wäre tot, brachte ihn fast um den Verstand, das wusste ich.
Ich konnte mir diesen Schmerz nicht vorstellen, diese Seelenqual.
"Lazar ich muss dir etwas sagen" flüsterte ich "für jetzt ist es in Ordnung wo sie beerdigt wird. Nur für jetzt!" sagte ich eindringlich.
Weiter kam ich nicht, denn Sergej kam die Treppe runter.
Lazar sah mich kurz verwirrt an, aber er schwieg.
"Ihr solltet raus gehen. Wir haben hier ein Leck in unserer Gasleitung und leider wird uns gleich alles um die Ohren fliegen" knurrte Sergej.
Kopfschüttelnd sah ich mir noch einmal den Raum an und folgte Bogdan nach draussen.
Als wir etwa zwei Blocks entfernt waren, hörten wir eine laute Explosion.
Ich sah nach Hinten und sah nur Flammen und Rauch.
"Die Feuerwehr wird bald kommen, ein Leck feststellen, aber wir sind dann schon in der Luft. Danach werden sie mit mir Kontakt aufnehmen, ich werde den ganzen Scheiss unterschreiben und dann auf der Insel auf meinen Tod warten" sagte Sergej gleichgültig.
Ihm war anscheinend alles egal.
Ich würde dringend mit Lazar reden müssen!





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