20 - Kummer

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"Phil?" Vielleicht sollte ich ihn mal warnen, dass hier gleich jemand das Haus betritt.
"Mhm?"
"Simon kommt gleich."
"Mhm." Sein Blick bleibt auf den Bildschirm gerichtet.
"Ist das okay?", hake ich nach, auch wenn ich jetzt nicht nochmal absagen würde.
"Mhm."
Sag mal, hört der mir überhaupt zu? "Phil?"
"Mhm."
"Hörst du mir zu?"
Phil guckt mich noch immer nicht an. "Mhm."
"Ich bin schwanger."
"Mhm." Es vergehen bestimmt fünf Sekunden, ehe sein Kopf nach oben schnellt. "Was?!"
"Habe ich jetzt deine Aufmerksamkeit? Super." Ich rutsche etwas nach oben und schlage die Decke zurück. Mir wird schon wieder so elendig warm, obwohl die Temperatur draußen gerade so im Plus klemmt und die Heizungen extra für mich aus sind. "Simon kommt gleich. Ich wollte dich nur mal informieren."
"Wie jetzt." Phil zieht seine Augenbrauen hoch. "Du bist doch krank."
Ich bin kurz davor, meine Augen zu verdrehen, kann mir diese Schmerzen im letzten Moment jedoch sparen. Das war knapp. "Es scheint ihm aber wirklich wichtig zu sein. Außerdem turne ich hier ja nicht gleich herum."
"Verstehe schon", murmelt er und guckt wieder zu seinem Handy runter. "Ich räume mal das Feld." Mit gesenktem Blick - was ist da gerade überhaupt so wichtig auf seinem Handy? - steht er auf.
"Phil! Auf... passen." Zu Beginn noch laut und erschrocken, zum Schluss leise nuschelnd. Und vielleicht etwas lachend.
"Wer hat hier den Hocker hingestellt?", beschwert sich Phil, während er sich und sein Handy wieder vom Boden aufsammelt.
"Ich will ja nichts sagen, aber der steht da schon seit einer Woche", gebe ich gespielt mitleidig zu bedenken. Dann kann ich es aber nicht mehr lassen und muss hinterfragen, was seine Aufmerksamkeit ans Handy fesselt. Wenn er deswegen schon hinfliegt.
"Alex kauft sich gerade ein neues Auto", kommt es nicht ausführlicher von ihm, ehe er nach oben verschwindet. Und tschüss.

Zwanzig Minuten nach dem Telefonat klingelt es. Punktlandung.
Vorsichtig erhebe ich mich, lasse meinen Kreislauf etwas an diese neuartige Bewegung gewöhnen und schwebe dann über den Boden. Es graut mir vor jedem Schritt, der zu fest auf dem Boden landen und mir somit einen Schmerz bis in die Zahnwurzel bescheren könnte.
Doch als ich endlich an der Tür ankomme und diese öffne, sehe ich keinen Simon. Alex und Paula stehen grinsend vor dem Haus.
"Ihr wart doch gerade noch ein Auto kaufen?" Ich hebe eine Augenbraue. "Und warum klingelt ihr überhaupt?"
Statt der erwarteten Antwort verziehen beide ihre Gesichter. Nicht ganz die Reaktion, die ich erwartet habe.
"Du klingst ja schrecklich. Heute Morgen hast du dich schon nicht mehr schön angehört, aber jetzt... hui", wirft Alex mir gegen den Kopf. Das hat Phil mir doch auch schon gesagt.
"Das muss ja schmerzhaft sein", gibt auch Paula von sich und pflichtet Alex somit bei.
"Ja Leute, es ist schmerzhaft. Und ja Leute, das alles wurde mir schon von Phil gesagt. Aber eigentlich warte ich auf..." Ich muss meinen Satz gar nicht bis zum Ende ausführen, denn Simon erscheint hinter den beiden.
"Auf?", möchte Paula wissen.
Ich nicke zwischen den beiden durch. "Auf ihn da. Wenn ich bitten dürfte." Ich winke Simon an mich heran. Paula und Alex stehen etwas verloren vor der Tür und treten erst ein, als ich mit Simon ins Wohnzimmer verschwinde.

"Dein Krankenlager also", bemerkt er schmunzelnd. Wobei sein Schmunzeln ziemlich gequält wirkt.
Mit einer Handbewegung lade ich ihn auf die Couch ein. Auf die weniger infizierte Seite.
"Was bedrückt dich denn? Das klingt ja alles ziemlich dringend." Ich ziehe mir meine Kuscheldecke nun wieder eng um meinen Körper. Andere haben ein Wechselbad der Gefühle, ich schwimme derzeit permanent zwischen Kälte und Wärme.
Er atmet tief durch, scheint in der Couch versinken zu wollen. "Ich..." Er ringt nach den richtigen Worten, so wie seine Hände miteinander ringen. "Ich muss dir was sagen", quetscht er mit knapper Luft hervor.
"Das erwähntest du bereits." Langsam mache ich mir ehrlich Sorgen. Vorhin am Telefon hörte er sich schon ziemlich nervös an. Doch wenn ich ihn jetzt so sehe... Seine braunen Augen starren ausdruckslos auf den Tisch vor sich, seine Hände, eine noch in Verband gepackt, wollen sich erwürgen. Ich bezweifle, dass das gut für die Wunde ist, aber schön. Und von seinem rechten Bein, welches unaufhörlich wippt, ja schon zu zittern scheint, möchte ich erst gar nicht anfangen.

Sein Atem zittert, sein ganzer Körper zittert. Nervös fährt er sich durch die Haare.
"Simon, jetzt mal ehrlich. Hast du jemanden umgebracht? Was ist los? Rede mit mir."
"Ich..." Er fährt sich übers Gesicht und lässt seine Haare mal kurz Haare sein. "Mann, ich bin..."
Kurz vor dem Durchbruch wird er von der Klingel unterbrochen. Schrillend schneidet sie ihm das Wort ab. Er atmet erleichtert aus, ist wohl froh, doch noch nicht mit der Sprache rausrücken zu müssen.
Ich jedoch sitze nur verwirrt da und achte auf das Trampeln, welches die Treppe fast zum Wackeln bringt.
Das Schloss klackt, als die Tür aufgemacht wird. Und dann wird nach Luft geschnappt. Laut.
"Fine ist im Wohnzimmer", höre ich Phil erschrocken sagen.
"Danke", kommt eine geflüsterte Antwort.

Und als ich Anni dann im Wohnzimmer stehen sehe, einerseits verheult, andererseits lächelnd, als ihr Blick auf Simon fällt, weiß ich gar nicht mehr, wo vorne und hinten ist. Und Simon? Sein Gesicht ist binnen Sekunden in ein tiefes Rot gehüllt.

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Ich freue mich so doll, euch nach langer Planung und Arbeit mitteilen zu können, dass niemandin und ich soeben unsere erste gemeinsame Geschichte auf asds_write begonnen haben. 'Scars' ist natürlich eine Asds-Ff, die wir beide zusammen schreiben werden. Und mit zusammen meine ich wirklich, dass jedes Kapitel von uns beiden geschrieben und überarbeitet wird.
Uns macht dieses 'Projekt' sehr viel Spaß und es würde uns freuen, wenn ihr dort vorbeischauen würdet.
Vielleicht liest man sich dort ja :)

(Das heißt nicht, dass ich diese Geschichte hier nun vernachlässigen werde. Wir haben schon länger im Hintergrund an 'Scars' gearbeitet und ich war hier dennoch aktiv :))

Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)

7 Jahre Pech (Asds) |2/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt