5. Vorausfallende Schatten

425 55 33
                                    

Das schrille Läuten der Glocken umwogte den Fellmonte wie ein mehrstimmiger Kanon

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Das schrille Läuten der Glocken umwogte den Fellmonte wie ein mehrstimmiger Kanon. Cyan lehnte sich aus dem Fenster und sah auf die Stadt am Fuß des Rybaler Hausbergs hinunter. Überall wurden Lichter entzündet, sowohl in den kleinen Fachwerkhäusern Niederdamms als auch in den hochherrschaftlichen Villen von Hohedamm. Selbst die kleinen Holzhäuser des Sudkyste-Viertels, die sich auf der südlichen Landzunge dicht aneinanderdrängten, waren hell erleuchtet. Die Lichter breiteten sich aus wie ein Flächenbrand. Nur das Ratsgebäude, die Reedereien, Fabriken und Gilden blieben dunkel. Allerdings konnte Cyan sehen, wie sich das Feuer auf dem Dach der Magier-Gilde von hellgrün zu leuchtend rot verfärbte.

»Was ist das für ein Geräusch?«

Mit einem ledrig klingenden Rascheln erschien Sheitani an seiner Seite. Aus dem Augenwinkel konnte Cyan wahrnehmen, wie sich die Finsternis des Schleiers zwischen den Welten öffnete und ihn hinaustreten ließ. Es sah immer ein bisschen so aus, als würde er aus dem Boden gekrochen kommen. »Das ist die Glocke des Nordentors«, erklärte er.

»Und was bedeutet dieses Geläut?«, fragte Sheitani, während er über Cyans Scheitel hinwegspähte. Obwohl Cyan nicht gerade klein war, überragte ihn der Myrkur fast um einen ganzen Kopf.

»Es bedeutet, dass irgendetwas Schlimmes geschehen ist oder noch geschehen wird«, antwortete Cyan und kaute mit den Schneidezähnen auf seiner Unterlippe herum. Als ihm diese nervöse Angewohnheit bewusst wurde, presste er die Lippen fest aufeinander. Ein metallischer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus. »Ich mache mir Sorgen«, flüsterte er. »Iris und Tuna sind irgendwo dort unten.«

»Ihr macht Euch immer Sorgen«, meinte Sheitani. »Aber wenn Ihr Euch dadurch besser fühlt, wird Sheitani nachsehen gehen, ob Fräulein Iris und Fräulein Tuna unversehrt sind.«

Cyan überdachte das Angebot und schüttelte dann den Kopf. »Nein, schon gut. Die beiden können auf sich aufpassen.«

Besser als ich, fügte er im Geiste hinzu. Unwillkürlich musste er an das denken, was vor drei Monaten im Wintergarten des Forelli-Anwesens geschehen war. Wie die Blumen und Bäume der Orangerie lebendig geworden waren und den Attentäter, der es auf sein Leben abgesehen gehabt hatte, einfach verschlungen hatten. Noch heute trug er die Spuren dieser Nacht mit sich herum: Eine lange Narbe an der Schläfe, die ihm der Attentäter mit seinem eigenen Magier-Stock zugefügt hatte. Nein, er war wirklich nicht gut darin, auf sich selbst zu achten. Aber Tuna war eine ausgezeichnete Leibwächterin und Iris besaß die Gunst der Göttin. Jeder Mann in Myr Ryba würde es sich zweimal überlegen, ob er sich auf einen Kampf mit den beiden einlassen wollte.

»Gibt es irgendwas Neues von Zander?«, fragte Cyan.

Sheitani blickte noch immer auf die hell erleuchtete Stadt hinaus, deren Lichtermeer einen starken Kontrast zum Dunkel des Ozeans bildete. »Nein. Sheitani kann ihn nicht finden. Herr Zander ist nicht wie Fräulein Iris, kein Kind der Göttin Eydna.«

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt