Kapitel 63.1

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Lea blinzelte zuerst heftig, doch dann wurde ihr Blick klar. Sie sah zuerst lange in Lazar's lächelndes Gesicht, dann zu mir und dann sah sie sehr lange Bogdan an. Sie wollte anscheinend lächeln aber das ging nicht, ihr Kiefer musste sehr weh tun. Doch ihr Blick...man sah das Lächeln in ihren Augen, ihre Seele lächelte Bogdan an. So viel sah man diesem unschuldigen Kinderaugen an. Dankbarkeit, Erschöpfung, etwas Angst und Liebe...sie liebte Bogdan dafür, dass er sie gerettet hat. Wer könnte ihr das verdenken, dachte ich schmunzelnd.
"Hast du starke Schmerzen?" fragte Lazar leise. Lea's Blick glitt wieder zu ihm, sie errötete leicht, und nickte dann so gut sie konnte. "Ich werde dir eine etwas höhere Dosis des Schmerzmittels geben. Die nächsten Tage musst du leider mit der Infusion leben, aber sobald dein Kiefer es zulässt, bekommst du dann Tabletten. Leider können wir dir nur Flüssignahrung eingeben und das tut mir schrecklich leid aber, das ist ein Versprechen, sobald du kauen kannst, grille ich dir riesige Steaks. Für mich wäre das das Schlimmste, ehrlich Rotschopf! Nicht essen zu können...naja, für mich wäre das dann ein Grund zum weinen" sagte Lazar düster und sie kicherte so gut sie konnte. Sie hielt sich zwar mit der rechten Hand den Kiefer, aber sie kicherte Kindlich süss und wurde knallrot, als Lazar sie von ganzem Herzen anlächelte. Es war also Amtlich, keine Frau war immun gegen dieses Lächeln. Nicht mal eine 13 Jährige, dachte ich lachend. "Ob pürierte Steaks wohl schmecken? Wir könnten es ja versuchen..." überlegte Bogdan laut doch der fassungslose Blick von Lazar liess Lea und mich wieder lachen. "Steaks pürieren? Spinnst du Bogi? Ein so vorzügliches Stück Fleisch willst du in Matsch verwandeln? Was bist du? Ein Höhlenmensch?" rief Lazar und schüttelte ungläubig den Kopf. "Kleiner Rotschopf, nimm es ihm nicht übel. Er kann weder kochen, noch hat er eine Ahnung was tatsächlich schmeckt. Genau genommen ist er ein Gourmet Banause! Matschiges Fleisch ist widerlich und schmeckt nicht, vertrau mir Bogi" sagte Lazar entschieden, während Bogdan die Augen verdrehte. "Wer bist du? Paul Bocuse? Echt Lazo, deine Liebe zum Essen wird immer wie seltsamer, das solltest du untersuchen lassen" grummelte Bogdan und zeigte Lazar den Vogel. "Du redest von seltsam? Ausgerechnet du? Dein Faible für massgeschneiderte Kleidung, massgeschneiderte Cowboyhüte und noch andere "Handwerkskunst"...das ist also nicht seltsam aber, dass ich ausgezeichnetes Essen liebe, das soll seltsam sein? Ich dachte wirklich, ich hätte dich besser erzogen" rief Lazar theatralisch aus. Lea hatte einen knallroten Kopf vom Lachen wegen der Beiden und ich konnte nur den Kopf schütteln. "Lea, ich glaube wir sollten uns mal vorstellen, das hat Bogi natürlich wieder vergessen. Sonst hat er gute Manieren, ehrlich, nur ist er heute etwas abgelenkt. Wahrscheinlich hatte sein Schneider keinen freien Termin. Deshalb stelle ich mal alle vor" sagte Lazar grinsend "die wunderhübsche junge Frau da heisst Nada, sie ist die Frau von diesem Gourmet Banausen. Er heisst übrigens Bogdan und ist, wie du weisst, dein Retter in seiner nicht ganz so strahlender, aber massgeschneiderten Cowboyrüstung. Meine Wenigkeit.." witzelte er, doch er wurde von Lea unterbrochen "kenne dich" murmelte sie belustigt. Was? Woher denn? "Du kennst Lazar? Woher denn?" fragte mein neugieriger Mund. Lea drehte den Kopf zu mir und verzog den Mundwinkel zu einem Lächeln. Sie tat mir unglaublich leid, ihr kaputter Kiefer musste höllisch weh tun.
"Zeitungen" murmelte sie leise "meine Lehrerin schwärmte für ihn und hat alles aus den Zeitungen aufgehoben." Mehr konnte sie nicht sagen, denn sie verzog schmerzhaft das Gesicht und hielt sich den Kiefer. Ich setzte mich neben sie, streichelte beruhigend über ihr Haar und drückte ihre Hand. Armes kleines Mädchen, nur das konnte ich denken, armes Mädchen.
"Na toll, jetzt wird er bestimmt noch eingebildeter! Ihre Lehrerin war ein Fan, das musste ja so sein" brummte Bogdan gespielt genervt. Er wollte die Kleine aufmuntern und es gelang ihm auch. Nada, Stefan kommt erschreckte mich Nina's Stimme. Oh, na und? Ist alles in Ordnung mit ihm? Soll er Lea nicht sehen Nina? Ich schielte kurz zu Lazar, er sah auch etwas nachdenklich aus. Nein...das heisst, ich bin mir nicht sicher. Ihr werdet es wahrscheinlich gleich verstehen, etwas wird sich bei ihr ändern. Eigentlich ist sie die Veränderung die alles gerade rücken wird...also wenn die Zeit dazu kommt. Hä? Wie sollte ich das denn verstehen? Kryptische Vorsehung war wirklich nervig und ich konnte nichts fragen, denn ich hörte Stefan's Stimme die nach uns rief. Lea runzelte die Stirn, doch ich drückte beruhigend ihre Hand. "Das ist Stefan, keine Angst. Er ist Lazar's Sohn, von denen hat er reichlich übrigens! Stefan hat es gerade schwer, seine Ex-Verlobte liegt schwanger im Krankenhaus." Mehr wollte ich nicht sagen und sie überfordern aber ich sah, wie sich ihr Blick veränderte und Mitleid darin aufblitzte. Wie sie wohl eines Tages auf diese ganze Geschichte reagieren würde? "Ich wollte euch nicht stören, nur Bescheid sagen, dass ich ins Krankenhaus fahre. Oh, sie ist wach! Entschuldige bitte meine Unhöflichkeit, ich bin Stefan" sagte er sehr lieb lächelnd. Ich konnte ihm aber die Erschöpfung ansehen und auch die Sorge. Das war so ungerecht, er hatte nichts davon verdient. "Braucht ihr vielleicht etwas aus der Stadt? Lea, kann ich dir etwas mitbringen? Hast du einenWunsch?" fragte Stefan süss. Lea blinzelte als wäre sie aus dem Koma erwacht und schüttelte leicht den Kopf. Sie schien äußerst verwirrt zu sein und ich ehrlich gesagt auch. Ein Blick auf Bogdan genügte, er kapierte auch nichts. Als Stefan wieder aus dem Zimmer war, atmete Lea ruhiger und sah aus, als wollte sie schlafen. "Ruh dich aus Kleines, ich mache dir jetzt Cremesuppe und danach gibts Pudding" sagte ich sanft und erhob mich vorsichtig. Bogdan und Lazar folgten mir, als auch schon Nina erschien. "Ehrlich Nada von dir habe ich mehr erwartet. Was hast du denn nicht verstanden eben?" sie lächelte sanft und ich merkte, wie müde ich war. Mein Gehirn fühlte sich wie flüssiges Gummi an und mir entging etwas Wichtiges.
"Nina mein Kopf will einfach nicht mehr. Ich kümmere mich jetzt um die Suppe und den Pudding für die Kleine und danach brauche ich ein paar Stunden Schlaf. Was ist denn mit Lea?" fragte ich auf den Weg in die Küche und versuchte mich zu erinnern, wo die Karotten waren. Ich war einfach nur übermüdet und wusste nichts mehr. Bogdan sah langsam aber sicher auch kaputt aus.
"Liebes, ihr solltet euch hinlegen. Ich mache alles für die Kleine und koche euch auch etwas. Nikola ist beim kleinen Boki und Nina wird sicher auch gleich wieder zu ihnen stossen. Erholt euch etwas, danach kannst du weiter nachdenken." Ich hätte vor Dankbarkeit fast geweint und schlurfte an Bogdan gelehnt zurück nach Oben in unser Schlafzimmer. Ich liess mich aufs Bett fallen, dachte wie sehr ich unsere Kinder vermisste, spürte wie Bogdan den Arm um mich legte und schlief augenblicklich ein.



Hope Hoffnung NadaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt