55. Der letzte Graf von Ryba

272 44 15
                                    

Als sie das Anwesen der Calamaris verließen, schneite es bereits heftig

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Als sie das Anwesen der Calamaris verließen, schneite es bereits heftig. Der kalte Wind, der vom Meer her in die Stadt blies, pustete die Flocken durch die engen, steil ansteigenden Gassen von Hohedamm. Die neumoderne elektrische Beleuchtung tauchte das vornehme Stadtviertel in ein geheimnisvolles Licht, das Cyan nicht weniger magisch vorkam als die Novomagica-Laternen am Fuß des Fellmonte.

»Hoffentlich habt Ihr eine gute Erklärung für diesen Überfall, Narwal«, knurrte Morena und zog ihren kurzen Überzieher enger um sich.

»Ihr mögt die kalte Jahreszeit nicht?«, erwiderte der Kommandant der Rybaler Gendarmerie.

Morena runzelte kritisch die Stirn. »Ich habe fast mein ganzes Leben lang in Myr Paluda gelebt. Dagegen ist das hier höchstens ein kurzes Ungemach.«

»Ich frage mich aber schon, weshalb Ihr keine Kutsche gerufen habt«, bemerkte Cyan. Auf seinen Magier-Stock gestützt, humpelte er hinter Narwal her und genoss das Gefühl von schmelzenden Schneeflocken auf seiner ungeschützten Haut. Der ewige Winter hatte ihm an Myr Paluda immer am besten gefallen. Und auch in Myr Ryba sorgte der Schneefall für eine verzauberte Atmosphäre.

»Es ist nicht weit«, erwiderte Orka Narwal. »Außerdem klärt ein kurzer Spaziergang in der Kälte den Kopf.« Er warf einen Blick über die Schulter auf seine drei Begleiter. »Und ich benötige die Herrschaften bei klarem Verstand.«

»Die Herrschaften?«, wiederholte Pike. »Und was mache ich dann hier?«

»Das werdet Ihr schon noch sehen, Herr Lamprei.«

Pike seufzte. »Das muss wirklich aufhören. Dieser Name hätte schon vor Jahrzehnten aus allen Büchern und Köpfen getilgt werden sollen.«

»Was hat es damit auf sich?«, fragte Cyan.

»Nicht«, warnte Pike.

»Ich denke, wir sollten das Thema vorerst begraben«, sagte Narwal. »Aber Euch muss doch klar sein, dass Ihr nicht ewig davonlaufen könnt, Pike. Nicht in diesen unruhigen Zeiten.«

»Ich laufe nicht davon. Schon sehr lange nicht mehr.«

Ein Kerzenverkäufer kam ihnen entgegen. Er zog einen Schubkarren mit seinen Waren hinter sich her und pfiff ein schiefes Lied. Der Anblick erinnerte Cyan daran, dass schon bald Holilevke vor der Tür stehen würde. Das Fest der göttlichen Liebe. An diesem Tag schenkten die Männer ihren Angebeteten eine Kerze. Wenn die Frauen diese Kerze am Abend ins Fenster ihres Schlafgemachs stellten, galt das als ein eindeutiger Liebesbeweis.

Cyan hatte noch nie eine Kerze verschenkt und er plante auch nicht, dieses Jahr damit anzufangen. Früher hatten ihn die dunkle Jahreszeit und das Nahen von Holilevke mit dumpfer Furcht erfüllt, doch seit er wusste, dass Zander der älteste Spross der Forelli-Dynastie war und für den Weiterbestand der Familie sorgen musste, war ihm das Herz leichter geworden.

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt