20. Augen aus Obsidian

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»Hey, Püppchen«, sagte Tuna, als sie aus der Hintertür ins Freie hinaustrat

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»Hey, Püppchen«, sagte Tuna, als sie aus der Hintertür ins Freie hinaustrat. Dabei schielte sie unter ihrer Hutkrempe hervor in den Himmel, von dem zwischen Dach und Felsen nur ein schmaler Streifen zu sehen war. »Alles in Ordnung?«

Iris nickte, obwohl sie sich keineswegs in Ordnung fühlte. Ganz im Gegenteil. Sie hatte das Gefühl, immer mehr die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren.

»Nervöser Magen?«, fragte Tuna. »Ich könnte es verstehen. Wir sind ja auch ganz schön weit weg von-«

»Ich habe keinen nervösen Magen«, fiel ihr Iris ins Wort. »Und falls du dich daran erinnern solltest, ist jeder Schritt weg von Myr Ryba ein Schritt in Richtung meiner Heimat. Außerdem bin ich das Reisen gewöhnt. Also bist wohl eher du diejenige von uns, die nervös ist.« Sie wusste, dass sie kein Recht hatte, ihre Leibwächterin so anzufahren, doch die Wut half ihr dabei, ihre Panik unter Kontrolle zu bringen.

Tuna reagierte jedoch ganz anders als erwartet, zuckte nur mit den Schultern und setzte sich zu ihr auf das niedrige Mäuerchen, das den Tümpel umgab. Verschiedenfarbige Moose überwucherten die steilen Felsen, die hinter ihnen aufragten. An einigen Stellen blühte Lumoss und verströmte ein sanftes, bläuliches Leuchten. Nach kurzem Schweigen legte Tuna die Handflächen aneinander und klemmte sie sich zwischen die Knie. »Hast du wieder den Rothaarigen gesehen?«

Iris schüttelte den Kopf. »Nein. Zum Glück nicht.«

Wieder breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Der Regen trommelte unablässig auf das Dach der Herberge. Nur vereinzelt drangen Tropfen zu ihnen durch und malten ringförmige Muster auf die Oberfläche des Tümpels.

»Ich habe von Zander geträumt«, sagte Iris plötzlich und wunderte sich selbst über die Worte, die aus ihrem Mund kamen. Doch jetzt gab es kein Zurück mehr, wenn sie nicht wollte, dass Tuna einen falschen Eindruck bekam. »Aber der Traum war real. Zander war wirklich da. Bei mir.« 

Tuna legte den Kopf schief wie ein Hund, der ein seltsames Geräusch gehört hatte. »Du bist doch nicht etwa in anderen Umständen oder?«

»Was?«, keuchte Iris. »Ich... nein! Wieso?«

»Nun, als Frau Dorado in andere Umstände kam, hat sie die ersten Monate nur erbrochen. Es war wirklich nicht schön. Sie...« Tuna seufzte und schien zu überlegen, ob die Anekdote für Iris' Ohren geeignet war. Offenbar gelangte sie zu einem positiven Ergebnis, denn sie fuhr fort: »Einmal hat sie sich bei Verhandlungen in Frau Balena Calamaris Handtasche übergeben, ohne dass sie es gemerkt hat.« Ein breites Grinsen erhellte ihre Miene. »Herr Forelli konnte danach kaum noch ernst bleiben. Ich dachte schon, wir müssten die Gespräche abbrechen.«

Die Sehnsucht in ihren Worten war kaum zu überhören. Auf einmal kam Iris sich sehr kindisch vor. Sie räusperte sich, um das Brennen in ihrem Hals zu vertreiben. »Ich bin nicht in anderen Umständen. Zander und ich waren sehr gewissenhaft.«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt