21. Weißer Reiter

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»Lauf nicht weg, Waldmädchen!«, hörte Iris den Weißhaarigen rufen

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»Lauf nicht weg, Waldmädchen!«, hörte Iris den Weißhaarigen rufen.

Sie dachte jedoch gar nicht daran, stehenzubleiben. Mit wehendem Rock hastete sie die Stiege ins Erdgeschoss hinunter. Dort rempelte sie das Schankmädchen an, das einen überraschten Laut ausstieß und ihr Tablett fallen ließ. Tassen und Teller ergossen sich laut klirrend und klappernd über den Dielenboden. Iris entschuldigte sich, ohne ihr Tempo zu verlangsamen. 

Als sie die Tür ins Freie aufstieß, hätte sie beinahe noch einen angetrunkenen Säufer gerammt, der mit dem Schraubverschluss einer Taschenflasche beschäftigt war. Er lallte etwas Unverständliches und drohte ihr mit der Faust, aber sie ignorierte ihn und rannte die Straße hinunter. Das Pflaster war feucht und rutschig, sodass sie darauf achten musste, nicht auszugleiten.

»Waldmädchen!«, rief der Weißhaarige in einem seltsam melodischen Singsang. Es war sicher kein Zufall, dass er dieselben Worte wählte wie Sheitani und die anderen Myrkuren. Trotzdem konnte sie sich nicht erklären, wieso er noch lebte. Sie hatte gesehen und gefühlt, wie die Klinge sein Herz durchstoßen hatte. Es war vollkommen unmöglich, dass er noch am Leben war. Und doch konnte sie ihn rufen hören. Bestimmt hätte sie ihn auch sehen können, wenn sie die Nerven besessen hätte, stehenzubleiben und sich nach ihm umzudrehen.

Die gepflasterte Hauptstraße führte quer durch Florbog. Es gab nur sehr wenige abzweigende Gassen. Links ragten bewaldete Felsen auf, rechts lag der Riu Mare. Die Häuser waren kleine, verschrobene Fachwerkbauten mit schiefen Dächern und moosüberwucherten Mauern. Sie folgte den Spuren mehrerer Kutschen auf einen matschigen Schlammweg, der zum Flussufer und schließlich zu einem Unterstand führte. Der klapprige Holzbau wurde von Sumpferlen eingerahmt, die sich auf das schräge Dach stützten und den Boden mit gelben Blütenkätzchen bedeckten. Hinter dem Gebäude stand ihre Kutsche, ein unauffälliges, zweiachsiges Fuhrwerk mit geschlossenem Kutschkasten. Torvald, ein kleiner Mann mit zuckenden Augen und flinken Fingern, war gerade dabei, die Pferde vorzuspannen.

»Tuna!«, rief Iris.

»Hatte ich nicht gesagt, du sollst in der Herberge bleiben, bis wir hier fertig sind?«, erwiderte Tuna, während sie einen Teil des Geschirrs entknotete.

Iris lachte höhnisch. »Ich denke, der Plan ist gescheitert.« Sie warf einen schnellen Blick über die Schulter. Der Uferweg, der in unregelmäßigen Abständen von brennenden Harzpfannen erhellt wurde, bot genug Versteckmöglichkeiten für einen eventuellen Verfolger.

»Was ist passiert?«, fragte Tuna.

»Wenn ich das bloß wüsste«, gab Iris zurück. »Aber auf jeden Fall müssen wir so schnell wie möglich hier weg.« Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, packte sie das Geschirr und senkte die Stimme. »Ich glaube, unser neuer Freund ist nicht menschlich.«

Tuna sah ihr direkt in ihre Augen, als könnte sie sich auf diese Weise davon überzeugen, dass sie die Wahrheit sagte. Offensichtlich funktionierte es, denn sie packte das Geschirr fester und wandte sich an Torvald. »Hoy! Wir müssen uns beeilen.« 

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt