3. Der Klang der Glocken

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»Ich kann es kaum erwarten, ins Bett zu kriechen«, seufzte Iris, als sie und Tuna später am Abend den Goldenen Hummer verließen und an die kalte Nachtluft hinaustraten

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»Ich kann es kaum erwarten, ins Bett zu kriechen«, seufzte Iris, als sie und Tuna später am Abend den Goldenen Hummer verließen und an die kalte Nachtluft hinaustraten. Heftige Sturmböen fegten über die Hafenpromenade hinweg und rüttelten an Schildern, Laternen und Fensterläden. Der Ozean brandete wuchtig gegen die Kaimauern. Einige der Piers und Molen waren bereits vollständig überflutet. Ernsthafte Sorgen um Häuser und Schiffe schien sich trotzdem niemand zu machen. Es war, als wüssten die Bewohner der Stadt, dass Myr Ryba auch diesen Herbststurm überstehen würde, so wie schon viele andere Stürme zuvor.

Tuna spähte zu einigen angetrunkenen Fischern hinüber, die nicht weit entfernt unter dem Vordach einer Netzflickerei standen und aus irgendeinem Grund die Aufmerksamkeit einer schwarzen Straßenkatze zu erringen versuchten. »Enzia wird vermutlich noch wach sein.«

»Wirklich?«, fragte Iris und bemühte sich erfolglos, über die Hausdächer zur großen Turmuhr des Ratsgebäudes zu sehen, das im Zentrum von Niederdamm beheimatet war.

»Ja, sie beschäftigt sich mit einer neuen Technik, die von der Elektriker-Gilde entwickelt wird. Ich denke, sie nennen es Telegrafie.« Tuna machte eine wedelnde Handbewegung. »Es geht wohl irgendwie darum, mithilfe von Elektrizität Nachrichten über weite Distanzen zu übermitteln. Enzia möchte der Gilde dabei helfen, eine geeignete Sprache für diese Maschinen zu entwickeln.«

»Eine Sprache?« Iris zog ihr Cape enger um sich. »Das klingt ja faszinierend.«

»Du kannst ihr gern zur Hand gehen«, meinte Tuna mit Blick in den sturmbewölkten Himmel. »Da Salmon nicht mehr hier ist, wird sie sich bestimmt über deine Hilfe freuen.«

»Ich wollte schon immer mal eine Sprache erfinden«, sagte Iris und wich zur Seite aus, als ein junger Matrose hinter ihr aus der Tür trat, sie kurz musterte und dann eilig die Flucht ergriff. Noch vor ein paar Monaten hätte er sich wohl nicht gescheut, ihr ein eindeutiges Angebot zu machen, doch jetzt wirkte es, als wäre er lieber zu einem glitschigen Wels ins Bett gestiegen. Iris verbarg ihren Unmut und fuhr fort: »Denkst du, man würde diese neue Sprache dann nach mir benennen?« Sie merkte, wie sich hinter ihrer Stirn eine Sturmflut von Ideen zusammenbraute. »Irisidion, Lionalinga oder Lionlore? Das klingt doch alles großartig, findest du nicht? Vielleicht wurde ich dazu geboren, eine neue Sprache zu erfinden.«

Tuna zog missbilligend die Brauen zusammen. »Manchmal frage ich mich wirklich, ob in deinem Oberstübchen alles in Ordnung ist.« Ehe Iris etwas erwidern konnte, ergänzte sie: »Wo ist jetzt unsere Kutsche?«

»Oh, ich bin nicht mit der Kutsche gekommen«, sagte Iris und entfernte sich ein paar Schritte von der Tür des Goldenen Hummers, um den kommenden und gehenden Gästen nicht länger im Weg zu stehen. Sofort wünschte sie sich, sie hätte es nicht getan. Der Wind pfiff um die Hausecke und zerrte unbarmherzig an ihrer Kleidung, sodass sie drei Anläufe brauchte, um sich die Kapuze ihres Capes über den Kopf zu ziehen.

»Sondern?«, fragte Tuna.

»Mit dem Vapobil«, antwortete Iris. »Ich habe es gleich da vorne abgestellt«, fügte sie hinzu und deutete in eine Nebenstraße.

Die Forelli-Dynastie: Göttlicher ZornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt