30. September 2035
p.o.v. Neha„Kenny." Es blieb stumm, bevor ich einen lauten Seufzer hörte. „Scheiße, Neha! Free bringt mich um, wenn er erfährt, dass wir gesprochen haben."
„Kenny", wiederholte ich seinen Namen nur noch einmal, scheinbar nicht in der Lage, irgendwas anderes zu sagen. „Weißt du eigentlich, wie spät es ist?" Ich nickte. „Neha?" Oh, sprechen richtig. „Ich brauche dich." Fuck, was machte ich hier? Es war mitten in der Nacht, und anstatt irgendeinen Freund von mir anzurufen, musste ich unbedingt seine Nummer wählen. Die Nummer von Kenny fucking West.
„Neha, es geht nicht. Ruf Free an oder Bear oder irgendwen anders." Meine Atmung wurde hektischer, und ich bekam kaum noch genug Luft. „Kenny, bitte." „Geht es dir gut?" Ich schluchzte. „Nein." „Fuck. Okay, atme ein." Ich atmete ein. „Und aus." Ich atmete aus. „Hol tief Luft." Ich tat, wie mir befohlen. Es dauerte mehrere Minuten, bevor ich wieder richtig atmen konnte und mein Zittern stoppte. „Geht's dir besser?", fragte Kenny irgendwann. „Ja." „Dann geh jetzt ins Bett, ruh dich aus und erzähle morgen unbedingt Free oder Bear von deiner Panikattacke, am besten beiden." „Ich will jetzt nicht alleine sein." Es blieb stumm, bevor Kenny eine Reihe von Flüchen losließ. „Was erwartest du von mir? Willst du, dass ich alles stehen und liegen lasse, und wir uns treffen?"
Ich blieb stumm. Was wollte ich? Keine fucking Ahnung. „Sprech verdammt nochmal mit mir!"Ich brauchte noch ungefähr zehn Sekunden, um zu antworten, und als ich sprach, ließ ich das erste Mal seit Wochen mein Herz und nicht meinen Verstand sprechen. „Scheiße ja, ich will dich sehen." „Okay, Human Logic. Jetzt." Damit legte er auf.
Ich atmete noch einmal tief durch und öffnete dann meine Zimmertür. Ich war am Arsch, so am Arsch. Im Dunkeln schlich ich den Hausflur entlang, leise vorbei am Zimmer meines Vaters und langsam die Treppe herunter. „Neha?" Ich blieb wie versteinert stehen – Liam. „Wohin willst du?" Ich drehte mich zu ihm und schaute ihm direkt in die Augen. „Bitte sag meinem Vater nichts."
Er musterte mich. „Dir geht's nicht gut", stellte er fest. Ich nickte langsam. „Absolut nicht." Er blieb kurz stumm, bevor er sich umdrehte. „Pass auf dich auf." Am liebsten hätte ich geschrien. Liam war vielleicht ein scheiß Vater und Ehemann, aber ein herzensguter Mann. „Du hast was gut bei mir", flüsterte ich kurz, bevor ich mir Jacke und Schuhe anzog und in die Nacht trat.
Ich rief ein Taxi und war keine 15 Minuten später am Human-Logic. Fast schon zu leicht fand ich die Leiter. Selbst in der vollkommenen Dunkelheit kam ich sie ohne Probleme hoch und befand mich plötzlich an einem Ort, von dem ich mir geschworen habe, niemals wieder zurückzukehren.
Ich war kaum die Treppe unten, als ich ihn auch schon sah. Kennys Frisur war verstrubbelt, und er trug nur eine Pyjamahose und eine Jacke darüber. „Neha." Ich fing an zu weinen. „Es tut mir leid." Mit einem großen Schritt stand ich vor ihm und zog ihn in eine Umarmung. „Ich wusste nicht, was ich tun soll." Kenny seufzte und zog mich näher an sich. Ich genoss seine Wärme, seine Vertrautheit – ich fühlte mich gleich so viel besser. Er strich mir über den Rücken und legte seinen Kopf auf meinen ab. „Schon okay, was ist denn los?", unterbrach Kenny die Stille irgendwann.
Langsam hob ich meinen Kopf. „Ich kann nicht mehr. Alles wird mir zu viel. Mein Dad hat einfach aus dem Nichts beschlossen, mein Vater zu werden." Meine Stimme war deutlich höher als sonst, und im Allgemeinen klang ich einfach nur fertig und gebrochen. „Wie meinst du das?" „Bears Vater ist bei uns eingezogen, und von heute auf morgen hat er beschlossen, sich um mich zu kümmern. Fragt mich nach meinem Tag. Wir essen gemeinsam. Er interessiert sich für mich. Jahrelang war ich wie Luft für ihn. Ich war da, aber das hat ihn nie wirklich gekümmert, und von heute auf morgen hat er beschlossen, dass er anfangen will, sich um mich zu kümmern. Fuck, ich hasse ihn so. Ich glaube, er weiß gar nicht, wie sehr sein Verhalten mich verletzt. Ich glaube, er weiß gar nicht, wie sehr es mich immer verletzt hat, dass er nie da war. Ich wollte doch nur seine Aufmerksamkeit, deshalb das alles, aber er hat mir nicht mal Ärger gegeben. Es hat ihn so wenig interessiert, dass ich nicht mal Ärger bekommen habe."
Ich fing wieder an zu weinen. „Es ist so unfair. Er kann nicht einfach beschließen, jetzt für mich da zu sein. Er tut so, als wäre er der perfekte Vater, und es fuckt mich so ab. Er ist ein scheiß Vater, kein Hauch besser als Bears oder Freddies, wenn nicht sogar noch schlimmer. Die sind zumindest noch sauer auf ihre Kinder. Aber von meinem Vater kommt nichts, einfach nur emotionaler Abstand."
Kenny hörte mir einfach zu und streichelte meinen Rücken. „Und dann die ganze Welt. Ich hab das Gefühl, alle erwarten von mir, dass ich in die Fußstapfen meiner Mutter trete, dass ich ein Model werde und auf jedem Cover bin, und keiner will akzeptieren, dass ich das nicht will. Alle denken, dass ich meine Meinung noch ändern werde, aber ich bin in dieser Welt aufgewachsen. Ich weiß, was der Preis ist, und ich bin nicht bereit, ihn zu zahlen. Ich will doch einfach nur ich sein."
Ich zog meine Nase hoch. „Freddie meint, es soll mir egal sein, was andere über mich denken, und dass ich nur ich sein soll. Aber ich habe keine Ahnung, wer ich bin. Die brave, perfekte Tochter? Die oberflächliche, beliebte Schülerin? Die Tochter eines Sängers und eines Models? Alle Menschen haben Erwartungen an mich, und ich hab das Gefühl, jeden zu enttäuschen. Ich kann das alles nicht mehr. Ich will doch nur ich sein."
Kenny gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Freddie hat Recht. Sei du, und wenn du noch nicht weißt, wer du bist, ist das okay. Neha, du bist 19. Niemand erwartet von dir, dass du schon weißt, wer du bist. Und selbst wenn du alle enttäuschst, dann fuck it. Solange du glücklich bist, ist alles andere egal." Er wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. „Du bist so verdammt stark."
Ich schaute ihm jetzt direkt in die Augen. „Weißt du, ich hasse dich so sehr. Was du mir angetan hast, ist unverzeihlich. Ich verabscheue dich." Kennys Augen spiegelten sich mit Traurigkeit. „Es tut mir leid." Ich schüttelte meinen Kopf. „Ich bin nicht gekommen, um deine Entschuldigungen zu hören, davon gab es schon mehr als genug." „Warum dann? Sei ehrlich, warum hast du nicht Bear oder Freddie angerufen oder fuck irgendwen anders? Warum hast du mich angerufen?" „Weil du immer in meinem Kopf bist, egal, was ich mache, du gehst mir nicht aus dem Kopf. Ich bin hergekommen, weil ich weiß, dass ich bei dir niemand anderes sein muss, du akzeptierst mich immer. Ich wollte Sicherheit, und ich weiß, du nimmst immer ab." Kenny blieb stumm.
„Ich hab wieder einen Freund", murmelte ich nach einer Weile. Kenny starrte mich entgeistert an. „Neha, scheiße, du solltest nicht hier sein." Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, sollte ich nicht." „Fuck." Er fuhr sich durch sein Haar und zog mich näher an sich. Ich kuschelte mich an ihn und schloss meine Augen. „Wir werden niemals irgendwem erzählen, dass ich heute Nacht hier war. Das ändert rein gar nichts. Ab morgen werde ich so tun, als wäre nichts passiert. Wir beide werden unseren Weg gehen und das alles vergessen. Denn ich hasse dich." Kenny küsste meinen Haaransatz. „In Ordnung."
Ich war schon im Halbschlaf, als ich hörte, wie er leise: "Scheiße, Neachen, ich hab versprochen, mich von dir fernzuhalten, aber wie soll ich das je schaffen?", vor sich hin murmelte. Das waren die letzten Worte, die ich hörte, bevor ich einschlief.
In den Armen meines Ex-Freundes.
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I'll wait for you (L.S)
FanfictionWillkommen im Jahr 2035. One Direction? Ist nach 25 Jahren so gut wie vergessen. Eine Reunion? Gab es nie. Larry? Wurde aus dem Internet verbannt. Die Jungs? Gehen ihren eigenen Weg. Und dann gibt es da natürlich noch die Kinder der früheren Boyban...