22. Morena Forelli

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Der Herbst hatte Myr Ryba erreicht

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Der Herbst hatte Myr Ryba erreicht. Die Wälder jenseits der Stadtmauern färbten sich langsam feuerrot und türkisblau. Später als im Rest des Landes, aber unausweichlich. Genauso unausweichlich war wohl die Situation, in der Cyan sich befand, und die in ihm den Wunsch erwachen ließ, Flügel zu besitzen. So wie Sheitani oder die Möwen, die das Anwesen umkreisten. 

Er saß im Arbeitszimmer seines Vaters. Hinter dem Schreibtisch seines Vaters. Auf dem Stuhl seines Vaters. Seine Hände ruhten sogar auf den Armlehnen seines Vaters. Als er sich dessen bewusst wurde, nahm er sie herunter und faltete sie im Schoß. Die Landkarten an der Decke und die aufgereihten Schätze in den Glasvitrinen, die von Rogners unübertroffener Abenteuerlust zeugten, erschienen ihm wie Mahnmale. Erinnerungen, die dazu geschaffen waren, ihn zu quälen. Und er wusste, dass er es verdient hatte, ganz egal, was Enzia sagte.

»Herr Forelli?«, fragte Balena Calamari zweifelnd. 

Sie und ihre Schwester Sepia tauschten verwirrte Blicke. Balena war die ältere der beiden. Sie trug die dunklen Haare kurz, was ihrem Kopf eine seltsame Birnenform verlieh. Ihre Wangen waren prall, von Äderchen durchdrungen und leicht gerötet, ihr Hals wurde von einem mächtigen Doppelkinn fast vollständig verdeckt. Sie trug einen brombeerfarbenen Herrenrock über einem blassgelben Kleid, das ihre enormen Körperdimensionen eher betonte als verschleierte. Am Revers ihres Rocks waren drei rote Knobbs befestigt. Ihre jüngere Schwester war ähnlich voluminös gebaut und trug die Haare zu traditionellen Haarknoten seitlich des Kopfes geschlungen, so wie die Fischersfrauen auf den alten Gemälden. Ihr Gesicht wirkte dadurch eher rundlich, mit einer großen, knotenförmigen Nase und dunklen Brauen, die über der Nase fast zusammengewachsen waren. Neben den beiden Frauen saß Haddock Karpi, wie üblich in gedeckte Farben gekleidet: blauer Samt und schwarze Spitze. Dazu eine Diamantbrosche unter dem Adamsapfel und ein Seidenband im Haar.

Cyan blinzelte. »Ja... Entschuldigung, ich war kurz abgelenkt.« Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gesichter seiner Gäste. »Worüber haben wir gesprochen?«

Balena Calamari seufzte schwer. Sie wirkte immer wie eine genervte Lehrerin. Jedenfalls vermittelte sie Cyan konstant das Gefühl, er habe etwas angestellt und würde bei einem weiteren Verstoß mit dem Rohrstock bearbeitet. »Wir sprachen darüber, dass Sie bei der letzten Stadtratssitzung vom Anschlag auf Ihren Vater berichteten.«

Cyan erinnerte sich. Er bereute bereits, derart offen gewesen zu sein. Allerdings war es nötig gewesen, um sein Wissen über die Myrkuren zu belegen und seiner Warnung vor Kanto Dan de Nowy Nachdruck zu verleihen.

»Sie sagten, Ihr Vater würde seitdem sehr fest schlafen«, fuhr Balena fort.

»Und dass es fraglich wäre, ob und wann er wieder aufwachen würde«, ergänzte ihre Schwester. An ihrem Dekolleté, dem Cyan lieber keine allzu genaue Aufmerksamkeit schenken wollte, prangte ein Schmuckstück in Form einer diamantenbesetzten Katze.

Balena Calamari legte den Kopf schief. »Vor diesem Hintergrund haben wir uns gefragt, wie es mit den Geschäften Ihres Vaters weitergehen soll.«

»Wie meinen Sie das?«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt