81 - Einschlagendes Unheil

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Der Aufprall kommt schneller, als mein Kopf klare Gedanken fassen kann.
Die Härte des Sturzes raubt mir die Luft zum Atmen, sie schnürt mir jegliche Möglichkeiten ab. Ein wahnsinniger Druck am Kopf lässt mich vor Schreck aufkeuchen, doch das Gefühl, keinen Sauerstoff zu bekommen, legt sich wie eine schwere Last über mich.
Erde reibt an mir, Kieselsteine bohren sich durch meine Kleidung, durch meine Haut. Gras wird unter mir platt gedrückt, während mein Körper weiter nach unten geschoben wird.
Verzweifelt schnappe ich erneut nach Luft, doch der Versuch endet mit einem schneidend scharfen Schmerz, der durch meinen Bauch fährt und im dumpfen Pochen zu versinken scheint.
Entfernt glaube ich, meinen Namen zu hören. Ein aufgewühltes, nahezu panisches Stimmengewirr kommt auf mich zu. Hinter ihm ein schwarzes Loch, welches keine Mühe braucht, dieses Rauschen zu verschlucken.
Ich meine, Alex' verzerrtes Gesicht über mir vorbeihuschen zu sehen. Es war rot.
Doch bevor ich meinen Kopf drehen, die ganze Situation einordnen und einschätzen kann, hat das schwarze Loch meinen Körper behutsam eingehüllt.

Alex' Sicht

Adrenalin erobert meinen Körper, hilft mir dabei, meine Sicht wieder klarer werden zu lassen. Im letzten Moment konnte ich verhindern, dass ihr Kopf ungebremst gegen den ungünstig liegenden Stein trifft. Auch wenn der Stein dafür keine Sekunde später mir für einen kurzen Moment das Tageslicht nahm, verhindert die Angst um Fine mein gänzliches Austreten.

Meine sonst so strukturierten Gedanken fliegen im Kopf umher und scheinen keinen Halt davor zu machen, mit dem echten Wind aus meinem Gedächtnis getragen zu werden.
Nur Fine vor mir ist da - ihr von Schmutz befleckter Körper, ihre Augenlider, die erfolglos flackern.
Mit größter Anstrengung blinzle ich über den Schmerz, der sich auch in mir allmählich ausbreitet, hinweg und probiere, einen Blick auf Fine zu erhaschen.
Behutsam beuge ich mich über ihren zerbrechlich scheinenden Körper und bemerke, wie ihr Blick meinen streift, bevor ihr Kopf gänzlich zur Seite kippt und den Kampf, bei Bewusstsein zu bleiben, aufgibt.

Meine ganzen Versuche, sechs Jahre Studium und einiges an Berufserfahrung umzusetzen, scheitern in einem kläglichen Brei von unbrauchbaren Informationen.
"Fine", sanft rüttle ich an ihrer Schulter, mit Angst erfüllt, ihrem Körper noch mehr zu schaden, "hörst du mich?" Nichts.
Meine Augen suchen ihren Körper schemenhaft ab. Ihr Oberteil ist am Bauch von Blut durchtränkt.
Das Bild vor mir verschwimmt langsam, wird undeutlicher. Es ist, als könnte ich kein Blut sehen. Als würde ich darauf nicht gut reagieren. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, diese Menschen zu verstehen.

"Oh Gott, Josefine!" Astrids unerträgliche Stimme dringt zu mir durch und löst meinen Blick nur für eine kurze Absicherung von Fine.
Astrid ist auf dem besten Weg, sich neben ihren reglosen Körper zu knien. Ihre Augen sind vor Schreck geweitet, was meinen Hass auf sie nur steigert.
Das Bild vor mir löst einen plötzlichen Würgereiz aus, den ich nicht mal mit größtem Einsatz unterdrücken könnte. Es ist, als würde dieser mich von dieser absurden Szenerie weglenken wollen. Hier spielt sich etwas ab, das ich mir nicht in meinen wahnwitzigsten Gedanken hätte vorstellen können.
Mit letzter Kraft drehe ich mich weg und übergebe mich schwer atmend. Ich spüre eine sanfte Berührung an meiner Schulter, die mich jedoch kaum noch im Hier und Jetzt halten kann.
"Alex", Annis Stimme zittert vor Angst und Entsetzen, "mach was."
Ihr Flehen dringt nur noch aus weiter Ferne zu mir hindurch.
Astrids Stimme bahnt sich mit einer brutalen Präsenz einen Weg zu mir, Annis Berührung brennt auf meiner Schulter. Die Umgebung dreht sich, ich merke, wie Panik in mir aufsteigt.
Das Donnern im Hintergrund gibt den letzten Feinschliff. Etwas kaltes lässt mich zusammenzucken. Vereinzelte Regentropfen saugen sich in mein Shirt.
Ich öffne meinen Mund, hole angestrengt Luft und schmecke im nächsten Moment Blut.
Doch alles, was ich keine Sekunde später noch spüre, ist Anni, wie sie mich langsam zu Boden gleiten lässt.
Es ist aus.

Phils Sicht

"Du bist absolut sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?" Mein Blick ruht sanft auf Paula, die ihre Decke bis ans Kinn gezogen hat.
Sie nickt. "Das sind echt nur leichte Kopfschmerzen. Ich kann morgen Fine auch von der Schule abholen, wenn sie von der Klassenfahrt ankommt. Wie abgemacht."
"Das werden wir dann sehen", erwidere ich lächelnd und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. "Franco und ich machen uns dann mal auf den Weg zur Arbeit. Mir fällt das echt vor die Füße, dass du gerade nicht als Notärztin arbeiten kannst. Und die Woche auch noch Alex, der meint, sich Urlaub nehmen zu müssen." Gespielt erbost stehe ich vom Bett auf.
Paulas Lachen zeigt mir, dass bis auf die Kopfschmerzen wirklich alles in Ordnung ist. "Du bist doch selbst froh, dass jemand mit Ahnung bei Fine ist und sich um sie kümmern kann, falls etwas passiert." Seufzend richtet sie sich nun doch etwas auf. "Morgen sind die beiden ja auch wieder da. Dann hast du Alex auf Arbeit wieder und um Fine macht ihr euch dann bestimmt auch nicht mehr so viele Gedanken."
Ihre Worte können mich diesmal leider nicht ganz überzeugen. "Ich hoffe, dass wir das alle so sehen."
Paula nickt verständnisvoll und greift nach ihrem Handy.

Francos Stirn liegt in Falten. Wie sie es schon die ganze Woche lang tut, doch von Tag zu Tag scheinen sie tiefere Furchen in seiner Haut zu hinterlassen.
Seit Fine auf Klassenfahrt ist, wirkt es so, als hätte er kaum ein Auge zugetan. Ich glaube, Alex hat einen weiteren Vertreter für seine Spiegeltheorie gefunden.
"Schätzt du Paula trotzdem so ein, dass sie Fine morgen von der Schule abholen kann?", fragt Franco, während wir uns auf der Wache umziehen.
Ich nicke. "Gehe ich schon von aus. Die Wärme spielt ihr momentan nur nicht so in die Karten."
"Sonst muss ich mich irgendwie darum kümmern, einen Ersatz für mich zu finden", übergeht er meine optimistische Aussage.
Meine Augenbrauen heben sich. "Franco, du kannst dich etwas bedenkenloser haben. Alex ist auch noch da. Und außerdem ist Fine kein kleines Mädchen mehr, die würde es sogar allein nach Hause schaffen."
Schnaubend schließt Franco seinen zweiten Schuh und verlässt, ohne mir noch einen Blick oder ein Wort zu schenken, den Raum.
Kopfschüttelnd schaue ich noch einige Sekunden auf die wieder geschlossene Tür. Sein Kopf ist kaputt. Aber kann man ihm das verübeln?

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Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)

7 Jahre Pech (Asds) |2/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt