51. Hexenpfade

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Der Kristallsee machte seinem Namen alle Ehre und glänzte im Sonnenschein als bestünde er aus geschliffenem Glas. Westlich des Sees lag der Große Blaue. Ein riesiger, zerklüfteter Gletscher. Auch er machte seinem Namen alle Ehre. Leuchtend türkisblau wie der Ozean in der Bucht von Ryba hob er sich deutlich gegen die schneebedeckte Landschaft ab. Ein zu Eis erstarrter Fluss, der sich unendlich langsam hangabwärts wälzte. 

»Hast du so etwas Schönes schonmal gesehen?«, fragte Zander.

»Nur auf Bildern«, antwortete Salmon. 

Zander ließ seinen Blick zum Winterberg wandern, dessen Spitze alle anderen Berggipfel überragte. Der Glaspalast erstrahlte im Sonnenlicht wie ein vom Himmel herabgefallener Stern. Viele Meter darunter drängten sich die herrschaftlichen Villen der Oberstadt an die steilen Felshänge. Schmale Steinhäuser mit üppig gestalteten Fassaden, gestaffelten Giebeln und schmucken Blendsäulen. Möglicherweise hatten ihre Erbauer den Platzmangel mit schierer Extravaganz wieder ausgleichen wollen. Die tiefer gelegene Unterstadt bestand dagegen aus einfachen roten Klinkerbauten und verschwand fast vollständig in einem gräulichen Dunst.

Salmon seufzte. »Und was machen wir jetzt?« Er deutete zur Stadtmauer hinüber, die zur Seeseite hin mit blauen Keramikkacheln dekoriert war. Auch aus der Entfernung konnten sie erkennen, wie Soldaten in schneeweißen Uniformen auf dem Mauergang patrouillierten. 

Bergemoten?, dachte Zander, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. »Lass uns erstmal einen Platz zum Ausruhen suchen.«

Salmon runzelte zweifelnd die Stirn, sparte sich jedoch eine Bemerkung. 

Während Zander durch den Schnee stapfte, ging er im Kopf ihre Möglichkeiten durch. Auf legalem Weg würden sie niemals in die Stadt gelangen. Nicht einmal, wenn sie behaupteten, Freunde von Kanto Dan de Nowy zu sein, was in Anbetracht ihrer Mordabsichten eine vermessene Behauptung gewesen wäre. Trotzdem konnte Zander nicht einfach ignorieren, was der Großmagier für sie getan hatte. Aus seiner Sicht hatte er ihnen das Leben gerettet. Und nicht nur das. Er hatte sie beschützt, ihnen Essen und Trinken gegeben. Wieso hatte er das getan? War er vielleicht gar kein Bösewicht, sondern nur eine Schachfigur in einem viel größeren Spiel? Zander wusste schließlich nur zu gut, dass ein- und derselbe Mensch durchaus zu schlimmster Grausamkeit und größtmöglicher Milde fähig sein konnte, ohne darin einen Widerspruch zu sehen. Pike war vielleicht das beste Beispiel dafür. Ein kompromissloser Auftragsmörder, der seine Opfer ohne mit der Wimper zu zucken abschlachtete, und gleichzeitig ein liebender Familienvater und loyaler Freund. 

Salmon verlagerte sein Gewehr von der einen auf die andere Schulter. »Was denkst du, wie es Iris und Tuna jetzt geht?«

»Bestimmt geht es ihnen gut«, antwortete Zander. Er wusste selbst nicht so genau, woher er diesen Optimismus nahm. Vielleicht weil sein letztes, hochdramatisches Gespräch mit Iris schon einige Tage zurücklag und er inzwischen fest davon überzeugt war, es spüren zu können, wenn ihr etwas zugestoßen wäre. Bestimmt war sie dem Rothaarigen entkommen. Es musste einfach so sein.

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt