36. Schweigen ist unser Ende

341 44 32
                                    

»Schon irgendeine Idee?«, fragte Morena in die Runde, die sich um den großen Esstisch im Speisesaal versammelt hatte

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

»Schon irgendeine Idee?«, fragte Morena in die Runde, die sich um den großen Esstisch im Speisesaal versammelt hatte.

Cyan ließ seinen Blick über die Kapitänstauchergemälde an den Wänden schweifen. Er kam sich vor wie ein Schüler, der seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte und es daher tunlichst vermeiden wollte, Aufmerksamkeit zu erregen. Den anderen Schülern, Anchois, Hasel, Enzia und Zibeline, schien es genauso zu gehen.

Morena seufzte. »Na schön. Ich lese es noch einmal vor.« Sie räusperte sich. »Ich weiß, es ist viel. Ganz ohne euren Kiel. Doch vergesst nie euer Ziel. Das Geld ist im Spiel.«

»Denkst du wirklich, diese Botschaft ist für uns bestimmt?«, fragte Enzia, die ihre Ellenbogen auf den Tisch und den Kopf in die Handflächen gestützt hatte.

»Dieser Text steht auf der Auflösungsurkunde, mit der dein Vater nahezu alle unsere Geldbestände liquidiert hat«, erwiderte Morena. »Keine Ahnung, für wen diese Botschaft bestimmt ist, aber ganz sicher nicht für Pike und Hauki.«

»Es klingt nach Vater«, meinte Cyan gedankenverloren. »Er hat immer gerne gedichtet. Gesungen und gedichtet.«

»Dieser Nichtsnutz«, zischte Zibeline, doch ihre schrille Stimme war nicht von der üblichen Verachtung erfüllt. Die vergangenen Monate hatten ihr stark zugesetzt. Vielleicht war sie darüber milde geworden.

»Herr Forelli hatte immer einen eigenartigen Sinn für Humor«, bemerkte Anchois, die Hände in ihrer Schürze vergraben. Hasel neben ihr nickte zustimmend. Seit herausgekommen war, dass sie das verzauberte Pulver auf Iris' Seidenblume gestreut und damit das Unglück heraufbeschworen hatte, war sie noch stiller als früher. Dabei hatten ihr alle Mitglieder der Familie mehrfach ehrlich versichert, dass sie ihr keine Schuld an dem Desaster gaben. Sie hatte nur getan, was Rogner von ihr verlangt hatte, so wie es wohl jedes anständige Dienstmädchen getan hätte. Es war nicht richtig, dass sie sich deswegen Vorhaltungen machte.

»Ja, und er hat gern Geschichten erzählt«, murmelte Enzia, strich sich die Haare hinter die Ohren und lächelte versonnen. »Erinnert ihr euch noch an die Geschichte mit der eingewachsenen Fischschuppe?«

Morena stöhnte und fasste sich mit einer Hand an die Stirn, als hätte sie plötzlich eine heftige Kopfschmerzattacke. »Erzählt er dieses Märchen nicht bloß, um zu erklären, wieso seine Schiffslieferungen höhere Erfolgsquoten haben als die anderer Händler?«

Cyan und seine Schwester tauschten Blicke und lächelten einander zu. Das Märchen ihres Vaters, wie er als junger Bursche eine hübsche Nixe von einer eingewachsenen Schuppe befreit hatte, gehörte fest zu den guten Erinnerungen ihrer Kindheit. Darin waren sie sich einig. Selbst wenn ihr Vater sich diese Geschichte nur ausgedacht hatte.

»Ah, Omul«, seufzte Morena, als der Diener den Speiseraum betrat. Er hatte die Aciarische Tracht abgelegt und trug wieder seine normale Dienstbotenkleidung. Nichts deutete darauf hin, dass er in der vergangenen Nacht mit Pike und Hauki gekämpft hatte. »Erlöse mich von diesem sentimentalen Haufen«, fügte Morena hinzu und reichte ihm die Dokumente, die sie bei Rogners Notar erbeutet hatten. »Sieh' dir das an, mein Ehegatte will uns alle zum Narren halten.«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt