Ruth B. - Dandelions
"Der rote Lippenstift ist Tradition." Mama trägt mir mit aller Liebe ihren roten Lippenstift auf. Ihre Augen sind noch gereizt, weil sie vorhin schon wieder in Tränen ausgebrochen ist. Es ist kaum zu glauben, dass es heute wirklich so weit ist. Yasmin hat sich mit der Dekoration selbst übertroffen. Die islamische Vermählung ist in Grün, Weiß und Gold gehalten. Die Intention dahinter sind die Farben Ardans und meiner Augen. Echt schön. Das Haus ist voller Leben. Im Wohnzimmer, Küche und Garten sitzen alle Familienmitglieder quer verteilt. Im Garten grillt Baba mit Ardan für uns. Alles ist perfekt. Es ist mein achtzehnter Geburtstag und er ist unvergesslich. Heute heirate ich Ardan. Wir heiraten heute. Es ist endlich vorbei. Wir müssen noch ein Jahr die Schulbank drücken und dann können wir schon zusammenziehen. Mein Leben könnte nicht besser laufen. Mama lächelt zufrieden. "Perfekt aufgetragen. Er steht dir." Sie drückt noch einmal meine Wangen zusammen und schon verzieht sich ihr Gesicht. Oh, nein! "Nicht, Mama. Nicht weinen", schmunzele ich. "Ich versuche es", flüstert sie. Oje, ihre Augen sind schon glasig. "Tante, setz dich lieber. Nicht, dass du noch dehydrierst." Yasmin zieht Mama beiseite, um zum dritten Mal meinen Eyeliner und meine Mascara zu kontrollieren. "Alles sitzt. Dein Kleid passt perfekt abgestimmt auf den Stoff von Ardans kurdischen Gewand und eigentlich fehlt nur noch ..." Sie grinst ... oh Gott, wenn sie nur wüsste. Wenn sie nur wüsste, was schon alles passiert ist. Ich ermahne sie nonverbal. Sie wird mich damit niemals in Ruhe lassen.
Es ist unglaublich, dass wir es geschafft haben. Dass es Ardan gutgeht. Dass ich mich durchgesetzt habe. Niemals hätte ich mir erdenken können, dass ich mit frischen 18 Jahren heirate. Hätte mir jemand gesagt, ich werde mich mit dem Eintreffen meiner Volljährigkeit vermählen, hätte ich ihn ausgelacht. Ich hätte gesagt, dass Jungs erst kommen dürfen, wenn ich 20 bin oder älter und dass die Schule im Vordergrund steht, aber die Liebe kommt tatsächlich nie, wie man sie sich vorstellt und wünscht. Und doch hat sie all meine Erwartungen übertroffen. Ich bin wunschlos glücklich. Jeden Schritt, den ich jetzt aus dem Schlafzimmer zum Garten gehe, lässt mich nur stärker lächeln. Die Sonne scheint, wärmt mich und mein Herz, doch nicht so sehr wie sein Anblick. Da ist er. Mein Herzensdieb. Neben Baba am Grill stehend und wegen einer Sache lächelnd. Er sieht so schön aus. So wunderschön. So angenehm und sanft wie eine Sommerbrise. Obwohl weder er noch Baba mich sieht, gleitet sein Blick zu mir. Mein Herz macht einen Satz. Das sanfte Lächeln, das er mir schenkt, ist schöner als der Blumenstrauß, den er mir gebracht hat. "Can, wie lange noch?" Mama hebt ihr Xeftan an, als sie zu den beiden an den Grill tritt. Die goldenen Details ihres gleichfarbigen Xeftans schimmern im Licht. "Muss sie noch wenden." Unter Babas sanften Lächeln werde ich ganz verlegen. Ich bin immer noch nicht locker genug, um mit Ardan vor Baba normal zu agieren. Noch verlegener werde ich, als Mama sich an Baba lehnt und beide zufrieden zu mir schauen.
"Geht doch ein wenig ins Gewächshaus. Da sind Schlappen. Das hier kann ich ja schon mal in die Küche bringen." Mama zeigt zur Gartentür hinter mir, wo noch eine Menge an Schlappen für jeden im Haus liegen. Ardan hat schon welche an und er wartet nur darauf, dass ich mir welche anziehe, damit wir gehen können. Oje, ich beeile mich, damit ich mich nicht nur weiter wegen des Lächelns meiner Eltern schämen muss. Ich warte nicht einmal auf den armen Ardan, als ich loslaufe. Oh Gott! Mein Bauch kribbelt! Ich bin so aufgeregt. "Warte doch auf mich, Mopsi. Es hapert an einigen Stellen noch mit meiner Ausdauer." Oh Gott, stimmt! Ich bleibe sofort stehen, drehe mich entschuldigend zu ihm um. Die Sonnenstrahlen begleiten uns, betonen seine Augen und die vielen Perlen und Steinchen meines grünen Xeftans. Wenn ich das sanfte Lächeln auf seinen pinken Lippen sehe, könnte ich glatt losweinen. Wir heiraten wirklich! "Mir gefällt die Farbe sehr an dir, Mopsi. Ich könnte mich glatt daran gewöhnen." Sein selbstverliebtes Kompliment lässt mich sowohl kichern als auch erhitzen. Am liebsten würde ich mich auf ihn schmeißen und abknutschen. Ein Küsschen kann ich mir ja gleich im Gewächshaus abholen, dem wir immer näherkommen. "Ich habe echt Hunger." "Ich auch. Es ist immer noch so verdammt ungewohnt für mich, ausgelassener zu essen. Ich hatte gerade noch deinen Vater aus Reflex gefragt, ob bei den Steaks auf den Fettgehalt geachtet wurde." Armer Ardan. Aber jetzt kann er alles essen, was er will, ohne danach sofortige Probleme zu kriegen.

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Herzensdieb
RomanceSpin-Off zu Akzeptanz. Sie hat ihre Mutter als Vorbild und will genau so eine rührende und bissige Liebesgeschichte, wie sie. Sie entspricht dem Ebenbild ihrer Mutter und eifert ihr gerne nach, auch wenn sie vom Charakter her weicher ist. Wie ihre M...