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Etwas stimmte nicht. Gerade hatten noch die Vögel mit ihrem lästigen Gezwitscher den Wald erfüllt, doch innerhalb Sekunden schien es toten still geworden zu sein.
Das einzige Geräusch im Wald schien mein unruhig pochender Herzschlag zu sein.
Nervös wollte ich nach unten greifen, an mein Bein, an dem sich normalerweise ein Messer befunden hätte. Wie gesagt, unter anderen Umständen, doch nun befand sich dort nichts weiter als Stoff. Verärgert blickte ich mich um. Mein gefühl sagte mir das ich dringend eine Waffe benötigte.
Leise knackende Äste machten mich misstrauisch. Hinter mir schien sich etwas im Wald zu bewegen. Etwas das groß genug war um sämtliche Tiere im Umkreis dazu zu bringen abzuhauen. Ich würde mich selbst belügen wenn ich mir einredetete das ich nicht wüsste was es war, denn das tat ich. "Fuck!"
Wie in Zeitlupe drehte ich mich nach hinten. Ich wollte ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber treten um ehrenvoll zu sterben.
Ich erblickte den großen Wolf mit dem zerfelderrten Fell, eine abscheuliche Kreatur ohne jeden Glanz. Meine Hand zitterte während ich mich beugte um nach einem Stock zu greifen. Lächerlicherweise wusste ich schon das ich so gut wie tot war, mit oder ohne diesen halb vertockneten Zweig. Was wollte ich damit bezwecken?
Dennoch hielt ich mich an diesem Ast fest, während ich langsam umzingelt wurde. ich spürte das sie mich gleich angreifen würden. Ihre Körperhaltung verriet sie. Sie waren angespannt zu einem Sprung bereit, die Klauen ausgefahren. 
Es waren fünf Werwölfe die mich einkreisten. Der größte und abscheulichste kam auf mich zu. Seine Zähne gebleckt. Würde er mich nun töten?
Ich rechnete fest damit.
Er kam auf mich zu, zerbrach den Stock zwischen seinen Zähnen wie einen einfachen Zahnstocher. Damit hatte ich gerechnet.
Das Vieh befand sich nun direkt vor mir, dann spürte ich einen gewaltigen Schmerz. Ruckartig hatte er seine Zähne in meine Schultern geschlagen.





_____

Angespannt nagte ich an meinen Fingernägeln. Wie lange würde der Kampf noch gehen? Arya hatte mir berichtete das sie spüren konnte das alles nach Plan zu verlaufen schien. Die Jäger hatten sich wohl den Wölfen angeschlossen. Sie meinte das sie mit einem der Wölfe in Gedanklichen Kontakt stünde. dieser schickte ihr die Bilder und Informationen die sie brauchte. Sie erklärte mir die Funktion eines solchen Rudelmitgliedes. "im Grunde kämpft dieser Wolf nie mit. Er beobachtete den Kampf und sichert informationen über den Gegner, die er später weitergeben kann. Meistens sind es ältere Wölfe die ohnehin keinen Zweck mehr im Kampf hätten. Sie halten sich bedeckt und reichen den Hinterbliebenen daheim die Ereignisse weiter. Sehr zweckdienlich." Von dieser Funktion hatte ich nichts gewusst, vermutlich gab es noch mehr Dinge von denen ich nichts wusste. die Wölfe schienen mehr zu verbergen als man es auf den ersten Blick ahnte. Zudem waren sie wirklich äußerst Organiesiert.

Ich war seit der Information von Arya etwas weniger angespannt, da sie mir versicherte das es Ace gut zu gehen schien. Auch das wir den Kampf gewinnen würden.
Mit diesem Wissen abgesichert teilte ich mir einen ruhigen Platz mit Seth, etwas abseits vom Lager. Ich schloss die Augen und lauschte in den Wald hinein. Das zwitschern von Vögeln erfüllte den Tag. Kaum zu glauben das es hier so herrlich idyllisch war, doch gerade ganz in der Nähe zum selben Zeitpunkt ein Kampf tobte.
Immer wieder ballte ich meine Hände in meinem Schoß zu einer Faust und wieder auseinander. Ich weiß nicht warum ich nach all der guten Nachrichten die mir Arya übermittelt hatte, immer noch so nervös war. In meinem inneren war ich viel zu aufgewühlt für die Tatsache das wir zu gewinnen schienen. Es war als wüsste ich das etwas schreckliches passieren würde. Eine dunkle Vorahnung in meinem Körper die mich dazu drängte einen sicheren Platz aufzusuchen, statt mitten in einem Stück Wald zu sitzen, mit nichts das mich schützen konnte.
Fluchend blickte ich nach hinten Seth stand da, an einen Baum gelehnt und scannte mit seinem Blick die Gegend ab. Er wirkte ruhig, ganz anders als es mir erging.

"Seth?" er löste seinen Blick von einigen Objekten in der Ferne und sah mich fragend an. "Glaubst du den anderen geht es wirklich gut?" Er musterte mich nachdenklich wobei er den Kopf leicht schräg legte. "Ja, wieso fragst du?" Ich kannte diesen Mann genauso wenig wie ich die anderen hier kannte, dennoch glaubte ich ihm Vertrauen zu können. "Ich habe ein ungutes Bauchgefühl." murmelte ich leise. Besorgt blickte ich ihn an. Sein Interesse schien begrenzt, solange bis er in meinen Augen zu lesen schien das es mir ernst war. Daher versuchte er in einem vorgetäuschten beruhigenden Ton mit mir zu sprechen. "Das ist die Anspannung, aber ich kann dir versichern das es allen gut gehen wird. Du hast doch gehört was Arya uns übermittelt hat." Er blieb sachlich.  Seufzend stand ich auf. In der Nähe floss irgendwo ein dünnes rinnsal. Ich konnte das plätschern des Wassers nur zu gut hören. "Hab ich." ich ging an ihm vorbei, dem Geräusch nach. Seth machte bereits anstalten mir zu folgen, als ich mich umkehrte und ihn mit der Geste meiner Hand stoppte. "Wenn es so ist, dann lass mich bitte kurz mit meinen Gedanken alleine." Für einen Moment schien er zu zögern. "Aber ich habe den Befehl von..."

"Ace. Ich weiß. Aber du sagtest sie gewinnen. Wie ich das sehe ist es nicht gefährlich für mich wenn ich einen Augenblick alleine, an diesem Fluss, nachdenke." Nun war ihm abzulesen das er meine Idee nicht wirklich gut hieß, aber da er mir auch Sicherheit vorgaukeln wollte rang er sich dazu durch mir ein paar Minuten für mich zu geben. "Wenn etwas ist: Schrei. Ich bin hier, geh nicht zu weit. Ich sollte dich noch hören können." Nickend lief ich an ihm vorrüber. "Werde ich." Dann verschwand ich hinter den Bäumen.

Der Fluss war ganz in der Nähe. Nun, eigentlich war es ein kein wirklicher Fluss. Es war ein schwaches Rinnsal, das von dem Fluss stammte der weiter unten die Schlacht zu unseren Gunsten bestimmte, indem er die anderen davon abhielt abzuhauen. Nachdem ich einige Minuten gegangen war, setzte ich mich auf einen flachen Stein und betrachtete das Wasser.
Ich dachte nicht wirklich nach. Meine Gedanken waren wie leer gefegt. Worüber sollte ich auch nachdenken? Mir wurde versichert es ging allen soweit gut. Also bestand kein grund zur Sorge.
Das leise plätschern beruhigte meinen aufgebrachten Magen.
Eine Weile besah ich mir den kleinen Bach, wie er sich durch die Erde kämpfte und kleine Kurven um die Steine herum machte. 
Das Bild war tatsächlich gut für meinen aufgewühlten Geist. Ruhig und gelassen.
Zumindest solange bis das Abbild des ruhigen Wassers, durch eine seltsame farbspur gekennzeichnet wurde.
Zitternd erhob ich mich und kniete mich vor das Wasser.
Stück für Stück veränderte sich das klare Wasser, bis es schlussendlich vollkommen eingefärbt war. Mein Herzschlag stoppte.
Dies war Blut! Die rote Farbe im Fluss stammte von den Werwölfen weiter unten am Flussufer. Dort wo der Bach breiter war. Einige mussten dort umgekommen sein. Nun tränkte ihr Blut das Wasser.
Mir lief ein Schauer den Rücken herunter. Zwei Stunden Fußmarsch entfernt starben dutzende Werwölfe. Es musste so sein. Nur eine große anzahl konnte den Fluss bis hier her rot einfärben.
Es schüttelte mich bei der bloßen Vorstellung der Anzahl von übernatürlichen Wölfen die sich bekämpften. Es waren so viele mehr als ich jemals geglaubt hatte.

Schockstarre breitete sich in meinem Körper aus und ließ diesen kurzerhand erzittern, bevor sich meine Beine selbstständig machten. So schnell es mir möglich war floh ich von dem rot gewordenen Fluss, tiefer in den Wald als ich es beabsichtigt hatte.

Ich fand mich mitten im nirgendwo wieder. Verärgert über mich selbst, über meine übertriebene Reaktion.
Wenn ich immer wieder solche übertriebenen reaktionen zeigte, würde mir das noch irgendwann schwierigkeiten bereiten.
Als ich mich um blickte um mich zu orientieren, viel mir auf das es in diesem Teil des Waldes das Wort Stille, eine ganz neue Bedeutung zu haben schien. Nur mein leiser Herzschlag schien sich hier Gehör zu verschaffen. Irritiert darüber, dass es in einem Wald so leise sein konnte, hielt ich einen Moment inne. Ich schloss die Augen und fing den Moment der Ruhe ein, so gut ich es konnte.

WolvesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt