Kapitel 23

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ELI - Change Your Mind

Ich liege im Bett, aber schlafen kann ich nicht. Eigentlich sollte ich schlafen, da ich morgen mit meinen Eltern auf dem Arab Health bin, aber ich konnte nur heute und am Samstag nicht an seine Worte denken. Ich habe es nur halb realisiert, auch wenn ich gekreischt habe. Wir werden uns treffen und es von Angesicht zu Angesicht klären. Von Angesicht zu Angesicht, damit die Emotionen auch ja nicht gelogen und gespielt sein können. Das lässt meinen Magen sich jetzt schon zu einem Knoten bilden. Ich brauche mich vor eigentlich nichts zu fürchten. Ardan wirkt nicht gefährlich oder einschüchternd, aber stille Wässer sind tief. Auf was für Worte muss ich mich vorbereiten? Was für Worte muss ich anwenden? Ich will dieses Gespräch irgendwie nicht, aber ich will auch nicht feige sein. Mama würde mir sagen, dass ich mir nichts von ihm einreden lassen soll, aber sie darf niemals etwas davon erfahren. Sie kennt Ardan ja jetzt schon. Unruhig wälze ich mich auf dem großen und weichen Bett hin und her und schaue aus dem Panoramafenster. Diese Stadt sieht so schön aus, wenn sie leuchtet. So viele Lichter flackern und schmücken das Dunkle. Mit Freunden wäre es sicherlich noch schöner. Es klopft an der Tür, mein Herz setzt aus, doch ich beruhige mich wieder, weil ich Mamas Stimme höre. "Cana?" Ich stehe auf und öffne die Tür. "Kommst du mit mir an den Pool?" "Du willst um diese Uhrzeit schwimmen?" Sie grinst. "Vielleicht, eigentlich wollte ich mich dort nur hinsetzen. Jetzt komm, nimm deinen Schlüssel und die Karte", flüstert sie. Schnell ziehe ich mir Schuhe an, stopfe Schlüssel und Karte in meine Hosentasche hinein und laufe runter. Hier wird sowieso keiner einbrechen ... oder? Gerade werde ich ein wenig paranoid und schließe doch lieber die Tür ab.

"Und Baba hat dich in diesem Fummel rausgelassen?", frage ich kritisch und ziehe am roten Satin ihres kurzen Kimonos. Mama winkt nur ab. "Wenn er ihn mir kauft, soll er mir die Freiheit lassen, ihn auch anzuziehen." Sie zwinkert mir zu und schiebt mich an meinem Po in den Aufzug. "Schläft er?" "Hoffentlich, du weißt ja, wie leicht sein Schlaf ist, aber diesmal habe ich ihn echt müde gemacht." Sie schaut in den Spiegel und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihr Grinsen ist zwar echt verführerisch und hübsch, aber ich bin immer noch ihre minderjährige Tochter. "Ich flehe dich an, lass mich wenigstens hier verschont." "Ach, irgendwann wirst du auch nur davon schwärmen." Sie küsst meine Stirn und drückt mich voller Leidenschaft an sich. "Meine kleine, süße Tochter. Hach, ich bin so stolz auf dich." Lächelnd schaue ich zu ihr auf. Mein Herz schlägt freudig schneller bei der Zuneigung meiner Mutter. "Weshalb? Ich habe doch nichts gemacht." Mit umschlungenen Armen laufen wir Richtung Pool. "Ich weiß nicht. In meiner Generation waren schon total viele echt schlampig und haben schon mehrere Beziehungen gehabt, da hatten die nicht einmal die erste Monatsblutung. Du gehst schön zur Schule, ohne dich ablenken zu lassen und willst Mama stolz machen." Und sofort verfliegt mein Lächeln. Schnell senke ich den Blick auf den Weg und versuche das einengende Gefühl in meiner Brust zu ignorieren. Mama weiß nichts von Ardan. Mama weiß überhaupt nicht, dass ich schon einige Male bei ihm war und etwas mit ihm klären muss - von Angesicht zu Angesicht.

"Ich bin ein Wunderkind", versuche ich zu sagen, ohne irgendwie Verdacht zu schöpfen. Wo ist die Gabe, des gedruckten Lügens hin? Wir setzen uns auf den schwarzen Zweisitzer und genießen die kühle Abendluft. Ich bin gerade ein wenig enttäuscht von mir selber, weil mir wieder klar wird, dass ich gegen meine eigenen Moralen verstoße und Mama enttäusche, wenn sie nur wüsste. Es ist still, die fahrenden Autos beruhigen mich im Einklang des Teelichts, das auf dem schwarzen Tischchen vor uns flackert. Mama wäre sehr enttäuscht, wenn sie von all dem wüsste. Verdammt, das wollte ich doch nie! "Meinst du, ich werde auch mal hier eingeladen?" Mama nickt felsenfest überzeugt. "Du wirst mein Mittel repräsentieren oder ich helfe dir bei Forschungen. Die ganzen Forscher schlagen sich um das Heilmittel, welches sie niemals bekommen werden. Wenn ich dann irgendwann sterbe, dann wirst du das für mich übernehmen." "Ach, du wirst auch etwas präsentieren?" Mamas Krebsheilmittel ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. "Ich werde nur eine Stunde am Stand sein und dann gehe ich mir schön weiter alles angucken. Davor und danach springt irgendein mir zugewiesener Assistent ein." Ich nicke beeindruckt. Wenigstens sind wir vom Thema abgekommen. "Uns wurde das Angebot gemacht, im Charité zu arbeiten." Ich schaue sie abwartend an. "Also werden wir nach Berlin ziehen?" "Nein, ihr geht zur Schule und hier leben all eure Freunde, das wäre schlecht für euch." Sie streichelt meinen Kopf und küsst meine Stirn. Wenn wir wegziehen würden, würde ich Ardan nicht mehr sehen - nie wieder. Dann wäre es wohl ganz vorbei, oder? Mama stöhnt genervt auf. "Was ist?" "Ich muss auf Englisch mit den ganzen Leuten reden." "Du kannst doch Englisch." "Ja, aber auf Deutsch wäre es tausendmal einfacher."

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