26. Das geheime Testament

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Es kam oft vor, dass Cyan nicht schlafen konnte

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Es kam oft vor, dass Cyan nicht schlafen konnte. Anders als seine Schwester litt er jedoch nicht an Albträumen, sondern an Grübelattacken, die ihn mit ständig neuen Sorgen quälten. Seine aktuellen Bedenken galten dem Leben und Vermögen seines Vaters, aber auch seinen Freunden und Angestellten, die sich außerhalb von Myr Ryba aufhielten. Schon seit Tagen hatte er nichts mehr von Iris, Tuna, Zander oder Salmon gehört. Das war vermutlich verständlich, aber es brachte ihn trotzdem zum Nachdenken. 

In dieser Nacht war es besonders schlimm, denn Sheitani war aufs Meer hinausgeflogen, um den Saum zu untersuchen und dabei vielleicht einen kurzen Blick auf die andere Seite des Schleiers zu erhaschen. Der Myrkur litt genauso unter dem Gefühl der Nutzlosigkeit wie sein menschlicher Freund. Seit er sich nicht mehr auf die andere Seite wagte, um seinem Meister Opfergaben darzubringen, konnte er Cyan nicht länger mit neuen magischen Kräften versorgen. Cyan hatte jedoch den Verdacht, dass es nur die eigene Furcht war, die Sheitani davon abhielt, Magie ohne Gegenleistung zu wirken. Die Angst davor, seinen Herrn und Meister endgültig zu verraten. Er konnte diese Gefühle nur zu gut verstehen. Immerhin wurde auch er von seiner Furcht wach gehalten.

Nachdem er sich eine Weile unruhig hin und her geworfen hatte, beschloss Cyan, dass er genausogut aufstehen und weiter nach einem Heilmittel für seinen Vater suchen konnte. In den vergangenen Tagen und Wochen hatte er die hauseigene Bibliothek und die Büchersammlung der Rybaler Akademie durchforstet. Er hatte einige Bücher gefunden, die sich mit Novomagica-Flüchen und Schutzzaubern befassten, machte sich jedoch keine großen Hoffnungen. Die Sache hätte anders ausgesehen, wenn er Zugang zu den Büchern der Magier-Gilde gehabt hätte, doch diese Möglichkeit hatte sein Vater ihm verwehrt. Es grenzte beinahe an Ironie, doch Cyan war nicht nach Lachen zumute. 

Zu erschöpft, um zu schlafen, schlug er die Seidenbettdecke zurück, schlüpfte in seinen Morgenrock und in ein Paar Filzpantoffeln. Dann nahm er die Petroleumlampe vom Nachttisch und trat in den Flur hinaus. Da derzeit nur sehr wenige Angestellte im Anwesen wohnten und sie Geld sparen mussten, verzichteten sie auf die kostspielige Dauerbeleuchtung. 

Im flackernden Schein der Lampe folgte Cyan dem Flur bis zum Trandafir-Salon. Dort angekommen, vernahm er plötzlich Geräusche. Stimmen. Streitende Stimmen. Wie angewurzelt verharrte er im Halbdunkeln und lauschte. Eine der Stimmen gehörte Morena. Die andere war so tief, dass sie nur Omul gehören konnte. Um besser verstehen zu können, worüber die beiden stritten, schlich Cyan zur Tür, die ins Treppenhaus führte. 

»-dir doch auch nicht, was du tun und lassen sollst.«

»Um ganz ehrlich zu sein, Frau Forelli, tun Sie das schon.«

»Es heißt Dorado«, keifte Morena. »Und warum befolgst du dann nicht meine Anweisungen?«

»Weil ich das für keine gute Idee halte.«

»Es ist das Vorrecht der Herrschaft, dumme Entscheidungen zu treffen, und die Aufgabe der Dienerschaft, damit zu leben.«

»Das müssen Sie mir nun wirklich nicht sagen. Aber was Sie vorhaben, ist nicht nur illegal, sondern auch noch leichtsinnig.«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt