Die Hoe will was von meinem Freund

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12. Februar 2036

p.o.v Freddie

Ich weiß. Ich sollte ihn nicht beobachten. Ich weiß, ich sollte von Ian fernbleiben, aber es kam mir so falsch vor, dass er nicht mehr bei uns stand. Gut - ich verstand, warum er die Schnauze von mir voll hatte.

Aber ich - und nur ich - hatte mich romantisch gegen ihn entschieden. Wie es schien, hatte er sich jedoch gegen unsere ganze Freundesgruppe entschieden. Ich schaute zu Neha, die Ian auch mit traurigen Augen beobachte. Nein - Ian verhielt sich nicht fair. Ich hatte seine Abneigung und Ignoranz verdient, Neha aber ganz bestimmt nicht.

"Guten Morgen", begrüßte Holly uns jetzt und gab mir eine kurze Umarmung. Dann ging sie zu Bear, zupfte ihm kurz am Ärmel, flüsterte ihm etwas ins Ohr und die Beiden verließen unseren Kreis kommentarlos.

"Okay?", fragte ich verwundert an die anderen gerichtet und schaute ihnen hinterher. "Die Hoe will was von meinem Freund", zischte Elisa leise und brannte mit ihrem Blick Löcher in Hollys Rücken. Huch.

"Ich glaube, das ist etwas zu sehr spekuliert", meinte Neha beruhigend und zeigte auf die Beiden. "Schau, sie kommen schon wieder." "Ja, nachdem sie kurz hinter der Schulwand rumgemacht haben." Ich hob eine Augenbraue, manchmal nahm Elisas Eifersucht wirklich überhand.

"Wir haben sie doch die ganze Zeit gesehen?" "Das heißt gar nichts", grummelte sie weiter und erdolchte die Beiden praktisch mit ihrem Blick. "Also...", war das Erste, was Holly sagte, als sie wieder beim Kreis angekommen waren.
Drei Blicke lagen auf ihr. "Du fickst wieder mit Kenny?"

Mein Blick flog sofort zu Neha. "Bitte was?", rief ich und ihre Augen verengten sich. "Sagt wer?", fragte sie zischend. Holly grinste selbstbewusst. "Liam." Verwundert schaute ich zwischen meinen Freunden hin und her. Merkwürdig, das ganze hier.

"Liam?" "LIAM?!" Nehas Stimme überschlug sich. "So ein mieser Lügner!" "Er meinte nicht, dass du mit ihm geschlafen hast, er meinte nur, du warst mit Kenny weg."

"Wait, wait - ich glaube ich habe hier ein paar Kapitel verpasst. Wie, Neha ist mit Kenny weg gewesen? Ich dachte der Kuss an Silvester wäre 'ne einmalige Sache?", mischte Elisa sich jetzt ein.

"Scheinbar nicht", erwiderte Holly. Mein Kopf brummte. Es war zu früh am Morgen für so viel Drama.

"Ich war mit Kenny weg, aber nur, weil er mich praktisch genötigt hat." Bear runzelte die Stirn. "Und deshalb warst du bis weit nach Mitternacht unterwegs?" Neha biss sich auf die Lippe. "Und wenn schon, das geht euch nichts an", schob sie genervt hinterher.

Holly und Elisa wechselten einen Blick. Wer jetzt mit Bear ficken durfte oder wollte, war egal. "Und ob uns das was angeht, wir wollen dich nicht wieder am Boden sehen. Und Kenny hat dich genau dorthin gebracht. Der Typ ist schlecht für dich!" Neha fuhr sich mit der Hand durch ihr Haar.

"Denkt ihr, ich weiß das nicht selber? Aber es ist Kenny fucking West! Wie soll ich ihm denn widerstehen, wenn er mit mir Minigolf spielen geht und für mich da ist, wenn ich ihn brauch und wenn er mich niemals verurteilt und ich bei ihm einfach nur ich sein kann."

Ich tauschte einen Blick mit Bear und sah, dass auch er gerade ein bisschen überfordert war.

"Oh Gott, Mädchen, du stehst auf ihn." Neha warf Holly einen giftigen Blick zu, drehte sich dann um und stiefelte in Richtung Schule. "Ich will jetzt nicht darüber reden", hörte ich sie noch sagen, bevor sie außer Hörweite war. Während ich kurz meine Gedanken sammelte, zündete ich mir eine Kippe an und zog daran.

"Vielleicht solltet ihr Neha einfach ihre eigenen Entscheidungen treffen lassen, Kenny hat sie nie zu schlecht behandelt." "Er hat sie betrogen?!" "Wenn man davon absieht." Elisa verdrehte ihre Augen. "Seit wann bist du wieder auf Kennys Seite?"

Ich blieb stumm. Das war eine verdammt gute Frage. Warum hatte ich Kenny plötzlich wieder verteidigt? Nachdem er Neha betrogen hatte, hatte ich jegliche Bindung und allen Kontakt mit ihm abgebrochen, ich hatte meinen besten Freund und eine der wenigen Bezugspersonen einfach aus meinem Leben gestrichen, weil er Neha schlecht behandelt hatte. Warum verteidigte ich ihn jetzt? War Kenny mir unterbewusst wirklich wieder wichtig geworden?
So wichtig, dass es egal war, was er Neha getan hatte? Oder war es, weil Kenny einfach im Moment keine Andeutung machte, Neha wieder zu verletzen?

Fuck, ich musste unbedingt mal herausfinden, was genau er von Neha wollte, bevor ich hier irgendwen gutsprach. Mental fügte ich "Gespräch mit Kenny" als weiteren Punkt auf meiner To-Do-Liste hinzu. Das stand jetzt direkt unter "Gespräch mit Ian". Deshalb war ich hier.

Ich nahm noch einen weiteren Zug und trat meine Kippe dann aus. "Also, Abfahrt - Zeit mal wieder die Schule zu besuchen." Bear schaute mich angeekelt an: "Muss das sein?" Ich zuckte nur mit den Schultern. "Schwänz halt alleine?" Bear seufzte. "Nee, bockt auch nicht."

Kaum saß ich auf meinem Platz, reichte mir der Lehrer auch schon ein Blatt. So wie es aussah, schrieben wir wohl jetzt einen Test. Ich fluchte innerlich. Hätte mir auch keinen besseren Tag aussuchen können, um mal wieder in die Schule zu gehen.

Zum Glück war der Test nicht besonders schwer, einen Teil konnte ich mir herleiten, einen Teil schrieb ich bei Neha ab und bei allem übrigen improvisierte ich. Wie immer zog sich die Stunde ewig lang hin und alles, was ich machen konnte, war auf Ians bescheuerten, hübschen Hinterkopf zu starren, bis endlich seine Hand hochging und er fragte, ob er kurz aufs Klo dürfte. Endlich!

Ich wartete anstandshalber exakt 30 Sekunden nachdem er zur Tür raus war, dann meldete ich mich auch. Ich setzte mein bestes Lächeln auf. "Herr Tomlinson?" "Ich müsste auch aufs Klo." Von der Seite spürte ich Nehas kritischen Blick.

"Sie kennen doch die Regeln, Herr Tomlinson. Nur ein Schüler jeweils." "Gut - dann gehe ich trotzdem." Der Lehrer warf mir einen genervten Blick zu. "Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als Ihnen Nachsitzen aufzudrücken." Ich lachte auf. "Denken Sie wirklich, ich komme nachsitzen?" Er seufzte und wandte sich mir nun doch ganz zu. "Nein." "Wäre es dann nicht leichter für Sie und sowieso für mich, wenn Sie mich einfach kurz auf's Klo lassen würden?"

Ich glaubte, in meinem ganzen Leben noch nie so entnervt angeschaut worden zu sein, bevor er einfach nur mit der Hand winkte und murmelte: "Gehen Sie schon, Hauptsache, ich kann meinen Unterricht fortführen."

Zufrieden sprang ich auf und lief nach draußen. Wie ich es mir schon gedacht hatte, erwischte ich Ian nicht mehr vor den Toiletten. Deswegen öffnete ich mit einem lauten Schlag schwungvoll die Tür zu diesen und trat sehr dramatisch ins Herrenklo ein. Ian zuckte bei dem Schlag zusammen und drehte sich erschrocken um.

Seinen Schwanz hatte er dabei noch in der Hand.

I'll wait for you (L.S)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt