LXXXII

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Voller Hass blickte er mir entgegen und das schon seit mehreren Minuten. Was genau hatte er auf einmal? Doch dies sollte ich gleich erfahren.

Langsam erhob er sich. Die Papiere in den Händen haltend. "Ruhe." Niemand schien ihn zu hören, zu sehr waren sie damit beschäftigt miteinander lauthals zu streiten. Da erhob er seine Stimme und brüllte die Worte um einiges Lauter, sodass jeder im Raum erstarrte. "RUHE VERDAMMT!"  Tatsächlich schienen sie sich alle zu fassen und ruhiger zu werden. Diejenigen die aufgestanden waren nahmen wieder Platz und blickten ihn an. Seine Augen fixierten mich als er zu sprechen anfing. "Alicia Grey, hiermit werden sie aufgrund von Beihilfe an den Morden unschuldiger, sowie Betruges am eigenen Land und Clan, zu Lebenslangem Gewahrsam verurteilt." Ich erstarrte.
"WAS?" brach es aus mir heraus. Was ging hier vor sich?
"Was soll das?" Ohne Wiederworte oder kurzem zögern drängten sich einige Wachen nach vorne und packten mich grob an den Armen um mich von den Stühlen zu reißen. Ungläubig starrte ich Dean und die anderen an. Dean schien auch nicht so recht zu verstehen was mit einem mal vor sich ging. Da halfen meine Hilfesuchenden Blicke auch nicht weiter. "Was soll das?" schrie ich erneut und sah den obersten dabei fest in die Augen. "Ich habe ein Recht darauf es zu erfahren!" 

Der oberste stand auf und schwenkte das Protokoll. Mir wurde flau im Magen, dabei hatte ich doch eigentlich nichts zu befürchten. "Ihre Geschichte was bis auf ein paar Ausnahmen wirklich sehr schlüssig. Und ich muss zugeben das ich ihnen, wie alle anderen hier, geglaubt habe. Bis Sie sich hiermit selbst verraten haben." Ich verstand nicht was er meinte und lehnte mich erneut gegen ihn auf. "Ich habe ihnen Informationen gegeben, die sonst keiner hat. Niemals habe ich jemanden ermordet! Was zum Teufel sind das für Behauptungen?" 

"Wie ich diesen Dokumenten entnehmen konnte, arbeiten sie mit den Werwölfen zusammen. Folglich haben Sie Beihilfe zum Mord geleistet. Jeder Mensch der durch die Hand eines Werwolfes starb, starb auch durch Deine Hand." sagte er kühl und weckte die Aufmerksamkeit aller. Mit einen Mal war alle Höflichkeit und jede Floskel verflogen.

"Was für Absurde Behauptungen?" fauchte ich. "Soll das ein Scherz sein? Das würde ja wohl heißen, dass jeder Mensch Beihilfe zum Mord geleistet hat, wenn jemand einen Mord begeht." Ich spürte das ich jetzt noch die Zustimmung einiger Ratsmitglieder inne hatte. Auch diejenigen die meine Arme festhielten ließen etwas lockerer. Ich wog mich schon im Sieg, als der oberste zu einem vernichtenden Schlag ausholte. "Im Protokoll vom 23.06.2021., für alle die es nicht wissen das war vor fünf Tagen, wird folgendes festgehalten: Anwesende der Rudelversammlung: Larcade Solas; Alpha,  Acenthiel Solas zk. Alpha, Sam Norwiq, zk. Beta, León Vega; Beta, Massimo Vega, Lea Carolin, Loki Ulies. Es folgen weitere Namen, die ich nun nicht alle vorlesen werde. Sie sollten jedoch den Namen Acenthiel Solas im Kopf behalten, meine verehrten Ratsmitglieder." Fragend starrte ich den Obersten an. Was wollte er hier gerade bezwecken? "Ein Abschnitt aus folgendem Text lautet wie folgt: Unser Alpha schlägt vor das wir in Zukunft die Grenzlinien festigen und mehr Leute zu deren Verteidigung einberufen. Die Befürchtung des Alphas begründet sich darauf, dass der Feind sein Lager bereits in der Nähe aufgeschlagen hat. Wir gehen von Drei bis Vier Tagen Autoreise aus. Offensichtlich hat Sie bis zu diesem Punkt nicht gelogen, sondern die Wahrheit gesprochen. Das macht das kommende jedoch nur noch schlimmer. Hören Sie nun gut zu Herrschaften!
Alpha Solas rechnet damit, das sie in den nächsten Wochen oder schon Tagen, angreifen werden. Unter anderem geht er davon aus das sie es auf seinen Sohn und dessen Seelengefährtin abgesehen haben könnten. Die Vermutung liegt nahe das sie Sie als Schwachstelle in unserem Rudel ausnutzen werden.
Die Mitglieder der Versammlung gehen von Rachedurst als Motiv aus. Dennoch ist nicht auszuschließen das auch unser Alpha selbst das Ziel sein könnte." Mir stockte der Atem kurz dachte ich das mein Name fallen würde und war in Panik geraten. Nervös biss ich mir auf die Innenseite meiner Wangen. Ich hatte den Bericht nur bis zu einem gewissen Punkt überflogen. Diese letzten Seite hatte ich ganz ausgelassen. Sie schienen mir nicht wichtig. "Des weiteren gehen Alpha Solas und Beta Vega davon aus das ER das Rudel zurück übernehmen möchte, nachdem er verbannt wurde. Sein Ziel ist es uns zu vernichten oder zu unterwerfen. Eine andere Möglichkeit auf eine z.b. friedliche Lösung, wird es kaum geben. 7 der 10 Mitglieder dieser Versammlung sind daher für die Stärkung der Grenzen, um einen Überraschungsangriff zu verhindern. Hier steht leider nirgends wer ER ist. Doch ich habe das Gefühl das ich diese Information so oder so bald haben werde." Ein Schauer dunkler Vorahnung krabbelte wie dutzende Ameisen über meinen Rücken.  "Wir schließen hierzu einen Zusammenhang mit dem Vorfall bei den Festlichen Aktivitäten des Sancria Festes mit ein. Auf dem Fest wurde die Seelenverwandte des zukünftigen Alpha angegriffen und verwundet als Sie von einem Dach in die Tiefe stürzte. Vorrangiger Weise war Acenthiel Solas Ziel des Angriffes, bis sie herausfanden das er eine Seelengefährtin hat. Durch diese Information änderte sich ihr Ablauf. Sie griffen die Frau an. ER gab sich ihr sogar zu erkennen.
Nun ist zu erwarten das diese Art von Angriffen, taktischem Vorgehen, erneut geschehen könnte. Daher gibt unser zukünftiger Alpha Acenthiel Solas zu, in dem Konflikt zu stehen sich um sein Rudel aber auch um seine Mate zu sorgen. Mit dem Vorschlag seines Vaters, dem Alpha, stimmt er daher nicht mit überein. Acenthiel legt mehr Wert darauf das mehr Wachen im Dorf bleiben um seine Gefährtin, Alicia Grey, zu schützen." Fuck. War das erste was mir in den Sinn kam. Ich bin tot. Das zweite was mir in den Sinn kam. In seinem letzten Satz auf diesem Papier, schaufelte er mir das Grab. Wer auch immer dieses Protokoll angefertigt hatte, ich würde ihm den Kopf zurecht stutzen müssen.
Meine Pupillen waren nun voll Angst und Schock geweitet. Vorsichtig blickte ich zu Dean hinüber der mich anstarrte als wäre er zutiefst gebrochen. Diesen Blick konnte ich nicht aushalten, ich musste woanders hinsehen. Es fühlte sich an wie wie Schlag ins Gesicht. Doch die Blicke der anderen Ratsmitglieder waren auch nicht viel besser. Mir rollte so langsam der Schweiß über die Stirn. Nun wussten sie es und ich Idiot hatte ihnen die Beweise selbst geliefert. Warum hatte ich diesen Mist nicht zuerst richtig durchgelesen? Erstarrt wartete ich darauf das sie über mich herfielen und mich zerfleischen würden.
"Schafft Sie mir aus den Augen!" Die Griffe waren augenblicklich wie Zement um meine Arme. "Dennoch müssen wir der Schlange für ihre Informationen danken." 

"Wohin bringt ihr mich? Ich wollte nur helfen!" ich versuchte mich von meinen Wachen loszureißen. "Dean! Sag es ihnen! Sag ihnen das ich keine Gefahr für den Clan bin!" Doch er wand sich nur von mir ab. Diese Geste brach meine Mauern und Tränen flossen mir über das Gesicht. "Ich hab mir das doch nicht ausgesucht!" schrie ich verzweifelt. "Dean du weißt das! Er kam einfach und hat es beschlossen. Ich hatte kein Mitspracherecht! Sag ihnen das! Dean!" Doch er schwieg. Sagte kein Wort mehr. Zitternd vor Trauer sackte ich in mich zusammen. Dennoch wurde ich einfach aus den Hallen geschliffen. Die Leute draußen vor den Türen, in den Fluren, sahen uns fragend hinterher. In einem letzten aufbäumen schrie ich noch einmal nach Dean, doch da war er längst außer Sichtweite. 

Die Wachen warfen mich in einen Raum der noch schlimmer aussah als mein altes Zimmer hier. Ich knallte auf meine Knie und blieb so auf dem Betonboden sitzen. Noch immer konnte ich nicht fassen wie sich das ganze entwickelt hatte. Ich hatte helfen wollen und nun saß ich in einem tristen farblosen Raum. Ein Gitterbett, das uralt zu sein schien, stand an der Wand. Dies und eine Toilette. Mehr gab es hier nicht. 

Tief durchatmen Alicia. Beruhige dich. Ich wischte mir zunächst einmal die Tränen mit dem Handrücken beiseite, dann stand ich auf und setzte mich auf das Bett. Es quietschte als ich mich niederließ und löste somit direkt eine neue Heulattacke bei mir aus, bei der ich mich nicht so schnell beruhigen konnte. 

Ich weiß nicht wie lange ich hier alleine eingesperrt war, doch als sich endlich die Tür öffnete hoffte ich auf ein Wunder. Darauf das die Person die Eintrat mir verkündete das alles ein Irrtum sei und ich gehen dürfte. Doch das geschah nicht. Die Personen die eintraten waren zwei Ratsmitglieder. Zitternd sah ich sie an, wollte schon zu einer Erklärung ansetzten, doch sie unterbrachen mich. "Du wirst uns jetzt ein paar Fragen beantworten." unwillkürlich schnell nickte ich. Wenn mir das half hier heraus zu kommen. Die Tür viel hinter den Jägern ins schloss. 

Ich schrie auf. Jede ihrer Fragen die ich nicht beantworten konnte, wurde damit gestraft das sie mir einen Schlag ins Gesicht verpassten. Oder einen tritt in den Bauch. Zu meinem Pech konnte und wollte ich ihnen keine ihrer Fragen beantworten. Daher lag ich zerschunden am Boden und schaffte es kaum mehr mich zu rühren. Sie versuchten Dinge über die Alphas aus mir heraus zu prügeln. Ihre Schwachstellen und Taktiken, doch meine Lippen blieben versiegelt. Bis auf einige Schimpfwörter und Hasstiraden. Meine Lippen waren aufgeplatzt und ich spürte das mein Auge allmählich anschwoll. Mit zittrigen Fingern wollte ich diese Stelle berühren, doch sie stießen meine Hand von mir. Ihre Füße trampelten auf meinen Fingern herum bis sie taub waren.

Meine eigenen qualvollen schreie klangen noch Stunden lang in meinen Ohren nach. Schwitzend hatte ich es irgendwie geschafft mich auf das Bett zu hieven. Dort lag ich nun, atmete schwer vor mich hin. Meine Sicht war vollkommen verschwommen und ich konnte nicht mehr klar denken vor Schmerz. Alles sah aus wie durch einen weißen Schleier betrachtet, den mir jemand auf das Gesicht drückte. 

Ich musste unweigerlich Husten, Blut spritzte über meine Lippen hinaus. Verdammt! Krächzend wollte ich um Hilfe rufen, doch ich wusste sie würden nicht kommen. Also sparte ich mir die Kraft. Es wäre wohl am besten wenn ich für einen Augenblick die Augen schließe und mich erhole. Nur einen ganz kurzen Moment. 

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