Möge das Unglück seinen Lauf nehmen.

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25. Dezember 2035
p.o.v Zayn

"Also ich wäre stark dafür, dass du das erklärst", verlangte Liam und deutete auf den Kalender, der mittlerweile auf dem Wohnzimmertisch lag. Louis fuhr sich durch die Haare und kaute nervös auf seiner Lippe. "Es ist kompliziert", meinte er schließlich und schaute uns wehmütig an.

"Bitte verlangt nicht, dass ich das weiter erklären muss." Ich seufzte. "Ich habe nur eine Frage. Wie kann es sein, dass du ein Geschenk von ihm bekommst, aber ansonsten auf alles, was ihn betrifft, geradezu allergisch reagierst?"

"Und du wusstest, dass das Geschenk von ihm kam. Warum?", ergänzte Liam. Louis nahm einen tiefen Atemzug. "Ich bekomme jedes Jahr zwei Geschenke von ihm. Eins zu Weihnachten und eins zum Geburtstag. Und ich schicke auch jedes Jahr welche zurück."

Liam blieb einfach nur regungslos auf dem Sofa sitzen. "Du hast nie erzählt, was in der Nacht der Trennung passierte oder warum du nicht mal seinen Namen hören kannst. Und wir haben das immer akzeptiert. Aber warum hast du uns nie von den Geschenken erzählt? Und warum zum Teufel bekommst du sie überhaupt?"

Gegen Ende wurde er immer lauter. Ich griff nach seinem Arm, um ihn daran zu erinnern, dass er wieder runterkommen sollte. Ja, ich fand es ehrlich auch nicht geil, dass Louis sowas so lange vor uns geheim gehalten hatte. Aber es war immer noch Weihnachten und mit Sicherheit hatte er seine Gründe.

"Wollt ihr wirklich wissen, warum ich seinen Namen nicht hören kann?" Louis sprach beunruhigend leise. Trotzdem nickten wir beide leicht. "WEIL ES VERDAMMT NOCHMAL WEHTUT, OKAY?"

Seine Stimme bebte, und seine Augen glühten. "Es tut so unglaublich weh, an ihn erinnert zu werden. Denn jedes Mal, wenn ich seinen Namen höre oder mich etwas an ihn erinnert, denke ich daran, dass ich die Liebe meines Lebens verloren habe. Und das alles nur, weil wir zu jung und dumm waren. Es tut weh zu wissen, dass er irgendwo da draußen ist und jemand anderes haben könnte. Es tut weh zu wissen, dass nicht ich neben ihm aufwache. Und es tut weh zu wissen, dass ich ihn für immer verloren habe."

"Louis...", fing ich an, aber er unterbrach mich und fuhr fort. "Diese Geschenke spiegeln meine Hoffnung wider. Die Hoffnung darauf, dass es vielleicht doch wieder klappen könnte, weil er mich noch nicht ganz vergessen hat und ich ihm zumindest noch irgendwas bedeute, oder?" Louis blickte auf und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

"Willst du uns erzählen, was damals passiert ist?", fragte Liam vorsichtig nach. "Das Einzige, was wir aus der Nacht wissen, ist, dass du vollkommen verheult an meiner Tür aufgetaucht bist. Uns dann erzählt hast, dass ihr euch getrennt habt, wir die Band auflösen sollten und du dringend mit Simon sprechen musst."

Louis schüttelte seinen Kopf. "Ich will nicht über diese Nacht reden." Dann legte er seinen Kopf schief und musterte uns. "Bis heute frage ich mich, was Zayn eigentlich bei dir gemacht hat."

Liam wurde rot und blickte auf den Boden, während ich sehr unauffällig zur Decke schielte. Was habe ich bei Liam gemacht? Das war eine verdammt gute Frage, die unbedingt unbeantwortet bleiben sollte.

"Ist doch jetzt auch egal, lassen wir die Vergangenheit Vergangenheit sein und Weihnachten feiern", rief ich und klatschte in die Hände. "Ruft die Kinder zum Essen!"

Wenig später saßen wir alle am Esstisch und aßen zu Abend. Es war 18 Uhr, und es gab noch keinen Streit. Weder zwischen Bear und Liam noch zwischen Freddie und Louis. Vielleicht wurde das ja mal ein harmonisches Weihnachten.

"Ich habe was zu verkünden", meinte Liam dann aber und stand auf. Und das war es dann mit der Harmonie.

Warum musste er Weihnachten nehmen? Es gab unzählige andere Tage, an denen man so eine Botschaft verkünden könnte. Aber nein, der Herr musste sich ja Weihnachten aussuchen.

"Also, wenn wir dabei sind, ich müsste auch was loswerden", kam es jetzt von Freddie. "Erzähl du ruhig zuerst", meinte Liam lächelnd und machte Anstalten, sich wieder zu setzen.

"Lieber nicht, ich glaube, die Reaktion auf deine Nachricht fällt weit positiver aus als die auf meine." "Da wäre ich mir nicht so sicher", murmelte ich und schaute auf meine Suppe. Ich spürte Nehas fragenden Blick auf mir. "Also, wenn das so ist, fange ich gerne an." Ich seufzte und blickte auf. Möge das Unglück seinen Lauf nehmen.

"Wie ihr alle hier wisst, wohne ich zurzeit bei Zayn." Er deutete auf mich. "Schon gut Liam, ich glaub jeder hier weiß, wer Zayn ist", murmelte ich. "Und das liegt daran, dass Cheryl und ich dabei sind, uns scheiden zu lassen."

Bear, Freddie und Neha klappten der Reihe nach die Münder auf. "Bitte, was?", rief Bear und sprang auf. "Ihr lasst euch scheiden, und du redest darüber, als würdest du mir das Wetter von morgen verraten?! Wann, warum? Weshalb erfahre ich das erst jetzt?" Seine Hand war zu einer Faust geballt, und er sah aus, als würde er Liam gerne verprügeln.

Liam fuhr sich durch seine Haare. "Wir haben uns im September getrennt, und wenn alles glatt läuft, sind wir schon nächstes Jahr offiziell geschieden." Bear gab ein paar verzweifelte Geräusche von sich. "Das war noch nicht alles", fuhr Liam fort. In Gedanken schickte ich ein paar Gebete an Gott.

"Natürlich nicht", seufzte Bear und setzte sich wieder hin. Er sah wirklich fertig aus. Liam ging nicht auf seinen Sohn ein und wandte sich stattdessen zu mir zu. "Zayn, willst du das nicht sagen? Dich betrifft es schließlich auch."

Verdammt, warum musste er mich gerade jetzt mit hineinziehen? "Warum denn nicht", grummelte ich und stand auf. "Also, nachdem Liam sowieso schon bei uns wohnt und Cheryl sich dazu entschlossen hat, nach L.A zu ziehen, und das Haus sowieso zu groß ist für nur zwei Personen, haben wir beschlossen, dass Liam und Bear beide zu uns ziehen offiziell." Ich sah, wie meine Tochter mich entgeistert anstarrte.

"MOM ZIEHT NACH L.A?!!" Ups, das waren ja ebenfalls neue Infos für ihn. "Wann zieht sie weg? Und wann wurde das alles überhaupt beschlossen?" "Das würde mich auch mal interessieren", mischte sich meine Tochter jetzt ein.

"Cheryl zieht Anfang nächstem Jahr weg, wir haben alles besprochen, kurz nachdem wir uns getrennt haben. Du wirst bei mir leben und an Festtagen bei deiner Mutter." Bear schnappte nach Luft. "UND WARUM ZUM TEUFEL WURDE MIR NICHTS GESAGT? Nein warte, streich das. WARUM HABT IHR ENTSCHIEDEN, WO ICH ZU LEBEN HAB?"

"Wir reden später darüber", meinte Liam nur und setzte sich wieder hin. Bear stand so hektisch auf, dass der Stuhl umkippte, und starrte Liam mit kalten Augen an. „Oh, du verfickter Hurensohn. Du kannst mich mal am Arsch lecken. Von wegen wir sprechen später darüber. Ich bin weg." Er ließ den Stuhl liegen und verschwand. Liam schaute ihm nach und schlürfte dann in Ruhe seine Suppe weiter.

Louis räusperte sich verlegen. "Gut, wenn das geklärt ist. Freddie, du wolltest was sagen." Er hatte bis gerade eben noch stumm seine Suppe gelöffelt und dem Gespräch nur mit halben Ohr zugehört, aber jetzt lag seine ganze Aufmerksamkeit auf seinem Sohn. "Ach ja, ähm, ich glaube, jetzt ist irgendwie nicht der richtige Zeitpunkt." Er schielte zu Neha, diese schüttelte kurz den Kopf, und es sah so aus, als würden sie sich im Stillen unterhalten. Freddie seufzte und fing an zu sprechen. „Also, eigentlich geht es euch nichts an, und es mir auch scheißegal, was ihr darüber denkt, aber ich habe keinen Bock mehr, es zu verstecken."

Er pausierte kurz, bevor er fortfuhr. "Ihr kennt ja alle Ian. Er ist mein fester Freund. Und bevor ihr fragt; ja, ich bin schwul."

Ich schluckte. Das war mal ein Outing. Und der Hauptgang war noch nicht einmal serviert.

I'll wait for you (L.S)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt