"Wir sind in Kanada? Aber was..." stammelte ich etwas verwirrt und wusste nicht recht, was Bogdan hier wollte.
"Ich will dir zeigen, wie sie hier gelebt haben. Ich will dir ihre Griechische Psychose zeigen, wie Sergej mal formuliert hat. Ich will, dass du siehst, was für ein Leben für sie möglich gewesen wäre. Sie hätten hier ein schönes Leben gehabt und ich möchte..." sagte er rau und räusperte sich laut.
"Was möchtest du mein Schöner?" fragte ich leise und drückte seine Hand.
"Ich möchte nur etwas Frieden. Es zerreisst mich Nado moja. Ich kann Lazar kaum in die Augen sehen, ich sehe wie die Jungs ihre Mutter vermissen und fühle mich furchtbar aber das Schlimmste ist, ich habe dich enttäuscht. Damit muss ich jetzt leben und endlich verstehe ich Nina. Mit so vielen Gefühlen zu leben aber sie verstecken zu müssen, das braucht fast eine übermenschliche Kraft. Ich will nur etwas Frieden in meinen Kopf kriegen, damit ich dann eine Maske tragen kann" flüsterte er und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
Das verdiente er nicht, er hatte sie nicht getötet.
"Ich bitte dich inständig Bogdane, nicht so zu denken. Ich bin nicht und werde nie, enttäuscht von dir sein. Aber vielleicht tut es dir gut, wenn du dich an die Nina von damals erinnerst. Die Nina, die hier mit einem glücklichen Lazar gelebt hat. War sie hier auch glücklich?" fragte ich interessiert.
Er überlegte kurz und nickte leicht.
"Es erschien mir, als wolle sie es verstecken, aber...es waren Kleinigkeiten, die mich Stutzen liessen" murmelte er leise.
"Welche? Beschreib es mir bitte."
Er schloss die Tür von dem schönen Haus auf und wir traten ein.
Seufzend folgte ich ihm in die Küche und lächelte erfreut.
Hier hatte Nina auch gestrichen, das sah ich sofort.
Himmelblaue Wischtechnik an den Wänden, eine weisse Landhausküche und ein schöner, weisser Tisch mit sechs Stühlen.
Bogdan hatte schon alles reinigen lassen, es sah sehr schön aus und der Kühlschrank war voll.
Bogdan setzte sich und sah mich nachdenklich an.
"Kleinigkeiten wie...Sie mochte Gurken nicht aber sie machte trotzdem so einen Salat, denn Lazar mochte sie. Also pickte sie ihre Gurken aus dem Salat, legte sie auf Lazar's Teller und er gab ihr dafür seine Tomaten. Es war ganz selbstverständlich, sie taten es ohne zu überlegen. Er liess sie nie etwas Schweres heben, sie liess ihn nie alles alleine machen. Er hat so oft über ihren Bauch gestreichelt, als sie schwanger war und sie strahlte bei der Berührung. Sie war so verdammt jung damals" murmelte er traurig.
Ich schwieg, ich wollte dass er erzählte.
"Ich hatte innerlich gestöhnt und hielt Beide für Idioten. Nur waren sie das nicht, das ist mir jetzt klar" sagte er ernst "ich sah einige Male, wie er sie ins Bett trug und über ihre Wange streichelte. Er schlief bei ihr und sie verschwand fast in seinen Armen, ohne ihn konnte sie nicht schlafen. Sie hatte schlimme Alpträume aber nie, wenn sie neben ihm schlief. Dann kam Jelena, Nina hatte sie Lazar fast aufgezwungen und als sie starb, kam ich wieder her. Nina war oft in dem kleinen Häuschen, doch sie verhielten sich wieder wie vor Jelena. Sie hatte mich ein Mal nicht bemerkt und ich sah, wie sie Lazar und die Jungs betrachtete. Lazar schlief mit den Beiden auf dem grossen Sofa und sie seufzte verträumt, lächelte und setzte sich neben die Drei. Ich fragte mich, wieso sie sie nur so anstarrte und fand das albern. Dann rührte sich Nikola, er war vielleicht sechs Wochen alt, und sie nahm ihn vorsichtig zu sich. Sie wollte Lazar nicht wecken. Sie wiegte ihn in ihren Armen und legte ihn auf ihre Brust, dann legte sie sich auch hin und sie flüsterte: du bist auch mein Baby, du hast mein Herz sofort erobert mein Kleiner. Ich hoffe, ich darf eine Weile deine Mama sein. Und sollte mir etwas passieren, habt ihr Zwei den besten Vater auf der Welt."
Bogdan lächelte bei der Erinnerung und schüttelte leicht den Kopf.
"Dann, kaum zwei Tage später, bekam sie eine Lungenentzündung und musste ins Krankenhaus. Sie hatte hohes Fieber und Lazar...er konnte kaum klar denken. Er verdonnerte mich, den Babysitter zu spielen, und ging zu ihr. Da ich Panik bekam, fuhr ich ihm nach drei Stunden nach und überredete eine Krankenschwester die Windeln zu wechseln und mir zu zeigen, wie ich das verdammte Fläschchen machen muss. Dann ging ich mit dem Kinderwagen in Nina's Zimmer und ich sah, wie er sie auf sich gedreht hatte. Wie er über ihre Haare und ihren Rücken streichelte und etwas an ihre Schläfe murmelte. Er hatte mich nicht mal bemerkt, also ging ich wieder raus, nahm die Krankenschwester mit hierher und sie wechselte die Windeln bis zum nächsten Tag" murmelte er nachdenklich.
Ich musste einfach lächeln bei der Vorstellung.
"Danach vergingen Monate bis ich die Beiden wieder besuchen kam. Nina wohnte wieder in diesem Haus, schlief in einem Zimmer mit Lazar, lernte Kyrillisch mit ihm, machte sehr viele Fotos und malte. Sie bemerkte gar nicht, oder zumindest dachte ich das, dass sie Lazar immer einen Kuss gab oder über seine Wange streichelte, wenn er etwas für die Jungs kaufte oder ihr Blumen mitbrachte. Sie hat sogar ein kleines, sehr dünnes, Ferkel mit sich herumgetragen damit es nicht friert. Die Muttersau war noch nicht fertig mit ihren Nachkommen und das Kleine war sehr schwach. Sie hat es in ihren Pullover gesteckt und drei Stunden so gewärmt. Ich hielt sie für Verrückt, doch Lazar fand das wunderbar und lächelte die ganze Zeit. Er sagte, dass es ihre Art sei, sich um die Schwachen zu kümmern und dann hielt ich ihn für Verrückt. Ich war echt ein Arschloch Nado moja und dachte, er sollte sie doch einfach vögeln und gut ist. Nichts kapierte ich damals, denn ich kannte die Liebe nicht" sagte er ehrlich.
"Lazar brachte ihr das Schiessen bei und ich krümmte mich vor Lachen. Sie hatte panische Angst, ihm weh zu tun. Sie sagte: du weisst was für ein Tollpatsch ich bin, was wenn ich dich treffe? Was wenn du wegen mir stirbst? Nein, das kann ich nicht Lazo!"
Er lächelte weiter und blickte mich an.
"Lazar aber fand das nicht lustig. Er fand ihre Sorge süss und beruhigte sie, hielt sie fest und zeigte ihr, wie man schiesst. Allerdings mochte sie es nicht. Der Gedanke, jemanden erschiessen zu müssen, machte sie fertig. Natürlich verstand ich das nicht aber Lazar schon. Er fand ihre Einstellung richtig und war froh, dachte sie so. Er hasste das Töten, hasste es anderen weh zu tun und so war sie auch. Sie dankte ihm für sein Verständnis, umarmte ihn und er legte seine Wange auf ihren Kopf, umarmte sie und ich fand das tatsächlich schön. Dann zog sie ihn mit sich, machte uns allen eine heisse Schokolade und er setzte sich zu ihr. Sie lasen zusammen in einem Buch, bis Nina einschlief und er sie ins Bett brachte. Er kümmerte sich um die Jungs und ging dann einfach schlafen, legte sich zu ihr und sie drehte sich instinktiv zu ihm."
Bogdan räusperte sich und blinzelte ein paar Mal.
"Versteh mich nicht falsch, ich habe nicht gespannert aber ich fand das Verhalten der Beiden faszinierend und dämlich zugleich. Sie sahen für mich, naja, wie ein Ehepaar aus. Sie schliefen in einem Bett, sie kannten sich auswendig, sie liebten die Jungs und verbrachten jede Minute zusammen. Nur der Sex fehlte aber jetzt verstehe ich, dass es bei ihnen nie darum ging. Sie liebten sich, ohne Bedingungen, sie liebten es den Anderen glücklich zu sehen, sie liebten den Charakter und den Humor des Anderen und wäre diese scheiss Milz OP nicht gewesen, dann wären sie heute noch hier. Sie würden hier leben, sich lieben und ihren Frieden haben" sagte er betrübt "ich war nur ein Mal hier, als Sergej auch da war. Nina war wie ausgewechselt und Lazar, er war die ganze Zeit genervt. Danach habe ich sie alle für viele Jahre nicht mehr gesehen, bis ich dich traf" beendete er seine Gedanken und seufzte.
Ich lächelte über seine ganze Erzählung und war froh, hatten Lazar und Nina hier eine schöne Zeit.
"Das sind sehr schöne Erinnerungen an Nina, Bogdane. Das ist wundervoll und zeigt, dass sie immer ein reines Herz hatte. Ja, die Beiden waren sich sehr ähnlich und waren perfekt füreinander. Diese Erinnerungen solltest du behalten, mit Lazar darüber reden und den Rest abschütteln. Sie hat Sergej nie erzählt, dass du hier warst, weisst du das?"
Mein Bogdan schüttelte langsam den Kopf und runzelte die Stirn.
"Sie wollte vermeiden, dass du ihm etwas erklären musst. Sie fand dich witzig und sie mochte deine Sandwiches. Das hat mir Lazar erzählt. Sie fand auch, dass du traurig gewirkt hast, und du unbedingt Liebe in deinem Leben brauchst. Du seist nicht genug geliebt worden und deshalb kochte sie immer Gulasch, wenn du hier warst."
Bogdan sah mich überrascht an und lächelte leicht.
"Sie fand, man sollte dich ruhig etwas verhätscheln und sie war überzeugt, Liebe ginge durch den Magen. Jedenfalls sah es bei Lazar so aus und deshalb kochte sie bei deinen Besuchen, alles was du mochtest. Sie hatte dich lieb Bogdane, nur das zählt doch. Denk nur daran und an die schönen Erinnerungen von hier" sagte ich tröstlich und umarmte meinen Mann.
"Und ich Arschloch habe sie verurteilt. Ich schäme mich" flüsterte er traurig.
"Bogdane, was dachtest du über Nina, als du sie hier kennengelernt hast?"
"Ich dachte, dass sie ein wunderschübsches Mädchen ist. Etwas traurig und sehr nachdenklich aber sehr liebevoll, mit einem trockenen Humor. Sie urteilte nie über mich, obwohl sie meine Geschichte kannte. Lazar hatte ihr, in meiner Gegenwart, alles erzählt und ich wurde sauer. Sie hatte ihm aufmerksam zugehört, sie weinte sogar und dann...dann hat sie mich einfach umarmt. Sie wusste, was ich war, doch sie umarmte mich fest und sagte, dass ich unglaublich stark und mutig wäre. Ich könnte stolz auf mich sein, denn die Meisten hätten das nicht überlebt. Dann backte sie Kekse für mich und tätschelte mir den Kopf. Sie hat mich wie einen Fünfjährigen behandelt, mich mit Milch und Keksen vollgestopft und ich konnte nicht mehr sauer sein. Sie war sechs Jahre jünger als ich und bemutterte mich" sagte er belustigt.
Das konnte ich verstehen, so war Nina einfach gewesen.
"Das ist doch schön. Behalte diese Erinnerungen an sie, deinen ersten Eindruck von ihr. Denk ab jetzt an das liebevolle Mädchen von damals und nicht, wie du sie später wahrgenommen hast. Dein erster Eindruck von ihr war richtig" sagte ich eindringlich und er nickte langsam.
"Du hast gesagt, sie hätte hier gemalt?" hakte ich nach.
"Ja und mit Kohlestiften gezeichnet. Ein Mal, das war als Jelena so depressiv war, hat sie eine ganz Nacht lang gezeichnet. Sie hatte sich in ihrem Häuschen eingeschlossen, die ganze Nacht gemalt oder gezeichnet aber sie hat uns nie das Bild gezeigt. Sie sagte, es wäre nicht gelungen."
Irgendwie glaubte ich das nicht.
"Vielleicht hat sie ja hier ein paar Bilder versteckt. Wollen wir nachsehen?"fragte mein Mund und Bogdan grinste.
"Wieso nicht? Wenn es noch Bilder gibt, dann sicher nicht hier im Haus. Sie muss sie im Kleinen versteckt haben oder sonst wo" sagte er nachdenklich.
Das würden wir dann herausfinden, dachte ich aufgeregt.

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Hope Hoffnung Nada
Roman d'amourKurze Info: vielleicht solltet ihr zuerst das andere Buch lesen. Es heisst: My Destiny In diesem Buch werden die Hauptcharaktere aus My Destiny, öfter vorkommen und Nina's Geschichte wird sich hier klären. !!!Achtung!!! In dieser Geschichte kommt de...