79. Kompetenzgerangel

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»Was lesen Sie da?«, fragte Zander, zum Teil aus ehrlichem Interesse, zum Teil aus nagender Langeweile

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»Was lesen Sie da?«, fragte Zander, zum Teil aus ehrlichem Interesse, zum Teil aus nagender Langeweile.

Delphine sah von ihren Unterlagen auf. Im Schein der Öllaterne, die das Innere der Kutsche erhellte, wirkte ihr von Natur aus längliches Gesicht noch etwas schmaler. »Das ist ein Artikel, an dem ich derzeit arbeite.« Sie knabberte am oberen Ende ihres Bleistifts. »Um genau zu sein, arbeite ich schon seit vielen Jahren an diesem Artikel, aber jetzt ist es endlich so weit, ihn zu veröffentlichen.«

»Um was geht es darin?«

»Um das Paluder Opernhaus.« Delphine lehnte sich zurück. Ihr Blick wanderte aus dem Fenster, zum majestätischen Anwesen der Dan-de-Lignas-Familie und scheinbar direkt durch die stuckverzierten Sandsteinmauern hindurch. »Und um die Kompanie.«

»Was für eine Kompanie?«

Delphine blinzelte. »Eine Gruppe von ausgebildeten Sängern und Tänzern, die am Opernhaus angestellt sind. Sie unterstehen dem Intendanten, Don Dan D'Alvmar.«

»Nievas Großvater«, schloss Zander.

Delphine nickte, steckte sich den Stift in die Haare und faltete die Hände über ihren Unterlagen. »Bevor sie nach Myr Ryba gegangen ist, hat Morena für die Kompanie gearbeitet.«

»Und was schreiben Sie über die Kompanie?«, fragte Zander. Aus Erfahrung wusste er, dass Delphine keine Artikel für das Feuilleton verfasste. Sie war stets auf der Suche nach waschechten Skandalen.

Ein schiefes Lächeln trat auf Delphines Gesicht. Sie rieb ihre Finger aneinander. »Sagen wir es so ... ich weiß aus verlässlichen Quellen, dass Dan D'Alvmar eine Schwäche für junge Frauen hat. Sehr junge Frauen.« Sie presste die Lippen zusammen. »Und dass er die Plätze in der Kompanie im Gegenzug für gewisse Gefälligkeiten vergibt.«

Zander merkte, wie er sich ganz automatisch versteifte. »Hat Morena auch ...«

»Bitte«, sagte Delphine. »Ich halte Morena da raus. Und Sie sollten das auch tun.« Sie warf Zander einen warnenden Blick zu. »Mit Sicherheit wäre es Morena nicht recht, wenn Herr Forelli oder der Rest ihrer Familie davon erführe.«

Zander straffte die Knopfleisten seines Herrenrocks. Er mochte Morena nicht besonders, aber wären sie in Myr Ryba gewesen, wäre Dan D'Alvmars Lebenserwartung soeben um ein beträchtliches Maß gesunken.

»Morena hat viele unvorstellbare Dinge für ihre Unabhängigkeit tun müssen«, fuhr Delphine fort. »Aber dafür sollten wir sie nicht verurteilen.«

»Ich verurteile nicht Morena«, brummte Zander. »Sondern Dan D'Alvmar.«

Delphine schmunzelte. »Sieh an, ein moralischer Verbrecher.«

»Ich bin Unterhändler«, wandte Zander ein. »Und wissen Sie, was mich wirklich ärgert?«

»Dass es in Myr Paluda keinen Ozean gibt und Sie mit Fräulein Dan de Lions Liebhaber zusammenarbeiten müssen?«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt