15. Februar 2036
p.o.v BearMein Mund stand offen und die Stille im Raum war erdrückend. Louis weinte stumme Tränen und Zayn und mein Vater tauschten sehr besorgte Blicke aus. Neha neben mir runzelte ihre Stirn und fing an, hektisch irgendwelche Nachrichten zu verschicken. „Also... können wir dann gehen?", fragte ich starr und war dabei, mich zu erheben. „Du bleibst hier sitzen, wir sind noch nicht fertig mit dir." Ich verdrehte meine Augen.
„Lass ihn einfach gehen, es gab schon genug Streit heute - ich glaube, keiner hier hat Lust auf eine zweite Runde", meinte Neha. Und damn, sie hatte Recht. Frees Ausraster war irgendwie motivierend. Ich hätte große Lust, meinem Vater gerade auch die Wahrheit ins Gesicht zu schreien. „Neha halte dich da raus, das geht dich nichts an", fuhr Zayn dazwischen und Neha zog scharf die Luft ein. „Sprich gefälligst nicht so mit ihr, sie versucht doch nur zu helfen", zischte ich ihn an. Zayn zog eine Augenbraue hoch und musterte mich kritisch mit einem „Ach."
Neha schüttelte neben mir leicht den Kopf und griff nach meinem Arm. „Lass es gut sein Bear, fang nicht auch noch einen Streit an. Ich glaube, Free hat heute die Quote schon erfüllt." Ich schüttelte ihre Hand ab. „Ich glaube nicht. Ich glaube, Free hat exakt das Richtige getan. Nach all den Jahren hat er Louis endlich ins Gesicht gesagt, was er für ein beschissener Vater ist."
Louis sackte bei meinen Wörtern noch weiter in den Stuhl und verbarg das Gesicht hinter den Händen. „BEAR! Es reicht!", zischte mein Vater. „Wir klären das ein anderes Mal." Ich begann zu grinsen.
„Nein Dad, lass das uns jetzt klären. Free hat stark begonnen, aber vertrau mir, ich kann ordentlich nachlegen." Neha warf mir einen warnend-besorgten Blick zu. „Bear, lass es." Ich drehte mich zu ihr. „Warum? Das ist die perfekte Gelegenheit, unseren Vätern endlich ins Gesicht zu sagen, was wir über sie denken, nachdem Free hier so vorgelegt hat."
Neha senkte ihren Blick und sagte nichts mehr. Sie wusste, dass ich Recht hatte.Der Blick meines Vaters war herausfordernd. „Willst du mir etwa etwas sagen, Bear?" Ich grinste und erhob mich. „Tatsächlich habe ich dir etwas zu sagen, ja." Er stand ebenfalls auf und damit war er mir direkt gegenüber. Es fühlte sich an, wie der epische letzte Kampf in einem Film.
Nur kämpften wir nicht mit Waffen, sondern mit Worten. Doch wie hieß es so schön? Messer können verfehlen, Worte treffen immer.Noch bevor der erste Satz meinen Mund verließ, wusste ich, dass dieser Kampf der letzte sein würde, den ich und mein Vater fechten würden. Vermutlich nicht für immer, aber definitiv für eine lange Zeit. „Sprich", befahl er und das erste Mal in den letzten 15 Jahren meines Lebens tat ich genau das, was mein Vater wollte. Ich fing an zu sprechen.
„Ich kann nicht sagen, dass ich dasselbe fühle wie Free. Du und Mom, ihr habt mich erzogen und ich zweifle auch nicht daran, dass ihr mich irgendwo liebt. Ich will auch nicht sagen, dass ich dir egal bin. Ich glaube wirklich, dass ich dir irgendwo wichtig bin, aber all das ändert nichts an der Tatsache, dass du ein genauso beschissener Vater bist.
Du bist nur zu Mom zurückgegangen, weil sie die Mutter deines Kindes ist und jedes andere Kind wäre vermutlich dankbar dafür, dass sein Vater versucht hat, für es da zu sein und halt eine Familie zu sein. Ich nicht. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir wünschen, dass du und Mom nie wieder zusammengekommen wärt. Ganz ehrlich? Warum zur Hölle dachtest du, es wäre eine gute Idee, zu einer Frau zurückzugehen, die du nicht mehr liebst? Warum dachtest du, es wäre eine gute Idee, weiter bei ihr zu bleiben, obwohl du genau wusstest, dass ihr zusammen nicht funktioniert?
Weißt du, nach 19 Jahren kann ich hier stehen und dir voller Überzeugung sagen: Ich hasse dich. Ich hasse dich so sehr für die Tatsache, dass du zurück zu Mom gegangen bist. Ich hasse dich dafür, dass du dich nicht getrennt hast und ich hasse dich dafür, dass dir nicht einmal aufgefallen ist, wie sehr ich unter euren dauernden Streitereien gelitten habe. Jegliche Liebe, die ich je für dich empfunden habe, ist verschwunden, als ich realisiert habe, wie wenig dich mein Leben tatsächlich kümmert.
Meine ganze Kindheit wurde von euren Streitereien überschattet. Du warst zu sehr damit beschäftigt, Mom fertig zu machen, um zu sehen, wie schlecht es mir ging. Durch all den Streit und die Paartherapien, die exakt gar nichts gebracht haben, habt ihr schlicht vergessen, dass ich existiere. Ihr wart so darauf fixiert, es zu schaffen, auf Krampf für das Familienbild zusammenzubleiben, dass ihr vergessen habt, warum ihr euch das überhaupt antut.
Eine Erinnerung habe ich noch ganz genau im Kopf, es war in der dritten Klasse. Ich hatte die Hauptrolle in diesem Schultheaterstück, ihr habt beide versprochen zu kommen, du und Mom. Ich war so glücklich, ich stand auf der Bühne, hab mein Bestes gegeben und wollte euch zeigen, was ich kann und dann, als der Vorhang fiel, alle anderen Kinder von ihren Eltern geholt wurden, glücklich umarmt und gelobt wurden, stand ich alleine da. Meine Eltern waren nicht da. Ihr wart nicht da. Ihr kamt über eine Stunde nach Ende des Stückes, habt versucht euch bei mir zu entschuldigen, dass ihr in einen Streit geraten seid und die Zeit vergessen habt.
Aber das war der Moment, an dem ich wusste: Eure Streitereien würden immer über mir stehen. Also habe ich mich abgeschottet, wollte wissen wie lange es braucht, bis ihr mir Aufmerksamkeit schenkt, ohne dass ich dafür betteln muss. Falls es dich interessiert - ich warte bis heute.
Du bist kein guter Vater. Mit jedem Atemzug hast du mich vernachlässigt, warst immer zu sehr auf dich und deine Probleme fokussiert, als dass du gemerkt hättest, dass dein Verhalten noch andere beeinflusst. Nicht mal als ich angefangen habe, Scheiße zu bauen, habe ich die Aufmerksamkeit bekommen, die ich so dringend wollte. Nein, statt mich einfach mal zu fragen, was los ist und warum ich mich so verhalte, hast du Mom für mein Verhalten beschuldigt und sie dich. Was tatsächlich mit mir los ist, war euch schlicht egal.
Es hat lange gedauert, bis ich endlich davon weggekommen bin, deine Aufmerksamkeit zu wollen und jetzt verabscheue ich jeden Moment, jede Sekunde in deiner Anwesenheit. Ich brauche dich nicht mehr in meinem Leben, schon lange nicht mehr und um ehrlich zu sein, will ich dich auch nicht mehr in meinem Leben. Auch, wenn du mir seit der Scheidung ab und an tatsächlich Aufmerksamkeit schenkst, bist du damit erstens Jahre zu spät dran und zweitens hasst dich der kleine Junge in mir bei jedem Funken deiner Aufmerksamkeit nur noch mehr, weil ER dich gebraucht hätte. Mir bist du egal."
Ich schloss meinen Mund und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Meine Stimme war fester, als ich gedacht hätte. „Ich hasse dich", sagte ich noch. Mein Vater weinte ebenfalls. Er brachte nur ein gestottertes: „Ich hatte keine Ahnung, dass du dich so fühlst, es tut..."
Ich unterbrach ihn. „Du kannst es dir sparen, das ist der Punkt. Du hattest keine Ahnung, weil ich dir nie wichtig genug war."
Ich warf einen Blick zu Neha. „Ich geh zu Free, ich weiß noch nicht, ob ich zurückkomme. Ist vermutlich am besten, wenn wir jetzt erstmal Abstand voneinander haben." Ich merkte am Blick meines Vaters, dass er noch etwas sagen wollte, aber er blieb stumm und nickte nur. „Okay. Melde dich, bitte." Ich ging durch die Tür.„Wir wissen beide, dass ich das nicht tun werde."
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I'll wait for you (L.S)
FanfictionWillkommen im Jahr 2035. One Direction? Ist nach 25 Jahren so gut wie vergessen. Eine Reunion? Gab es nie. Larry? Wurde aus dem Internet verbannt. Die Jungs? Gehen ihren eigenen Weg. Und dann gibt es da natürlich noch die Kinder der früheren Boyban...