76. Der Eisenadler-Bund

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Zander konnte ein Gähnen nur mit Mühe unterdrücken

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Zander konnte ein Gähnen nur mit Mühe unterdrücken. Um seine Müdigkeit zu verbergen, zog er den Vorhang zurück und spähte aus dem Seitenfenster der Kutsche, die über das unebene Straßenpflaster von Myr Paluda rumpelte. Es war kurz nach Sonnenaufgang. Eine dünne Schneeschicht bedeckte Straßen und Dächer und glitzerte im Schein der aufgehenden Sonne wie ein Teppich aus Diamanten. Bei Tag herrschte noch immer kein geschäftiges Treiben wie er es aus seiner Heimat kannte, aber zumindest wirkte die Stadt nicht länger verlassen.

Kurze Gespanne und schnaufende Vapobile kreuzten ihren Weg. Hausangestellte erledigten die Einkäufe ihrer Herrschaften. Die meisten von ihnen trugen handliche Schafsledertaschen mit sich und Zander hätte schwören können, dass er gesehen hatte, wie eine Hausdame mehrere Säcke Geisterkartoffeln darin verschwinden ließ. Auch ansonsten schienen Produkte der Magier-Gilde sehr beliebt zu sein. Magische Laternen säumten sogar die schmalsten Gassen. Türen und Tore öffneten sich ohne menschliches Zutun. Kinder spielten mit verzauberten Bällen und kleinen Metallvögeln, die selbsttätig vor ihnen davonflitzten. Junge Frauen trugen ausladende Hüte mit Schwänen, Schlangen oder Schneefüchsen, die ab und zu den Kopf hoben und ihre Position veränderten. Dazu kamen die Nuntiere, die von Haus zu Haus unterwegs waren, vermutlich um Botschaften zu verbreiten.

»Anders als in Myr Ryba, nicht wahr?«, fragte Delphine, die Zander gegenüber saß. Ihr dunkles Haar war zu einem aufwendigen Kranz geflochten. Dennoch haftete ihr etwas Einfaches und geradezu Bäuerliches an, was Zander keineswegs unsympathisch fand. Delphine war keine Frau, die sich über Äußerlichkeiten definieren musste. In ihrem Beruf kam ihr das unscheinbare Aussehen und der unauffällige Kleidungsstil vermutlich eher noch zugute.

Zander nickte. »Ja ...«

»Aber das sind alles nur Spielereien«, fuhr Delphine fort. »Die wirklich starke Novomagica ist für das menschliche Auge unsichtbar.«

»Wie meinen Sie das?«

»Ich meine, dass Kanto Dan de Nowy große Teile der Stadt verzaubert hat.« Delphine zupfte am Rock ihres eierschalengelben Wollkleides herum. »Seine Zauber verhindern, dass Menschen die Stadt oder ihren Ring betreten oder verlassen können. Sie sind überall um uns herum. Im Boden und in den Mauern. Manchmal kann man sie erahnen, aber meistens bleiben sie unsichtbar.«

Zander musterte die backsteinroten Mauern einer Werkstatt, die dem Schriftzug über dem Eingang nach zu urteilen, zu den Lignas-Werken gehörte. »Was bezweckt er damit?«

»Ich weiß es nicht«, erwiderte Delphine. »Manche sagen, er würde sie dazu benutzen, die Einwohner auszuspionieren.«

»Warum sollte er das tun?«

»Um Informationen zu sammeln. Verräter und Abtrünnige aufzuspüren.«

»Verräter?«, murmelte Zander.

»Vor ein paar Monaten wurden mehrere Adelige mit Wurzeln in den Wodlanden verhaftet und des Hochverrats beschuldigt. Seitdem verschwinden immer mal wieder Menschen, die sich abfällig über den König oder seinen verehrten Heiland äußern.«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt