XLII

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Mit trockenem Mund und verschränkten Beinen saß ich auf dem Bett. In meine Gedanken versunken wie der Anker eines Schiffes der sich in den tiefen Sand des Meeres schlägt. Wie ein Sandsturm drehten sich meine Gedanken um sich selbst und zerteilten sich in Millionen einzelner Fragen, die mir keine Ruhe mehr ließen. Jedes noch so kleine Sandkorn bohrte sich unter meine Haut und hinterließ einen brennenden wunden Punkt. Es gab kein wirklich spezielles Thema, um das ich kreiste. Die kleinsten Peinlichkeiten meiner Kindheit oder Jugend ploppten in meinem Kopf nacheinander auf und machten sich über mich lächerlich. Die neusten Fehler und mein Versagen blickten lachend auf mich herab. Es kam mir vor als würden meine jüngeren Versionen mit dem Finger auf mich zeigen. "Was für eine Versagerin!" "Kann sie nichts richtig machen?" 

Raus aus meinem KOPF! Verschwindet! Lasst mich in Ruhe. Ich will allein sein!

"Du bist alleine. Warst du schon immer. Niemand möchte etwas mit einer Versagerin zu tun haben."  Wieder hallte dieses Lachen durch meinen Kopf, das mein eigenes war.

"Ich bin keine Versagerin." Flüsterte ich leise vor mich hin, so als müsse ich mein innerstes wieder davon überzeugen. Es wieder in die Spur lenken. "Doch genau das bist du. Eine Jämmerliche Versagerin, die ihren Freund im Stich gelassen hat. Den Clan."

"Sei still, sei still! Sei still verdammt!" Ich presste meine Knie an meine Brust und umklammerte sie fest. Ich kann nichts dafür. Das war alles nicht geplant gewesen. Nicht so.

Verzweiflung hatte sich schon lange in mir breit gemacht. Und seine Worte....fügten dem Schmerz den richtigen Antrieb hinzu.
Am liebsten würde ich alles hinwerfen. Hinschmeißen und abhauen. Nicht zurück blicken und diese dämliche Mission vergessen. Meinen Kopf legte ich niedergeschlagen auf meine Arme. Aber ich musste stark sein. Ich hatte es damals geschworen und ich musste an meinem Schwur festhalten. Ich würde nicht eher ruhen bis ich meine Mutter gerächt hatte. Dafür musste er nur sterben. Nicht einmal er, eher sein Vater und im Anschluss würde er mich wohl eh nicht mehr bei sich haben wollen. Also freiwillig wegschicken. Klammerte ich mich an diese Hoffnung, würde ich das schon alles irgendwie hinbiegen. Energisch straffte ich meine Schulterblätter. Richtete meinen Körper auf und zog den Kopf wieder in die Höhe. Meinen Rücken drückte ich nach vorn. Diese aufrechte Haltung motivierte mich tatsächlich. Die negativen Gedanken fegte ich fort. 

Mit einem Satz sprang ich vom Bett herab und begann damit mich aufzuwärmen. Ich streckte Arme und Beine durch bis meine Knochen knackten und versuchte die Zimmerdecke zu erreichen. Im Anschluss beugte ich mich soweit mit dem Oberkörper hinab, das meine Fingerspitzen den Boden berührten. Seit meiner Verletzung viel es mir nicht mehr ganz so leicht wie zuvor.  Zu beginn kam ich nicht mal mehr mit den Fingern an meine Knie. Es war sehr mühsam gewesen mich wieder auf diesem Niveau zu bewegen. Doch längst war ich noch nicht am Ziel, das würde wohl noch eine Zeit dauern. Zumindest was meine Dehnbarkeit anbelangte. Meine tägliche Routine aus Sit-Ups, Liegestütz, Planke und Klimmzügen die ich mühsam am Schrank vollzog, klappte einwandfrei. 

Nachdem ich eine Zeit wie wild trainiert hatte, ließ ich mich wieder auf das Bett plumpsen. Schweis überzog meine Haut, kühlte meinen leicht erhitzten Körper ab. Da spürte ich plötzlich einen leichten Druck auf meiner Schulter.

Mit einer Handbewegung versuchte ich diesen unangenehmen Druck beiseite zu wischen. Doch die Hand die auf mir lag, wollte das wohl nicht. Der Griff verfestigte sich sogar etwas. Nun könnte man durchaus davon ausgehen das diese Hand zu niemand geringerem geöhrte als diesem Oberarsch, der sich eventuell bei mir entschuldigen wollte, doch dem war nicht so. 

Als ich mich umdrehte, traute ich jedoch meinen Augen nicht. 

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