24. Im Schwarm

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»Iris?«

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»Iris?«

Iris, die sich bis dahin im Spiegel betrachtet hatte, fasste nach ihrem Kleid, um sich zu verhüllen. Dabei stellte sie sich jedoch so ungeschickt an, dass sie beinahe in den bereit stehenden Badezuber gefallen wäre. Im letzten Moment gelang es ihr, sich mit den Händen am Wannenrand abzufangen.

»Probier das mal«, sagte Tuna und warf ihr ein hellrotes Seifenstück zu. »Es stinkt furchtbar nach Rosen, aber damit müssen wir dann wohl beide leben.«

Iris fing die Seife nicht auf, sondern schlang die Arme um ihre Brust und wandte sich ab. Es war vielleicht albern, aber sie konnte ihren Körper nicht so nüchtern und gleichgültig handhaben wie Tuna, der es vollkommen egal zu sein schien, wer sie nackt sah. Erst gestern hatte sie schamlos in einem kleinen Weiher am Wegrand gebadet und dabei die Feldarbeiter beschimpft, die sie mit eindeutigen Blicke und anzüglichen Kommentaren bedacht hatten.

»Ach, nun komm schon«, ächzte Tuna und wandte ihr den Rücken zu. »Steig in die Wanne.«

Iris vergewisserte sich, dass Tuna den Blick abgewandt hatte, und kletterte in den Badezuber. Das Wasser war nicht so heiß, wie sie es gern gehabt hätte, aber ausreichend warm. Sofort spürte sie, wie sich ihre Muskeln, die nach mehr als sechzehn Stunden auf dem Pferderücken ganz steif und verkrampft waren, wieder entspannten. Ihr schmerzender Rücken sank gegen die hölzerne Wand der Wanne. Der angenehme, würzige Duft von Felsnelken stieg ihr in die Nase. Sie atmete langgezogen aus und schloss die Augen. 

»Hier«, sagte Tuna, hob das Seifenstück auf und ließ es zu ihr in das trübe Wasser plumpsen. Ein Tropfen Spritzwasser traf Iris am Kinn und störte ihre Entspannung. Aus halb geöffneten Auge verfolgte sie, wie Tuna die Wanne umrundete und sich auf dem Schemel vor dem Fenster niederließ. Sie trug enge Lederhosen und eine schwarze Weste mit Posament-Verzierungen, Messingknöpfen und Stehkragen, die sie in Sudmosse beim Wetttrinken gewonnen hatte. Mit zwei Fingern schob sie die Gardine zur Seite und sah auf die Straße vor der Herberge hinunter. 

Nach ihrer Flucht aus Florbog hatten sie Torvus in Sudmosse zurückgelassen, Pferde und Kutsche verkauft, von dem Geld zwei schnellere Reittiere erstanden und waren in einem geradezu irrsinnigen Tempo nach Nordosten geritten - bis nach Wida am Rand des Wickerwaldes. Mit der Kutsche benötigte man für diese Strecke eine Woche. Ihnen war das Kunststück in viereinhalb Tagen gelungen. Eine Leistung, die Iris in jedem Knochen und Muskel spüren konnte. Doch jetzt war es nicht mehr weit bis nach Trandafir. Sie mussten nur noch entscheiden, ob sie den Wickerwald umrunden oder durchqueren wollten. Den weißhaarigen Nunmenschen schienen sie zumindest vorerst abgehängt zu haben. 

»Die Narben auf deinem Rücken«, begann Tuna. »Woher sind die?«

Iris räkelte sich unbehaglich. Seit sie sich vor Zander entblößt und er ihren Körper mit allen seinen Makeln angenommen hatte, waren die Narben aus ihrem Bewusstsein verschwunden. Es war, als hätte allein seine liebevolle Akzeptanz die schmerzenden Wunden ihrer Vergangenheit geheilt. »Ich bin überfallen worden«, erklärte sie mechanisch. Obwohl es die Wahrheit war, fühlte es sich nach einer Ausrede an. Was sie eigentlich sagen wollte, war: Halbwilde Räuber haben mich und meine Freundin überfallen und so lange auf uns eingeprügelt, bis sie tot und ich fast besinnungslos war. Die Erinnerungen stiegen in ihr auf wie bittere Galle. Sie spürte, wie sich das Eis in ihrem Innern verhärtete. Gleichzeitig fühlte sie eine neu gewonnene Stärke, die sie davor bewahrte, ein weiteres Mal vor Tuna in Tränen auszubrechen. »Es war ganz in der Nähe«, fügte sie leise hinzu. »Nördlich des Wickerwaldes. Auf der Straße nach Myr Paluda.«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt