Hope Hoffnung Nada

Kapitel 51

Was so ein Urlaub und ein Gespräch mit einem Geist doch ausmachten, war erstaunlich.
Mein Bogdan sprühte vor Lebensfreude, lachte und war abartig glücklich.
Fast schon gruselig, wenn ich ehrlich sein soll.
Die Kinder hatten den Urlaub genossen, ich konnte endlich schlafen und könnte ich noch Kinder kriegen, dann wäre ich jetzt mit Fünflingen schwanger.
Wie gesagt, mein Mann sprühte vor Lebensfreude und sein Penis auch.
Sollte Nina mich noch einmal im Traum besuchen, musste ich ihr unbedingt danken.
Nicht für den vor Lebensfreude sprühenden Penis, aber dass sie Bogdan seine Schuldgefühle genommen hat.
Erstaunlich, das war das alles.
Einfach nur erstaunlich und schön.
Sogar im Tod wollte sie, dass es allen gut geht.
Bald wäre Silvester, bald mein Geburtstag im März, bald sind Bogdan und ich neun Jahre zusammen.
Das schönste Geschenk ist die Zeit...
Damit hatte sie recht, es war das Schönste.
Zeit war kostbar und sollte genutzt werden, nicht an Lapalien und Blödsinn verschwendet werden.
Sie hatte recht, mit Allem.
Mein Buch hatte ich beendet aber ich würde es Lazar noch nicht geben.
Ich brauchte Gewissheit und die würde bald kommen, das hatte ich mir vorgenommen.
Lange hatte ich überlegt, lange mir Gedanken über das Leben der Zwei gemacht und ich hatte eine Entscheidung getroffen.
Zwar würde das Einige nicht freuen aber das war mir egal.
Ich hatte noch ein paar Monate Zeit und falls meine Entscheidung falsch war, würde Sie irgendwie verhindert werden.
Bis dahin, machte ich meine Pläne.
"Sag mal Nikola, wo ist dein Vater? Ich dachte ihr kommt alle zum Mittagessen."
Nikola ging es besser aber die Trauer sah man ihm einfach an und das war gut.
Er musste trauern, er brauchte Zeit.
"Spermaspende und danach folgt die Befruchtung" sagte er kauend und mein Bogdan verschluckte sich am Gulasch.
"WAS?" rief mein Mann aus und sein Gesichtsausdruck brachte mich zum Lachen.
Danijela und Stefan grinsten wie blöd und die Kleinen...
Die interessierte das zum Glück nicht.
"Was, was? Was ist denn daran nicht verständlich?" fragte Nikola irritiert.
Ich liebte diesen Jungen so sehr!
"Nikola, nicht jeder hier ist ein verdammtes Genie und dein Vater verrät nie etwas. Wen befruchtet er und weshalb?" fragte Bogdan geduldig.
"Ach das wisst ihr ja gar nicht. Tut mir leid" sagte Nikola seufzend.
"Mama hat sich damals in Belgrad Eizellen entnehmen lassen zur Untersuchung und sie vorsichtshalber einfrieren lassen. Sie wurden dann in einer Klinik hier in New York aufbewahrt. Unser Pitbull hat das vor einigen Wochen von mir erfahren, hat eine Leihmutter bekommen und jetzt wird sein Sperma mit den Eizellen gemixt. So wie ich ihn kenne, wird er bald Vater werden. Aber dieses Kind wird von Mama und ihm sein, also Genetisch betrachtet."
Mein Bogdan sah aus wie ein Karpfen der nach Luft schnappte und ich brach in lautes Gelächter aus.
"Ich glaube, ich bekomme gerade einen Hirnschlag" murmelte Bogdan und blinzelte heftig.
"Wieso denn? Das ist doch schön. So hat er einen Teil von ihr, ein gemeinsames Kind. Was soll denn daran falsch sein?" fragte Stefan gelassen.
"Noch mehr Kinder, ich fasse es nicht. Dann hat er mit euch allen, und dem noch nicht Gemixten, acht Kinder" sagte Bogdan düster und schüttelte den Kopf.
"Und Grossvater wird er hoffentlich auch mal werden. Was hast du denn? Vielleicht will er ja noch mehr Kinder, genügend Eizellen sind Allemal da" meinte Nikola nur.
Bogdan sah Nikola kopfschüttelnd an und zuckte dann mit den Schultern.
"Nichts. Ich habe nichts. Mit euch wird es wahrlich nicht langweilig, das kann ich euch sagen! Sag mal Danijela, wo werdet ihr eigentlich wohnen?" fragte er dann seufzend.
"Na in unserem Haus, wo denn sonst? Es hat  12 Schlafzimmer, das reicht doch. Irgendwann werden wir mit Nikola ein Haus bauen, so ähnlich wie das in Hamburg, nur ohne Folterraum" sagte sie ernst und Stefan lachte laut auf.
Was diese Kinder alles so witzig fanden...
"Du stellst echt komische Fragen Onkel Bogi. Wir können nicht ohne einander funktionieren, so sind wir. Ohne all meine Geschwister fühle ich mich nicht komplett, uns geht es allen so. Und unser Vater...wir wollen nicht ohne ihn sein, so einfach ist das" stellte Nikola klar "und wenn das neue Baby da ist, dann können Nela und Stef gleich üben. Also nicht die Produktion, sondern den Umgang mit einem Neugeborenen."
Ich kriegte mich vor Lachen gar nicht mehr ein und wurde von Bogdan komisch angesehen.
"Hat er das jetzt verstanden oder brauchen wir einen Dolmetscher Stef?"
Stefan grinste und schüttelte den Kopf.
"Nein, er hat es verstanden nur gehen wir ihm wohl auf die Nerven. Vielleicht ist das auch zu viel Familie für ihn? Wer weiss das schon. Er hat doch genug Land, wir können hier locker 10 Häuser bauen und es würde nicht auffallen" sagte Stefan und grinste den blinzelnden Bogdan an.
"Wir sind wie ein Virus Onkel Bogi. Wir siedeln uns an und vermehren uns" fügte Danijela lachend hinzu und ich dumme Pute, lachte Tränen.
Bogdan sah ihnen lange ins Gesicht und dann blickte er mich ernst an.
"Die werden wir nie wieder los. Nie, ist dir das bewusst?" fragte er düster und ich nickte glucksend.
"Tu doch nicht so als würde es dich stören. Du liebst uns alle und hast endlich eine grosse Familie. Keine Angst, wir können auch anklopfen wenn es sein muss. Wir wollen ja eure Privatsphäre nicht stören" sagte Nikola ungerührt und löffelte einfach weiter.
"Ausserdem solltest du mit uns trainieren Onkel Bogi, das täte dir gut. Du wirst auch nicht jünger" provozierte Stefan ihn und Bogdan knallte den Kopf auf den Tisch.
"Das überlebe ich nicht Nado" murmelte er weinerlich.
"Das wird schon Onkel Bogi. Und der kleine Lazar sollte auch mit dem Trainig anfangen, er ist ganz schön gross für sein Alter und er hat zwei Schwestern. Er muss die Idioten vertreiben können. Willst du auch mit uns trainieren Kleiner? Sollen Stefan und ich dir zeigen, wie du ein toller Kämpfer wirst?"
Unser Lazar runzelte die Stirn und zuckte dann mit den Schultern.
"Wieso nicht? Gibt Schlimmeres" sagte unser Sohn gleichgültig "aber meine Schwestern sollten das auch lernen, dann können sie alle verprügeln, die sie nerven. Sie sind zu Zweit, das wird sonst sehr anstrengend für mich."
Seine Logik funktionierte, dachte ich lachend.
"Du bist einer von der bequemen Sorte Kleiner, nicht war?" fragte Stefan lachend.
"Ich mag es gerne bequem, das stimmt. Deshalb kuschle ich auch sehr gerne mit meiner Mama, sie ist sehr bequem und kuschelig" sagte er ernst und ich schmolz dahin.
Mein süsser Junge!
"Na das kann ich verstehen" flüsterte Bogdan mir grinsend zu.
Nikola verdrehte die Augen über Bogdan's Kommentar und nickte Lazar zu.
"Dann machen wir das doch ab Morgen und im neuen Jahr, eröffnen Stefan, Nela und ich eine Musikschule in der Stadt. An euch üben wir gleich, ob wir zu Lehrern taugen. Was meinst du Stef?"
Stefan nickte nachdenklich.
"Genug Kinder sind ja da und falls sie uns nicht verstehen, ist Nela unsere Übersetzerin. Wir verwirren die Leute oft Niko,das musst du zugeben."
Oh ja, das taten sie.
Aber sie waren toll und ihre Gedanken und Gefühle faszinierend.
"So" klatschte Nikola in die Hände "wer wettet um das Geschlecht des bald Gemixten?" fragte er in die Runde und wir prusteten alle los.
"Da wette ich nicht, das ist offensichtlich Niko. Aber geh mit Onkel Dejan wetten, er weiss es noch nicht" sagte Stefan grinsend und Nikola grinste dann sofort auch.
"Denkst du er fällt in Ohnmacht?" fragte er seinen Bruder, während Stefan die Augenbrauen hochzog.
"Wäre möglich..." murmelte er "da muss ich dabei sein, das wird ein Spass" sagte er dann  lachend und die Drei erhoben sich blitzschnell und eilten zur Tür.
"Die Teller hätten sie aber abräumen können" sagte der 11 Jährige Jovan und schüttelte missbilligend den Kopf.
Er war ein sehr ordentlicher Junge, fast so penibel wie sein Vater, fuhr es mir durch den Kopf.
"Jovan was willst du eigentlich mal werden?  Hast du dir darüber mal Gedanken gemacht?" fragte Bogdan interessiert.
Jovan faszinierte ihn sehr. Er war sehr ruhig, hatte immer einen nachdenklichen Blick und machte nie Krach oder Ärger. Seine Noten waren der Wahnsinn und er beschwerte sich nie, wenn er aufräumen musste oder auf seine Geschwister aufpasste.
Dieser Junge war anders.
Sein ganzer Charakter erinnerte Bogdan eher an Neven, nicht an Lazar oder Sonja.
"Ich werde Arzt werden Onkel Bogdan" sagte Jovan ernst und räumte die Teller ab. Seine jüngeren Brüder nahmen das Besteck und die Gläser.
"Arzt?" fragte Bogdan erstaunt und lächelte.
"Ja. Jemand in dieser Familie muss doch auch Leben retten, meinst du nicht auch?"
Bogdan entglitten seine Gesichtszüge und mir zog diese Frage den Boden unter den Füssen weg. Wir konnten ihn nur stumm anstarren.
"Ich weiss und sehe viel Onkel Bogi, nur schweige ich lieber. Wahrscheinlich werde ich Kinderarzt, denn Kinder sind nicht verdorben und viele von Ihnen werden sehr schlecht behandelt. Rette einen Menschen und du rettest die ganze Welt" sagte er ernst und nahm seinen jüngsten Bruder an der Hand.
"Wollen wir mit den Bauklötzen spielen und ein Krankenhaus bauen?" fragte er den kleinen Danijel der eifrig nickte.
Alle Kinder gingen ins Spielzimmer, während wir uns sprachlos anstarrten.
Dieser Junge war etwas Besonderes, das stand fest.
"Würde er nicht so Lazar ähneln, würde ich sagen er wurde im Krankenhaus vertauscht. Er hat aus dem Talmud zitiert, aus dem Film Schindlers Liste und er weiss alles. Diesen Jungen kann Deko Sonja nicht geboren haben!" sagte Bogdan im Brustton der Überzeugung.
"Du solltest dich eher fragen, was Jovan alles gesehen und gehört hat mein Mann. Er ist anders. Versteh mich nicht falsch, Lazar's Kinder sind alle sehr intelligent und bezaubernd aber Jovan ist eine Klasse für sich und das hat einen Grund. Er ist übervorsichtig, er wählt seine Worte mit Bedacht, er ist nie aufmüpfig und er lernt wie ein Besessener. Das hat seine Gründe, da bin ich sicher."
"Hm, ja. Ich werde mit ihm reden, vielleicht sagt er es mir ja" murmelte Bogdan und stand auf.
Jovan mochte meinen Bogdan und ich hoffte, er würde sich ihm öffnen.