XXXVIII

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Sollte ich mich etwa bei ihm entschuldigen bevor es böse für mich endete? Nein. Aber ich könnte versuchen etwas Ablenkung zu verursachen.

"Also Ace.... Was ist das überhaupt für ein Name? Ace?" Das glühen nahm minimal ab. "Beduetet das was? Wie buchstabiert man das? Wie man es spricht?"

"Lenk nicht ab." Knurrte er leise, doch ich sah ein kleines Grinsen das an seinem Mundwinkel anhaftete. "Ich bring dich ins Zimmer." Am liebsten hätte ich abgewunken und verkündet das er das jetzt auch nicht mehr bräuchte, da er mich eben ja auch im Stich gelassen hatte und ich schließlich auch meinen stolz hatte. Doch leider war ich erschöpft. Also ließ ich es zu wie er mir unter die Arme packte und mich irgenwie die Treppe hoch hievte.

"Es ist dir erlaubt zu gehen." Murmelte ich leise als er das Zimmer wieder verließ. Nur um mich in die Laken fallen zu lassen. Verschwitzt wie ich war klebte alles binnen Sekunden.

Immer wieder spielte ich sämtliche Optionen, Pläne und Möglichkeiten in meinem Kopf. Ich ließ sie kollidieren und wog sie gegeneinander ab. Bis sich herausstellte, was ich bereits tief in meinem innersten akzeptiert hatte. Dean war im Wald, vollkommen ohne Hilfe, auf sich alleine gestellt. Er würde sterben, wenn er nicht schon längst seinen Verletzungen erlegen war. Egal wie taff er auch immer gewesen war, das überlebte er wohl kaum. Und alleine bei dem Gedanken wurde mir ganz flau im Magen. Denn während er ums nackte überleben gekämpft hatte, hatte ich gut versorgt in einer medizinischen Einrichtung meine Wunden geleckt. Obwohl ich vermutlich nicht viel dagegen hatte tun können, kam ich mir nun wie eine Verräterin vor.
Ich saß hier im Haus eines Alphas und unternahm nichts. Ruhte mich aus. Nicht einmal einen Gedanken an einen Kampf oder einen Fluchtversuch hatte ich verschwendet. Davon überzeugt das ich es eh nicht schaffen würde, hatte ich es unterlassen mir einen genauen Überblick über die Struktur des Gebäudes und der gesamten Anlagen drum herum zu machen. Von Ace ganz zu schweigen. Ich wollte ihn nicht töten. Auch wenn er es vermutlich verdient hätte, doch er war nun nicht länger mein Ziel. Er war erst seit kurzem Alpha, das hatten sie mir bei unserem ersten aufeinander treffen ausversehen deutlich gemacht. Das bedeutete das Monster das meine Mutter getötet hatte, war niemand anderes als sein Vater. Um ihn würde ich mich später kümmern. Sehr viel später wie meine Verletzungen mir mitteilten.
Seufzend schob ich mir ein Kissen unter den Po, da dieser höllisch schmerzte und eines unter die linke Schulter. Es hätte so einfach sein sollen. Diese ganze Mission. Bestie ausfindig machen, fangen, töten und anschließend heimkehren und meine erste bestandene Mission feiern. Warum nur musste das Leben immer ein Loch in die Straße schlagen wenn man gerade mit Tempo 180 auf dem Highway fuhr?

Es klopfte an der Zimmertür. Ich antwortete nicht. Wer auch immer es war, ich wollte ihn nicht sehen. Als es erneut klopfte überlegte ich mir einige höfliche Formulierungen um meinen Gast anständig begrüßen zu können. Doch als Ace eintrat, schaltete sich Gott sei's gedankt, mein Gehirn ein und verhinderte schlimmeres. Stattdessen sah ich ihn nur barsch an. Liegen wollte ich auf keinen Fall in seiner Anwesenheit, daher richtete ich mich schnell auf. Etwas zu schnell, denn ein ziehen in meiner Schulter herunter zu meinem Bein machte sich breit. Mit einem tiefen schnaufen unterdrückte ich es. „Was willst du?" meine Stimme klang unbeabsichtigt harscher als beabsichtigt. Ace zog nur die linke Augenbraue nach oben. „Hunger?" sagte er steif und stellte einen Teller Rührei neben mir auf dem Nachttisch ab.

„Nein danke. Mir ist nicht nach HeuchelEI." Wir musterten uns mit kalten Blicken. „Du kannst es nicht lassen." murmelte er, als er den Augenkontakt abbrach. Was meinte er? ICH konnte was nicht lassen? „Du solltest das essen, es schmeckt weniger schlimm als es aussieht."

„Wie gesagt; Nein Danke." obwohl mein Magen mir am liebsten dafür eine gescheuert hätte. Könnte er mit meinem Gehirn kommunizieren hätte er vermutlich gesagt: Hast Du sie noch alle? Oder Was fällt dir ein mir DAS vorzuenthalten?
Oder so etwas ähnliches. Ich habe immerhin noch nie mit meinem Magen gesprochen. „Ace, was genau wird das hier?" ich beobachtete wie er durch das Zimmer schlich und mich verstohlen aus den Augenwinkeln musterte. „Was meinst du?" murmelte er leise, wie als wäre er mit den Gedanken wo vollkommen anders.

„Oh, ich bitte dich. Tu doch nicht so unschuldig! Wir wissen beide was Sache ist. Naja, ich weiß vermutlich etwas weniger was genau hier abgeht, das heißt aber nicht das ich mich verarschen lasse." mein Mund wurde ganz trocken als ich seine Bestie in seinen Augen aufblitzen sehen konnte. Offensichtlich war das für ihn ein sensibleres Thema. Ich musste mich langsam heran tasten bevor ich die Bestie weckte, die in ihm schlummerte. Und darauf war ich nicht wirklich scharf. Räuspernd suchte mein Blick etwas woran er sich klammern konnte. „Ich meine, seien wir doch mal ehrlich. Zu uns selbst." startete ich einen weiteren Versuch. „Das mit uns kann nur ein Fehler sein und niemals klappen. Wir leben um den jeweils anderen zu töten." Ich sah zwar nicht genau wie er reagierte, aber ich könnte schwören das die Temperatur im Zimmer anstieg. Oder Schwitzte ich von alleine auf einmal so stark? „Das wird sich nicht ändern nur weil du denkst das da....so ein Ding zwischen uns ist." Ich suchte verzweifelt nach den richtigen Worten, da ich selbst nicht wusste was genau es war das uns verbinden sollte. Ein knurren kam gedämpft aus der Ecke in der sich Ace befand. Am liebsten hätte ich die Decke über mich geworfen und wäre darunter für immer verschwunden. Denn unter meiner Decke war ich sicher vor ihm.
So aber musste ich mitbekommen wie er sich mir näherte und mich mit seiner Hand zwang ihn anzublicken. „Nenn es niemals nur...ein Ding." zischte er rau. Seine Augen glühten, was mir die Härchen zu Berge stehen ließ. Ich hatte etwas Angst. Missmutig blickte ich in seine funkelnden Augen. „Es ist kein Ding das uns verbindet. Es ist...." ich beobachtete wie sich seine Augen veränderten. Sie wurden wärmer, milder. Anders eben. Genauso wie er auf einmal mit einer ruhigeren, gelasseneren Stimme sprach. Diese Stimme und diese Aura die nun um ihn herum waberte, beruhigte mich wieder ein wenig. Er atmete einige male tief durch bevor er weiter sprach.

„Es ist dieses Gefühl, wenn man sein ganzes Leben damit verbracht hat nach etwas zu streben, man selbst aber nicht genau weiß nach was. Es ist das Gefühl wenn man etwas vermisst, etwas das man noch nie gesehen hat. Von dem man nicht einmal weiß das es existiert. Eine leere im inneren bis sie sich mit einem schlag füllt. Ohne das man weiß wie einem geschieht hat man all diese Gefühle gefunden. Dieses wohlige Licht im inneren eines Körpers, das nur dann zu spüren ist, wenn man selbst nicht darüber nachdenkt was man tun muss, sondern was man möchte. Ein Gefühl von Freiheit, es ist Sonnenaufgang, der erste Atemzug an einem kühlen Wintermorgen."
Mir war nicht bewusst das ich den Atem anhielt, da er mir unerwartet so nahe gekommen war. Ich hatte es ja nicht einmal bemerkt bis er aufgehört hatte zu sprechen. Mein Herz klopfte unverschämt laut und schnell. Wie sollte ich das unterdrücken, er würde es bemerken. Doch da löste er seinen Griff und entfernte sein Gesicht wieder von meinem. Aus einer Entfernung von 9cm wurde ein Abstand von über 1Meter. Er wich zur Tür zurück. Somit konnte ich nur noch seinen Rücken sehen. Doch ich hörte genau was er sagte bevor er anschließend zur Tür heraus trat. Es ließ mir erneut den Atem stocken und das Herz pochen. Ich durfte mich nicht so gehen lassen. Definitiv nicht so schnell wie gerade. Wie konnten bloße Worte so etwas mit mir anrichten? Meine Wangen mussten glühen, doch ich schob es auf das Fieber.

„In deinem Fall...hat es sich angefühlt wie der erste Sommerregen auf nackter Haut. Der Geruch eines neuen Buches, von dem du die erste Seite aufschlägst. Wie der freie Fall, kurz bevor ich...bevor jemand von einer Klippe in das tosende Meer springt. In dem Moment in dem man sich abstößt und springt, gibt es kein zurück mehr. Keinem Halt, außer dem des Meeres, wenn es einen aufnimmt als wäre man ein Teil von ihm."

Mit einem knarzen drückte er die Tür auf und verschwand in den Flur.

Warum nur hatte ich das Gefühl das mein Auto sich in das nächste Schlagloch selbstständig hinein manövrierte und selbst mein gegensteuern nichts daran änderte?

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