"Seine Mate?" der fremde horchte auf. Seine Stimme klang schlagartig interessierter als zuvor. "Ich habe keine Mate!" knurrte Ace aufgebracht. Natürlich wusste ich das er das sagte um mich zu schützen, aber irgendwie schmerzte diese Aussage doch kurz. "Ich habe sie vorher kennen gelernt." sprach Lucian Seelenruhig weiter, während Ace kurz davor war zu explodieren. Er wollte sich am liebsten auf ihn stürzen. "Sie ist Menschlich." Der Atem von Ace ging schwer, er versuchte die Kontrolle aufrecht zu erhalten, dabei musste er mit sich kämpfen. "Eine Mate..." der fremde klang interessiert. "Und dann auch noch Menschlich. Mein Meister, möchtet ihr das ich...?" er musste seinen Satz offensichtlich nicht beenden, da der Wolf bereits seine Antwort gegeben hatte.
Von einer Sekunde auf die andere passierten viele Dinge auf einmal. Ich hörte wie die Person anfing zu rennen. So schnell das seine Schritte auf dem Kies nicht mehr zu hören waren. Er schien darüber hinweg zu fliegen. Ace drehte seinen Oberkörper zu mir und riss mich blitzartig an seine Brust. Seine Arme umschlangen meinen Körper und er knurrte ins Leere. Ein ruck ging durch meinen Körper als er mich nach vorne riss, um mich besser schützen zu können. Noch im selben Moment, als der fremde hinter uns auftauchte, sprang er zur Seite. Seinen Rücken richtete er in die Richtung einer Baumgruppe, um diesen zu decken.
Dann standen wir da. Wie auf dem Präsentierteller. Der fremde, den ich nun das erste mal richtig sehen konnte, musterte mich mit einem bösartigen grinsen auf den Lippen. Er war alt. Bestimmt um die 54-55 Jahr. Eine breite Narbe zierte seine rechte Wange. Von der Statur her war er für sein alter noch recht muskulös, doch sein Bierbauch ruinierte den gesamt Eindruck. Seine Haare waren schwarz, mit grauen strähnen und stand ihm verzottelt und verfilzt vom Kopf ab. Mein Herz klopfte aufgebracht, als ich den stechenden Blick seiner Augen auf mir wahrnahm. Zwei Arme schlangen sich so gut es ging um meinen Körper, um mich vor ihm abzuschirmen. Jetzt nicht einknicken! Bleib standhaft. Ich muss zeigen das ich keine Angst vor ihnen habe. Ich zeige ihnen das ich sie umbringen werde!
"Was nun, mein Meister?" Der Mann und Lucian drehten die Köpfe und sahen in eine besonders dunkle Ecke. Langsam folgte ich ihren Blicken mit meinen Augen. Ein Knurren ertönte aus der Dunkelheit. Ich fasste all meinen Mut zusammen und fragte "Wer seit ihr?" Erstaunlicherweise klang meine Stimme fest und auffordernd. Gut gemacht, Alicia. Lobte ich mich selbst. "Mein Name ist Marduh." ein Schauer lief mir den Rücken herunter. Doch nicht etwa der Marduh? Das konnte doch nicht wahr sein? Wurde ich denn vom Pech verfolgt. Doch ich durfte mir das nicht anmerken lassen. Ich holte tief Luft straffte so gut es ging meine Schultern. "Achja? Und wer ist dein Haustier da?" ich deutete auf den Schatten. "Traut sich nicht einmal sich zu zeigen. Ist vermutlich schüchtern oder hässlich. Vielleicht auch beides." Bald wird mich meine große Klappe umbringen. Doch so wie ich das sehe waren unsere Chancen unversehrt dieses Gespräch zu beenden sowieso gering. Das bestialisch laute knurren, war wohl ein Zeichen das ich ihn wütend gemacht hatte. Angespannt beobachtete ich die Dunkelheit. Ein Monster kam langsam Stück für Stück aus dem Schatten heraus. Große schwarzen Pfoten mit Klauen daran bohrten sich in die Erde und hinterließen tiefe Löcher. Das Biest war gigantisch. Er hatte verfilztes Fell, an einigen Stellen fehlten sogar einige Büschel und eines seiner Ohren schien eingerissen. Ein ungutes Gefühl machte sich bei seinem Anblick in meinem Bauch breit. Wie hypnotisiert starrte ich in diese rot glühenden Augen. Da geschah es. Es kam wie ein Blitzschlag in meinem Kopf. Plötzlich und schnell. Auch wenn die Zeit für mich sich anfühlte als wäre sie angehalten worden. Eine Träne bahnte sich den Weg meinen Augen als ich mich unfreiwillig zu erinnern begann.
Ein Viech, größer als eine Kuh baute sich da vor unserem Fenster auf. Mit Zähnen so scharf wie Rasierklingen und blutroten Augen. Sein Fell war widerlich ungepflegt und ihm fehlte ein Stück Ohr. Aus seinem Maul tropfte Speichel und... Blut. Das Vieh war gefolgt. Es war durch unser Fenster gesprungen, das ohnehin kaputt war, ins Licht. Damals konnte ich es das erste mal richtig sehen. "W..w..w..waaaaaaahhhh!" mein eigener Schrei klingelte auch jetzt noch laut in meinen Ohren wieder. Ich erinnerte mich daran wie es etwas im Maul gehalten hatte. In seinem Maul hielt es eine Hand. Eine Menschliche Hand. Mit einem Ring an dem Finger. Dem Ring meiner Mutter.
Ich erinnerte mich daran, als würde ich es erneut durchleben müssen. Wimmernd wollte ich zunächst meine Augen zusammen pressen, doch dann viel mir ein wieso ich jetzt die bin, die ich heute war. "Ich bringe dich um!" schrie ich und der Schmerz in meiner Stimme war nicht zu überhören. "Ich bringe dich um!" wiederholt ich mich und versuchte mich von Ace loszureißen, der nun mühe hatte mich bei sich zu behalten. Ich setzte alle meine Kraft ein, doch zum Glück war er Stärker als ich. "Alicia," hauchte er leise und streichelte vorsichtig über meine Wange "beruhig dich." es war faszinierend wie schnell seine Stimme sich auf mich angepasst hatte. Wie anders er mit mir sprach, obwohl er selbst kurz davor war etwas schlimmes zu tun. Er wusste nicht warum ich kurz davor war meinen Verstand zu verlieren, aber er verhinderte weiter tapfer das ich aus seinen Armen heraus glitt. "Alicia also." Marduh leckte sich über die Lippen, blickte seinen Meister an und sah dann wieder zu mir. "Ich verstehe." murmelte er. Ruckartig schoss sein Körper auf uns zu. Im selben Moment stürmten auch Lucian und der Bastard Wolf auf uns zu. Ace griff verstärkte sich um meinen Körper herum, wenn er noch etwas mehr zudrücken würde, würde er mir die Luft abschnüren. "Vertrau mir." murmelte er an mein Ohr, packte unter meine Kniekehlen und Arme. So riss er mich empor, blickte mich noch einmal kurz an. Und dann warf er mich. Er warf mich verdammt noch mal! Schreiend vor Schock sauste mein Körper durch die Luft. Ich ruderte mit den Armen und Beinen und wollte mich irgendwie abfangen, doch da landete ich schon auf dem Dach des Gebäudes. "Ugh!" schnaufte ich auf. Mein Po hatte mich zum Glück gut abgefedert, doch selbst wenn er mir weh tat, ich hatte keine Zeit mich darum zu sorgen. Ich krabbelte auf allen vieren zum Dach ende und starte hinab. Erschrocken musste ich beobachten wie sich drei Wölfe bis auf's Blut bekämpften. Dieser Bastard, der meine Mutter ermordet hatte stand unbeteiligt am Rand. Sein Kopf war fest auf das Dach gerichtet und seine Augen beobachteten jede meiner Bewegungen. Am liebsten würde ich nach unten springen und ihn angreifen, doch ich hatte keine Waffe. Es fand sich nun mal auch nichts nützliches auf einem Dach. Fiebrig löste ich meinen Blick von ihm und versuchte auszumachen wer von ihnen Ace war. Doch die Mischung aus Fell machte es mir nicht leicht überhaupt herauszufinden wo ein Wolf anfing und der andere aufhörte. So sehr hatten sie sich ineinander verbissen.
Ein kratzen ertönte unter mir. Das Monster versuchte an der Fassade nach oben zu gelangen. Seine Klauen schlugen sich in das Holz, doch er schaffte es nicht sein Gewicht zu halten, sobald er an der Hauswand hing. So sprang er einige male nach oben, bis er es aufgab. Zähne beleckend lief er vor mir auf und ab.
Vorsichtig lehnte ich mich über die Kante. "Ich will wissen ob du dich an mich erinnerst?" ich sah ihm so fest in die Augen wie ich konnte. Ich musst es wissen. Zuerst kam keine Reaktion und ich dachte ich hätte den falschen erwischt. Doch dann sah ich wie der Wolfskopf nickte. Schockiert schlug ich mir die Hand vor den Mund, als ich erkannte wie sich sein Maul in typischen menschlichen Zügen, zu einem hämischen grinsen verzog. Er wusste es. Er wusste es.
Zornig und voller abgrundtiefen Hass ballte ich meine Hände zu Fäusten zusammen. Gerade als ich meinen Verstand verlor und hinunter springen wollte, hörte ich ein schmerzerfülltes Jaulen. Ich wand meinen Blick augenblicklich ab. Mein Herz raste vor Besorgnis.
Auf der Erde lag ein großer brauner Wolf. Seine Kehle hing ihm aus dem Hals heraus. Seine Augen waren geschlossen, die Zunge viel aus dem Maul heraus. Angespannt beobachtete ich wie sich der tote langsam zurück verwandelte. Erleichtert atmete ich aus als ich Lucian erkannte der tot auf der Erde lag. Das hatte er verdient, der Verräter. Nun kämpfte Ace nur noch gegen einen schäbig aussehenden Grauen Wolf, der dennoch ziemlich stark zu sein schien. Ich war so fokussiert auf den Kampf, das mir etwas wichtiges entging.
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Wolves
WerewolfAlicia wurde durch den Mord an ihrer Mutter zu einer Jägerin. Gemeinsam mit einem guten Freund macht sie sich auf diese Suche nach der Kreatur die ihre Mutter tötete. Einem Werwolf. Doch nicht alles was Zähne hat beißt.