12 - Große Veränderung

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Während ich von jeder Person einfach überfordert angestarrt werde, kämpft Alex sich um Stühle und Tische. Er hat schnell gesehen, dass es hier um mich geht. Toni ist ihm dicht auf den Fersen, was auch sonst.
Tränen bilden sich vor Anstrengung in meinen Augen. Wenn das hier so weitergeht, kann ich nicht versichern, dass alles dort bleibt, wo es hingehört.
Zwischen zwei Anfällen schnappe ich gierig nach Luft, was mich jedoch nur schneller in die nächste Runde katapultiert, als mir eigentlich lieb ist.
"Sie erstickt! Mach doch mal einer was!", schreit plötzlich eine hysterische Frauenstimme, die ich einer älteren Dame zuordnen würde.
"Ruhig, ich bin Arzt, das hat sich gleich wieder", beschwichtigt Alex. Seine Stimme klingt irgendwie nicht ganz so besorgt, wie ich mir das in Gedanken vorgestellt habe. Aber die sind ja auch schnell ausgehustet.
Sein Ziel erreicht, kniet Alex sich zu mir. Eine Hand auf mein Bein, die andere haut mir auf den Rücken. Ich habe das Gefühl, dass das eher eine Geste der Beruhigung sein soll.
"Du hast dich an Flüssigkeit verschluckt?", fragt er ruhig, was ich mit einem knappen Nicken bestätigen kann, natürlich ohne mein Husten zu unterbrechen.

Geduldig wartet Alex, bis ich mich langsam beruhigt habe.
"Geht's?"
Ich nicke und schlucke kräftig. Alex' Finger tasten nach meinem Puls, was auch immer ihm das jetzt bringt. Mein Herz dürfte über seine eigenen Füße stolpern, so heftig hämmert es in meinem Brustkorb.
Eine Totenstille füllt das Café, was mich mit einem Eimer eiskalter Peinlichkeit überschütten lässt. Wirklich ein schönes Gefühl, so angestarrt zu werden.
Allmählich löse ich meinen Blick von Alex' Hand, die ich fixiert habe, und schiele zu Toni. Der jedoch starrt einfach nur zu meiner Begleitung. Ja, er sieht Anni nun nicht gerade wie aus dem Gesicht geschnitten aus.
Alex räuspert sich bedeutungsvoll. Obwohl - kann man sich bedeutungsvoll räuspern? Vielleicht interpretiere ich da gerade sehr viel rein. "Ich dachte kurz wirklich, dass ich mich vergucke", beginnt Alex leise. Doch auch seine niedrige Lautstärke verhindert nicht, dass es Zuhörer gibt. Niedrige Lautstärke mit Stille addiert, ergibt nun mal eine niedrige Lautstärke.
Er dreht seinen Kopf behutsam zu Simon, lächelt ihn kurz an und fängt dann erneut meinen Blick ein. Behutsam? Ich sollte ehrlich aufhören, so eine Angst vor seiner Enttäuschung zu haben.
"Irgendwie ist Anni etwas männlich geworden. Und so groß. Breite Schultern hat sie auch bekommen, ist ja ganz komisch, wie doll sie sich in so kurzer Zeit verändert hat." Seine Mundwinkel zucken nach oben. "Warum lügst du mich an? Du hättest doch sagen können, dass du dich mit einem Jungen triffst."
Meine Wangen fangen an zu pochen, die Peinlichkeit hat es in mein Gesicht geschafft.
Ich öffne meinen Mund, möchte mich vor Alex irgendwie rechtfertigen, doch kein Wort kommt mir über die Lippen.
Grinsend steht er wieder auf. Mit dieser Bewegung lösen sich auch endlich alle anderen Blicke von uns und es wird in alle Richtungen getuschelt.
"Ich bin Alex", beginnt er, sich vorzustellen, "und Josefines... Ja, was bin ich von dir? Eigentlich nichts, aber sie ist mit mir aufgewachsen."
"Alex, lass gut sein", fahre ich ihm zögernd dazwischen. Diese ganze Situation ist einfach so gelaufen, wie ich mir das nur in einem schlechten Film vorstellen könnte.
"Natürlich, ich möchte nicht weiter stören. Viel Spaß euch noch." Mit einem Zwinkern in meine Richtung entfernt er sich endlich wieder von unserem Tisch. Toni kann sich nur schwer von Simons Anblick lösen, stolpert Alex jedoch noch verwirrt hinterher.
Na gut, so kurios war das nun auch nicht, dass Toni damit überfordert sein könnte.

Tiefe Falten legen sich über Simons Stirn. "Wer war das jetzt?", hinterfragt er ziemlich irritiert.
"Alex. Er ist ein Freund meines Vaters und wohnt, so wie Phil, bei uns. Ich bin auch mit ihm aufgewachsen", erkläre ich, wiederhole dabei eigentlich nur Alex' Vorstellung. "Und das daneben war Toni, mein großer Bruder."
Ich fühle mich ertappt, als hätte ich eine schlimme Tat begangen. Als hätte ich irgendetwas getan, was die anderen zutiefst enttäuschen würde. Wobei Alex gar nicht enttäuscht aussah. Hier bleibt nur noch die Frage, ob das nicht eher ein Wunschdenken meinerseits ist.
"Möchtest du gehen?", durchschneidet Simon meine Gedanken.
"Wäre wohl besser", gebe ich zu und werfe einen Blick nach draußen. Die Scheibe ist von Regentropfen benetzt, doch der Regen hat bereits aufgehört. "Regnet auch nicht mehr."

Nachdem Simon bezahlt hat - er hat darauf bestanden - verlassen wir das Café und schlendern ziellos an den Läden vorbei.
"Wer ist Anni?"
Erleichtert ob dieser Frage puste ich angesammelte Luft nach draußen. Diese Stille wurde mir allmählich unangenehm zwischen uns.
"Immerhin scheint dein Alex gedacht zu haben, dass du mit ihr unterwegs bist", ergänzt er noch.
Ich nicke. "Das habe ich ihm gesagt. Anni ist meine beste Freundin und..." Meine Stimme bricht ab. "Also zumindest war sie das? Sie ist das Mädchen, welches bei mir war, als wir uns das letzte Mal begegnet sind."
Simon bleibt kommentarlos stehen und deutet auf einen Spielzeugladen, der nur noch ein paar Meter von uns entfernt ist. "Hättest du etwas dagegen, wenn wir dort kurz reingehen? Ich brauche etwas für Lilly, die du ja auch schon gesehen hast. Sie hat nächste Woche Geburtstag. Du darfst dir auch gern dein Herz bei mir ausschütten. Es klingt so, als würde dich etwas bezüglich Anni sehr belasten."
"Warum sollte ich etwas dagegen haben? Klar", gebe ich freudig zurück und schiebe Anni gedanklich erst mal wieder nach hinten.

"Du hast aber echt keine Ahnung", stelle ich kichernd fest und nehme ihm das Ausmalbuch aus der Hand. "Komm mit, du bist in der ganz falschen Abteilung." Ohne überhaupt zu wissen, was ich mache, greife ich nach seiner Hand und ziehe ihn hinter mir her.
Zwischen Regalen voller Barbies bleibe ich stehen. "Nach deinen Erzählungen braucht sie etwas aus diesem Sortiment. Na dann, such was aus."
Simon hebt eine Augenbraue. "Wenn du meinst."
Grinsend nicke ich. "Ich meine nicht nur, ich weiß es."

Es ist bereits dunkel, als Simon und ich vor meiner Haustür ankommen. Er hat darauf bestanden, mich nach Hause zu begleiten, damit ich nicht allein gehen muss. Wohler war mir dabei schon, andererseits war es ziemlich unangenehm, ihm solch einen Umweg zu bescheren.
"Ich fand den Tag heute wirklich schön", gestehe ich lächelnd.
"Amüsant allemal." Grinsend hebt er die Tüte, in der seine Ausbeute für Lilly ist. "Ich hätte nichts gegen ein weiteres Treffen."
"Das klärt sich alles mit der Zeit. Wir schreiben uns ja sicherlich noch." Klingt von mir nicht wirklich überzeugt, obwohl ich einem weiteren Treffen gegenüber nicht abgeneigt wäre.
Wir verabschieden uns mit einer Umarmung und er wartet, bis ich wirklich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen lasse.

Kaum habe ich einen Schuh ausgezogen, ruft Alex mich schon aus dem Wohnzimmer zu sich.
"Bin ja gleich da", nuschele ich, auch wenn er das nicht hören kann.
Ich schäle mich aus Jacke und Schal, ziehe auch den zweiten Schuh noch aus und gehe dann wie befohlen zu Alex, der auf der Couch sitzt. Allein.
"Müssten die anderen nicht auch da sein?", frage ich. Immerhin stand Paulas Auto vor der Tür.
"Franco ist mit Oli was trinken, scheint irgendwas passiert zu sein. Und Phil hat Paula zum Essen eingeladen. Toni ist oben." Er stellt den Fernseher auf stumm. "Aber jetzt erzähl mal. Ist das dieser Simon von der Reanimation?"
"Ja, das ist er." Ich wundere mich, dass er mit seinem Verdacht richtig liegt. Immerhin kannte er nicht mal den Namen.
Und so erzähle ich Alex noch einiges über ihn und den heutigen Tag, ehe ich mich in mein Zimmer zurückziehe.
Eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, an dem ich Anni über alle Einzelheiten berichte. Aber wenn sie sich nicht mehr meldet und mich ignoriert?
Über meine eigentlich gute Laune legt sich ein grauer Schleier, der mir einen gehörigen Dämpfer verpasst. Wie schnell das doch kippen kann.

Meine Augen brennen, während ich an die Decke starre.
Meine Gedanken sind ein einziger Brei, der sich nur zäh bewegen lässt.
Die Frage, wie das nach den Ferien zwischen Anni und mir laufen soll, will sich nicht einfach so in Luft auflösen. Wäre natürlich viel zu leicht.
Ein Klopfen an meiner Tür lässt mich zuckend hochfahren.
"Was ist?", frage ich ziemlich bedrückt.
Langsam wird die Türklinke nach unten gedrückt. Toni erscheint in meinem Zimmer. "Können wir kurz reden?"
Ich hebe verwundert eine Augenbraue. "Wenn du Bedarf hast, klar."

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Ich bin gerade voller Zuversicht, dass das Kapitel angezeigt wird, nachdem mein letztes nirgendwo aufgetaucht ist. Ich bin gespannt xD
Was die Benachrichtigungen zu Kapiteln angeht, spinnt das hier ja in letzter Zeit ziemlich häufig.

Einen schönen Morgen, Tag oder Abend noch :)

7 Jahre Pech (Asds) |2/2|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt