45. Himmelsmotte

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Die steinerne Sincope zerrte Iris in einen Wirbel aus Farben und Formen

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Die steinerne Sincope zerrte Iris in einen Wirbel aus Farben und Formen. Alles um sie herum geriet in Bewegung. Wurde unstet wie schimmernde Ölschlieren auf einer rauen Wasseroberfläche. Nur langsam schälten sich festere Gebilde aus dem unruhigen Wabern. Sie hatten die Konsistenz von Nebelschleiern und Traumgespinsten. Es hieß, in der Aciarischen Wüste gäbe es Trugbilder, die arglosen Wanderern real zu sein schienen, bis sie ihnen zu nahe kämen. 

Iris war von ganz ähnlichen Erscheinungen umzingelt. Sobald sie etwas zu erkennen glaubte, wurden die zarten Gebilde von bunten Schlieren weggewischt. Deshalb strömten die Sinneseindrücke wie kurze Lichtblitze auf sie ein.

Eine Stadt am Meeresgrund. Von Nixen und Nöck bevölkert. Sie scharen sich um eine Sterbende, deren entkräfteter Körper von finalen Krämpfen geschüttelt wird. Eine Welle wandert durch die See. Der Ozean bäumt sich auf. Blau wird zu grün. Der Schleier lüftet sich. Eine schwarze Stadt. Mauern stürmen in den glühenden Himmel. Türme. Pfeiler. Nadelspitze Zinnen. Schwärme von Myrkuren ziehen durch die Dunkelheit. Eine schattenhafte Gestalt und ein Monstrum mit brennenden Flügeln. Die Gestalt fährt erschrocken herum, als hätte sie das Beben des Ozeans oder das Flattern des Schleiers vernommen. Blasse Konturen. Zornige Augen. Und darin – wie eine Lichtreflexioneine blonde Frau unter dem Torbogen von Myr Ryba. 

Die gleiche Frau im Goldenen Hummer. Sie flieht aus einer dunklen Gasse. Butt. Tuna. Cyan. Zander. Rogner Forelli. Gwydion Dan de Potas. Die Blitze zucken immer schneller. Erbarmungslos rast die Vergangenheit der Gegenwart entgegen.

Der Rothaarige. Grelle Lichter. Schwingen. Schreie. Wellen, die über einen weißen Sandstrand rollen. Zander mit einem blutigen Messer in der Hand. Brennende MaulbeerbäumeMyrkuren. Ein gewaltiger Wasserfall. Der Winterberg unter einer grünen Novomagica-Glocke. Eine Armee aus Nunmenschen. Nein, viele Armeen. Das Scheppern ihrer Waffen hallt von den schneebedeckten Berghängen wider. Ein grüner Wald, der bis zum Horizont reicht. Das undurchdringliche Blätterdach des Parasols. Ein schrilles Kreischen. Zander und Salmon im Thronsaal des Glaspalasts. Kanto Dan de Nowy. Nein! Nein! Salmon!

Die Bilder zerfasern. Werden instabil. 

Plötzlich – roter Himmel über Myr Ryba. Blutgetränkte Nächte. Schiffe mit schwarzen Segeln. Kanonendonner. Pulverdampf. Ein Netz aus gleißenden Blitzen. 

Alle Bilder verbinden sich. Vermengen sich. Werden zu einem flackernden Strom, der mit einem langgezogenen Keuchen zwischen den Lippen der blonden Frau unter dem Torbogen von Myr Ryba verschwindet.

Nach Luft schnappend, hustend und röchelnd, kam Iris wieder zu sich. Sie konnte die Bilder in ihrer Brust spüren. Als hätte sie die Zeit selbst eingeatmet. Panisch stolperte sie rückwärts ins Wasser und zerrte an ihrem Kleid. Am liebsten hätte sie ihre Haut abgestreift. Ihr Skelett. Ihre Organe. Sie wollte sich auflösen. Ihren Körper loswerden. Ganz egal, was das bedeutet hätte.

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt