Kapitel 10

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Michael Schulte - Thoughts

Ich weiß nicht, wohin mit meinen Gedanken. Ich reagiere mal wieder über, aber ich muss akzeptieren, dass das zur Gewohnheit wird, seitdem Ardan in meinem Leben ist. Die Hunde laufen neben mir her und passen sich meiner Laune an. Ich bilde mir zu viel auf seiner Nettigkeit ein. Tief atme ich durch und schüttele den Kopf. Ich will doch gar nicht so reagieren, aber ich kann nicht anders. Hoffentlich kriege ich mich in wenigen Stunden wieder ein. Die Tore öffnen sich wieder durch meinen Daumen, die Leinen entferne ich von den Hunden und lege sie an ihren Platz zurück, ehe ich mir die Schuhe ausziehe und in der Küche meinen Teller befülle. Seine Wärme war so schön. Mein Gefühlschaos aber nicht. Ich reagiere zu sehr über, doch ich kann es nicht ändern. Das ist so schwer, verdammt! Ich muss alles ganz normal durchgehen - objektiv, nicht subjektiv. Ich habe Ardan angeherrscht, obwohl er mir nur helfen wollte. Entschuldigt habe ich mich am Folgetag mit Schokobons und dann haben wir eine Konversation gehabt und er war nett und sympathisch. Objektiv gesehen, habe ich alles zu intensiv aufgenommen. Neue Regel: Nicht mehr so intensiv von Ardan denken. Unpassender Weise schreibt er mich gerade an. Soll ich ihn antworten oder doch ignorieren? Ich fühle mich so komisch. Seufzend löffele ich meinen Reis und schaue auf seine Nachricht. Wie soll man sich da nichts einbilden, wenn sich jemand um einen sorgt? Okay, er ist sowieso ein sehr warmer Mensch ... trotzdem will ich sein Verhalten nicht als normal sehen.

'Sicher, dass alles in Ordnung ist?' Wieso bist du nur so nett, Ardan? Ich esse weiter und lenke mich mit meinen sozialen Netzwerken ab.

'Ja, alles bestens.' Wenn das mal nicht klischeehaft ist.

'Komisch, wieso hattest du dann Tränen in den Augen?' Na toll. Ich antworte einfach nicht und lege mein Handy weg, doch meine Neugierde zieht mich zurück zu meinem vibrierenden Handy.

'Liegt es an Didem? Hör nicht auf sie. Das, was sie sagt, ist total ranglos.' Es wühlt mich irgendwie innerlich auf, dass er etwas von mir wissen will.

Ich hatte doch nicht wegen Didem diese Tränen in den Augen. Wenn ich an dieses niveaulose Miststück denken muss, dann würde ich ihr am liebsten die Haare vom Kopf reißen. Sie soll einfach verschwinden. Es lag an ihm, an diese Nähe. Das kommt mir gerade so absurd vor, aber ich bin viel zu sensibel und emotional. Das ist auch ein Grund, wieso ich Tränen in den Augen hatte. Obwohl es so wenig war, kam es mir wie sehr viel vor. Erklären kann es ich es mir selber nicht einmal richtig. Seufzend lese ich die Nachricht auf dem Sperrbildschirm, habe mich selber vor meinem geistigen Auge, wie ich versuche, meine Tränen zu bändigen. Ich interpretiere da zu viel, obwohl es nur ein normales Treffen war, weil ich die Verbindung - falls wir eine haben - so schön finde. Ich finde es total schön, mit Ardan zu reden, obwohl wir uns so wenig kennen. Ich mag ihn einfach, er ist mir sympathisch. Meinen Teller lege ich in die Spüle und laufe in mein Zimmer. Ardan schreibt mir wieder und auch ich will mit ihm schreiben. Dagegen spricht ja nichts.

'Hör zu, ich mag es echt nicht, wenn jemand, jemanden mobbt und ich würde mich echt freuen, wenn du dich mir dazu öffnest.'

'Sie mobbt mich nicht.'

'Aber sie spricht böse Worte gegen dich - das reicht mir schon.' Was soll ich da antworten? Meine Daumen kreisen in der Luft.

'Wenn du möchtest, dann kann ich auch mit ihr reden. Vor ihr habe ich nichts zu befürchten.' Ich freue mich so sehr, dass er mir helfen möchte. Schon wieder könnte ich Tränen verlieren, weil ich mich gerade besonders fühle.

'Danke dir, aber das brauchst du nicht.' Ich schreibe direkt wieder ein Danke.

'Dankeschön, dass du dich trotzdem einsetzen willst.'

HerzensdiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt