Hope Hoffnung Nada

Kapitel 4

Geschockt starrte ich auf meinen kleinen Wecker und konnte es nicht glauben.
Es war kurz vor Mittag!
Ich hatte eine ganze Nacht ohne Alpträume und Kotzerei überstanden.
Nicht mal Max hatte mich geweckt.
Schnell eilte ich um ihn raus zu lassen und als ich die Tür öffnete hörte ich einen Mann auf Serbisch fluchen.
Was?
Vorsichtig spähte ich hinaus und sah verdattert zwei sehr lange, muskulöse Beine in dunklen Jeans unter meinem Peugeot.
Das Fluchen belustigte mich kurz und leise ging ich raus.
Das hatte ich zum letzten Mal bei meinem Vater gehört.
Max lief schnell auf die Beine zu und schnupperte an ihnen.
Dann ging er zum Gebüsch und erledigte sein Geschäft.
"Bogdan bist du das?" fragte ich etwas dümmlich.
"Wer sollte es sonst sein!" hörte ich seine genervte Stimme.
"Aha, okay. Aber Bogdan, wieso liegst du unter meinen Auto?"
Verwirrt beobachtete ich wie er ächzend unter dem kleinen Peugeot hervorkroch.
Er hatte ölige Finger, schwarze Spuren auf dem Gesicht und sah mich empört an.
"DAS nennst du ein Auto? Dieses Ding ist so alt wie ich, das kann man nicht mehr reparieren!" blaffte er mich arrogant an.
Bildete ich mir das ein?
Diese Situation war sehr seltsam.
"Also eigentlich ist dieses Auto acht Jahre jünger als du" stellte ich nüchtern klar.
Er blinzelte mehrmals und lachte dann vergnügt.
Sein tiefes Lachen klang sehr schön und mir wurde bewusst, dass ich in meinem schwarzen Totenkopf Pyjama hier stand.
Schnell versteckte ich meine Hände hinter meinem Rücken, legte meine Haare auf die Seite, damit sie den Hals bedeckten und sah verlegen auf den Boden.
"Du bist echt witzig mein Engel" gluckste er und wollte wieder unter das Auto kriechen.
"Wieso tust du das und weshalb nennst du mich so?" fragte ich argwöhnisch.
"Weil du nicht ohne Auto sein solltest und du wie ein Engel aussiehst, ganz einfach."
Sein Kopf verschwand wieder unter das Auto ich sah ihn verwirrt auf seine Beine.
Was sollte man schon dazu sagen?
"Glaubst du, du kriegst das hin?"
Mich fröstelte es irgendwie und ich verschränkte meine Arme.
"Ich gebe mein Bestes aber das sieht beschissen aus! Wolltest du das echt einen Mechaniker machen lassen? Der wird dich nur abzocken, Scheisse!" fluchte er wieder und ich runzelte die Stirn.
"Ich kenne mich mit Autos nicht aus, tut mir leid. Aber danke..."
"Hör auf mir zu danken und geh rein, deine Beine zittern vor Kälte. Das wird nichts Engel, der ganze Motor ist beschädigt und hat überall Rost angesetzt" erklärte er und fluchte wieder.
"Aha. Dann gehe ich rein und mache Frühstück, naja, Mittagessen. Komm einfach rein wenn du mit dem Fluchen fertig bist" sagte ich trocken und hörte sein Lachen.
Schnell zog ich mich an und lief zum Kühlschrank.
Gestern hatte ich schon Gulasch gemacht der bis Dienstag halten sollte.
Ein Glück.
Ich warf die Brötchen in den Ofen, stellte den grossen Topf auf die alte Platte und holte Tomaten, Gurken und Paprika.
Wie ich es von meiner Mutter gelernt hatte machte ich den Salat, holte die Brötchen aus dem Ofen und rührte den Gulasch.
Es roch sehr gut.
Ich deckte den kleinen Couchtisch, da Bogdan nicht auf meine Stühle passte, und hörte auch schon die Tür.
"Diesen Schrotthaufen werde ich entsorgen! Oh, das riecht echt gut"
Er sah mit grossen Augen auf den Topf und grinste dann breit.
"Ich gehe mich waschen, bin gleich wieder da" verkündete er als wäre es sein Haus und ging zielsicher zum Bad.
Schulterzuckend füllte ich die Teller und stellte sie auf den Couchtisch und holte noch Cola und Gläser.
Gerade als ich mich auf den Boden setzte, kam er auch schon und sah komisch auf mich runter.
"Setz dich bitte Bogdan" bat ich ihn leise und blickte beschämt auf meinen Teller.
Als er sass, nahm ich all meinen Mut zusammen und sah ihm in die Augen.
"Ich muss mich bei dir entschuldigen Bogdan. Du warst so nett zu mir und ich bin einfach ausgerastet und habe dich beschimpft. Das war nicht in Ordnung und das tut mir sehr leid. Nimmst du meine Entschuldigung an?"
Zitternd atmete ich aus und knetete meine Hände.
Ich fühlte mich sehr unwohl.
"Ach weisst du Engelchen, mich hat man schon schlimmer beschimpft. Vergiss es einfach. Ich hätte dich nicht analysieren dürfen. Kann ich jetzt essen? Das sieht echt gut aus" meinte er nur und ich sah ihn zutiefst verwirrt an, während er einfach anfing zu essen.
Na das war ja leicht!
Da er nichts weiter sagte, fing ich auch an zu essen und versuchte meine Emotionen und Gedanken zu ordnen.
Hier hatte noch niemand ausser mir gegessen.
Das war so neu und seltsam für mich...
"Willst du dir nachher meine Pferde ansehen?" fragte er in die Stille und erstaunt stellte ich fest, dass sein Teller leer war.
Gemächlich stand er auf und holte sich noch Nachschlag.
Anscheinend fühlte er sich überall wohl.
"Ja gerne" sagte ich mit etwas unsicherer Stimme und rechnete in Gedanken wie schwer der Mann war.
Naja, er war riesig.
Aber er war nett und er hatte echt Appetit.
"Gut, das freut mich. Das ist echt lecker. Gulasch habe ich schon lange nicht mehr gegessen." sagte er mampfend und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen.
Ja er war sehr nett.
"Es tut mir sehr leid Bogdan, ehrlich." murmelte ich traurig und sah auf meine Hände.
Vorsichtig nahm er meine eisigen Finger in seine heisse Hand und lächelte.
Er lächelte richtig.
Seine Augen lächelten mich warm an und kleine Fältchen bildeten sich um seinen schönen vollen Mund und seine Augen.
"Es ist okey Nada. Ehrlich! Du hattest jedes Recht mich zu beschimpfen. Wenn du jemals darüber reden willst dann höre ich dir zu aber ich rate dir unbedingt darüber zu reden" sagte er leise und sehr zärtlich "du bist so jung und so schön, du solltest dich nicht abschotten und vor den Menschen verstecken. Verstehst du? Du verpasst sehr viel aber ich kann dich zu nichts zwingen. Wenn du reden willst, dann höre ich dir zu."
Leider liess er meine Finger los und die Kälte breitete sich wieder in meinem Körper aus.
Ich nickte nur etwas unsicher und wiederholte seine Worte im Kopf.
Ja ich war noch jung und ich hatte einen Knall.
Aber er war sehr nett...vielleicht könnte ich tatsächlich eine Freundschaft zu diesem Mann aufbauen?
Wenigstens solange bis er keine Freundin oder Frau hatte.
Dieser nette und schöne Mann verdiente eine tolle Frau.
"Danke, das ist sehr nett von dir Bogdan" flüsterte ich und wollte abräumen.
Er half mir tatsächlich und ich wusch schnell das Geschirr ab.
"Komm Engelchen, ich muss dir in meine Kompensation hinein helfen" veräppelte er mich und ich lief knallrot an.
"Das...also ich war einfach sauer. Ich habe ja keine Ahnung...tut mir leid!"stotterte ich peinlich berührt und lachte dann mit ihm mit.
"Das ist schon in Ordnung du Zwerg. Los komm, ich werde nicht jünger" rief er mir zu.
"Zwerg? Hey! Ich kann doch nichts dafür, dass du so ein Berg bist. So klein bin ich gar nicht!" Rief ich empört und wollte in dieses Monster klettern aber er liess mich nicht.
Er hob mich hoch als würde ich mur fünf Kilo wiegen und überreichte mir Max.
Meine Fresse, wie viel Kraft hatte der Kerl denn?!