8 - Überrascht und durchgedreht

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"Ich finde das nicht ganz so witzig", brumme ich und wende mich zum Fenster.
"Aber...", Anni schnappt lachend nach Luft, "das ist einfach zu gut!" Sie haut mir auf die Schulter.
"Hör jetzt auf, ist dir das nicht peinlich?" Ich muss mich nicht in der Bahn umgucken, um die Blicke der anderen Fahrgäste zu sehen.
"Schon gut", piepst sie, nachdem sie die Luft angehalten hat. Ein flüchtiger Blick zu ihr lässt mich dann doch etwas schmunzeln. Ihre Augen glitzern, ihre Wangen sind aufgeplustert. Im Zusammenreißen war sie noch nie wirklich gut.
"Wie kannst du so ernst bleiben?", fragt sie dann doch erneut lachend.
Einfach ignorieren, dann legt sich das schon wieder.
Abrupt hört ihr Gelächter auf. "Aber eigentlich wäre das doch echt langsam mal an der Zeit mit einem Baby, oder?"
"Süß wäre das schon", gebe ich zu, muss mich gleichzeitig aber auch zwingen, nicht wieder diese egoistischen Gedanken zu bekommen. Phil ist nicht nur für mich da. Dass eigene Gedanken einen so schlecht fühlen lassen können, wusste ich bis zuletzt auch noch nicht.
Anni seufzt. "Weißt du schon, was du für die anderen kaufen möchtest?", wechselt sie das Thema.
"Anni, das ist kein besseres Thema. Ich habe keinen Plan", jammere ich.
"Das wird schon." Aufmunternd legt sie mir eine Hand auf die Schulter, doch ihr breites Grinsen verrät, woran sie bereits wieder denkt.

"Kannst du das mal bitte halten?" Bevor ich überhaupt eine Reaktion von Anni bekomme, drücke ich ihr das Parfum in die Hand.
"Das stinkt", stellt sie mit verzogenem Gesicht fest.
"Passt dann ja zu Toni", erwidere ich trocken. "Aber nee, das hier hat er sich gewünscht." Ich greife zu einem dunkelblauen Flakon und sprühe etwas auf den Teststreifen. Nach kurzem Schütteln rieche daran, habe jedoch das Gefühl, mir alle Riechzellen wegzuätzen. "Hoffentlich dieselt er sich damit nur in seinem Zimmer ein."

Annie bleibt mit überfordertem Gesichtsausdruck mitten im Weg stehen. "Nee, echt nicht. Ich habe keine Ahnung, was ich meinem Vater schenken könnte." Hilfesuchend guckt sie zu mir.
"Das sollten wir nicht mitten auf dem..." Jemand unterbricht mich lauthals. Und bestätigt somit eigentlich nur das, was ich gerade sagen wollte.
"Lilly, bleib stehen!" Stille. "Pass auf!"
Just in dem Moment, in dem ich mich umdrehen will, spüre ich etwas an meinen Beinen. Mit einem schnellen Schritt nach vorn kann ich mein Gleichgewicht noch halten, doch das kleine Mädchen, welches soeben in mich gerannt ist, ist auf ihrem Hintern gelandet.
"Lilly, meine Güte, warum rennst du immer weg?" Jemand kommt vor uns zum Stehen.
Mein Blick löst sich von dem Mädchen, welches anscheinend Lilly heißt, und heftet sich auf den Typen, der mir nun gegenübersteht.

"Hey, du da, starr nicht so", flüstert Anni mir zu und kneift in die dünne Haut meines Handrückens.
Doch mein Gegenüber starrt mich selbst an, als wäre ich gerade im Clownskostüm auf Stelzen unterwegs.
"Tut mir leid, ich hab sie nicht gesehen", bringe ich nach einer gefühlten Ewigkeit hervor.
"Du kannst ja nichts dafür. Komm Lilly, steh auf. Hast du dir was getan?" Er greift nach den Armen des kleinen Mädchens.
"Ich möchte jetzt ein Eis!", quängelt sie sofort los.
Ein Seufzen entflieht ihm. "Anscheinend hast du dir nichts getan", murmelt er.

Anni packt meinen Arm und möchte sich zum Gehen wenden, um aus dieser äußerst komischen Situation zu fliehen, ich jedoch drehe mich nochmal um. Um zu bemerken, dass ich noch immer angestarrt werde.
"Ich...", meine Stimme versagt und ich muss mich räuspern. Warum hämmert mein Herz so wild? Vielleicht aus Angst, dass er denkt, ich sei eine Idiotin, die sich nicht bedanken könne.
"Ich wollte mich bedanken", beginne ich erneut. "Wirklich. Aber deine Nummer war nicht vergeben."
Kurz kommt keine Reaktion, dann zeichnen sich leichte Falten auf seiner Stirn ab. "Oh wow, ich", er friemelt sein Handy aus der Hosentasche, "muss dir ernsthaft meine alte Nummer gegeben haben. Dürfte ich kurz dein Handy?"
Mein Körper steuert sich von allein. Ohne wirklich darüber nachzudenken, strecke ich ihm mein Handy entgegen.
Indes entgleiten Annis Gesichtszüge in alle Himmelsrichtungen. Mehr Verwirrung in einem Blick geht wohl kaum.

7 Jahre Pech (Asds) |2/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt