Kapitel 5

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Bogdan:
"Weisst du Chef, du könnest doch ganz einfach herausfinden was mit ihr los ist"
Harry ging mir seit einem Monat auf die Nerven. Nein, seit mehr als einem Monat.
Er kaute diesen widerlichen Kautabak und sah mir zu, wie ich den letzten Schliff an mein Haus legte.
Es war gut geworden, sehr gut!
Die Arbeit tat mir gut und hielt mich auf Trab.
Mit all dem beschissenen Geld müsste ich zwar nie mehr arbeiten aber sobald ich zu viel Kraft hatte, verlor ich die Beherrschung.
Das durfte nicht passieren, das war in einem anderen Leben gewesen und durfte nie wieder geschehen.
"Harry hast du nichts zu tun? Wofür bezahle ich dich zum Teufel?" blaffte ich ihn an und erntete nur ein blödes Grinsen dafür.
Wie konnte er nur diesen Dreck kauen und dabei grinsen?
An diesen Kautabak würde ich mich nie gewöhnen!
"Ach Chef komm schon. Such dir einen Privatdetektiv und finde heraus, was mit der Kleinen passiert ist."
Detektiv?
Harry wusste nichts über meine...speziellen Fähigkeiten.
Dafür bräuchte ich keinen verdammten Privatdetektiv aber ich wollte es nicht tun.
"Nein Harry. Wenn sie es irgendwann erzählen will, dann werde ich es erfahren. Ich werde ihr Vertrauen nicht missbrauchen" stellte ich klar und sah ihn dann an "wieso kümmert dich das so? Du nervst mich jetzt seit sechs Wochen mit ihr."
Nerven war nicht das richtige Wort, er quälte mich und genoss es!
Und dafür bezahlte ich ihn.
"Ich bin bald 62 Jahre alt Chef und sehe sehr viel. Ich sehe wie du sie anstarrst wenn sie bei Luna ist, ich sehe wie du dich um sie kümmerst und ich sehe wie sie dich anlächelt" zählte er sachlich auf "du mein lieber Chef bist, naja, verliebt ist nicht das richtige Wort. Ein normaler Mensch sieht eine Frau nicht so an, auch wenn er verliebt ist. Ich denke du bist krankhaft verliebt oder besessen von ihr. Du siehst immer so aus, als wolltest du sie verspeisen" sagte Harry und grinste mich wieder so dumm an.
Verspeisen?
Wenn er wüsste was in meinen dreckigen Gedanken...
Er hatte nicht ganz unrecht aber ich würde sie nie anfassen.
Nicht auf diese Art!
Ich war zu alt für sie und sie ist...einfach nur wunderbar.
Ja, sie sah sehr schön aus aber das war unwichtig.
Wie sie lächelte wenn sie bei Luna im Stall sass, wie sie ein Buch hielt und dabei so leicht an ihrer Zigarette zog, wie sie sich bewegte wenn sie glaubte, dass niemand sie sah.
Ihr war etwas Furchtbares passiert und sie trug immer langärmelige, weite Oberteile mit Rollkragen.
Auch bei dieser Wärme gerade und ihre Finger waren immer eiskalt.
Und doch...
Wenn ich in diese traurigen, schönen, grossen Augen sah, dann war ich verloren.
Dieses schöne, leuchtende, sehr helle Grün und diese vollen, rosigen Lippen wenn sie lächelte...
Nur der Gedanke ein anderer könnte sie anfassen, brachte mich fast um den Verstand!
Ich bekam böse Mordgedanken bei diesen Bildern und nur ihre Anwesenheit beruhigte mich.
Sie bemerkte nicht wie die Männer in der Stadt sie ansahen.
Sie war sich dessen nicht bewusst.
Es lag nicht an ihrem Äusserem, dass sie sie angafften.
Es lag an dieser Aura von Unschuld und Naivität, die sie umgab.
So etwas zog viele Männer an.
Es zog auch das Böse an und brachte es auf sehr dumme Gedanken!
Nächtelang hatte ich sie beim Schlafen beobachtet, ihre langen Haare, in der Farbe des Weizens, durch meine Finger gleiten lassen.
Sie hatte grosse Locken wie ein Engel und sie war sich ihrer Schönheit nicht bewusst.
Gestern hatte sie mir erzählt, dass sie sich zu fett und hässlich fand.
Mich hatte fast der Schlag getroffen bei ihren Worten!
Wie konnte sie nur so von sich denken?
Sie sah aus wie...Scheisse!
"Harry lass das und geh jemand anderen nerven. Ich bin zu alt für sie und Schluss!" bellte ich ihn an und betrachtete dann meine Arbeit.
Ja, es war fertig und es sah gut aus.
Bald wäre alles perfekt.
"Schluss ja? Und deshalb streichst du hier wie ein Verrückter, machst alles so schön? Chef, ich dachte du wärst schlauer" sagte er spöttisch.
Harry ging pfeiffend davon und ich wollte ihm den Hals umdrehen.
Irgendwie hatte der alte Mann aber ja recht und ich musste mit meinem Engel reden.
So ging das nicht weiter, ich musste einfach irgendetwas wissen.
Heute waren wir beim Doc eingeladen und Morgen wollte er dann seiner Frau die sanfte Schimmel Stute zeigen.
Heute musste ich irgendetwas von ihr erfahren oder ich würde durchdrehen!
Wenn sie neben mir schlief, hatte sie keine Alpträume und sie sah sehr erholt aus.
Das erfüllte mich mit Stolz und ich liebte es sie an mir zu spüren.
Als sie dachte sie hätte es im Griff, wollte sie ein Wochenende alleine schlafen aber das ging gehörig in die Hose!
Gegen 02.00 Uhr Morgens bekam ich ein beschissenes Gefühl und fuhr zu ihr.
Ich fand sie auf dem Badezimmerboden, weinend und zitternd.
Sie hatte sich an mich geklammert und wurde von Krämpfen geschüttelt.
Lange wusste ich nicht was Angst war aber sie so zu sehen, jagte mir höllische Angst ein!
Wie hatte sie das Jahrelang nur ausgehalten, jede Nacht?
Als sie mich zum ersten Mal in der Praxis berührt hatte, hatte sich das wie ein verdammter Stromschlag angefühlt und mein entstellter Körper war ihr egal.
Als sie mich angeschrien hatte, erwähnte sie ich sei schön.
Was fand sie nur an einem Psycho wie mir schön?

Hope Hoffnung NadaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt