15. Bei den Toten

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Zander hatte keine Ahnung, wohin er und Salmon gebracht wurden

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Zander hatte keine Ahnung, wohin er und Salmon gebracht wurden. Dank des groben Leinensacks, den man ihm über den Kopf gestülpt hatte, konnte er nur vage Helligkeitsunterschiede ausmachen. In Ryba wäre es ihm problemlos möglich gewesen, allein anhand der Geräusche, die Pferdehufe und Kutschenräder auf dem Straßenpflaster verursachten, zu beurteilen, wo sie sich befanden, doch in Selva war diese Strategie von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Er konnte nur abwarten, was geschehen würde, sobald sie ihr Ziel erreichten.

Die Zwischenzeit nutzte er dazu, seinen höllisch schmerzenden Rücken zu schonen und sich zu fragen, wer ein Motiv haben könnte, ihn und Salmon zu entführen. Hatte die Stadtwache die Leiche von Bergaz gefunden? Nein, beantwortete er sich die Frage selbst. Die Stadtwache würde nicht auf diese Weise vorgehen. Waren sie erneut an Attentäter im Auftrag der Krone geraten? Wenn ja, warum waren sie dann noch am Leben? Je länger die Fahrt durch die Straßen der Stadt dauerte, desto stärker wurde Zanders Überzeugung, dass sie es mit einem großen Missverständnis zu tun hatten. Das war nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Manche Missverständnisse lösten sich nicht einfach in Wohlgefallen auf, sobald alle Beteiligten ihren Irrtum erkannten, sondern endeten mit Blut und Innereien auf dem Straßenpflaster. Immerhin hatten Salmon und er einige ihrer Entführer getötet. Wer auch immer diese Männer beauftragt hatte, würde Kompensation verlangen. Auf die eine oder andere Art und Weise.

Nach etwa zwanzig Minuten Fahrt erreichten sie ihr Ziel. Zander wurde unsanft aus der Kutsche gezerrt. Seine Hände waren mit einem Strick auf dem Rücken gefesselt. Als Experte in Fesselungsfragen musste er zugeben, dass die Knoten nicht von Stümpern geknüpft worden waren. Er sah jedenfalls keine Chance, sich aus eigener Kraft zu befreien. Zwei Hände packten seine Schultern und dirigierten ihn eine lange Treppe hinunter. Die Steinstufen waren feucht und glitschig. Mit jedem Schritt, den er machte, wurde es merklich kühler. Die Luft roch nach verfaulendem Laub und altem Moder. Dazu kam eine deutlich erdige Komponente, die ihn vermuten ließ, dass sie sich einem unterirdischen Lagerraum oder etwas in der Art näherten. Was ihn jedoch irritierte, war die ungewöhnliche Stille. Bis auf seine Schritte und die seiner Entführer vernahm er lediglich das entfernte Rauschen des Regens.

Am Fuß der Treppe lösten sich die Hände von seinen Schultern. »Na los doch!«, schnauzte einer der Männer und schubste ihn über eine Türschwelle. Dem Echo seiner Schritte nach zu urteilen, war der dahinterliegende Raum nicht besonders groß. Es roch nach Rattenexkrementen, abgestandener Luft und Fäulnis.

»Du auch!«, hörte er den gleichen Mann sagen. Kurz darauf stolperte Salmon gegen ihn und hätte ihn beinahe mit sich zu Boden gerissen. 

Es knarrte, als sich die Tür hinter ihnen schloss und ein Riegel vorgelegt wurde.

»Zander«, keuchte Salmon, der neben ihm auf die Knie gestürzt sein musste.

»Bleib, wo du bist«, meinte Zander und beugte sich vor, bis seine Nase den Stoff eines Leinensacks streifte. Mit den Zähnen packte er zu und zerrte den Beutel von Salmons Kopf.

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt