Kapitel 37

24.2K 1K 345
                                    

Katelyn Tarver - Love Alone

Der Morgen beginnt. Es kommt mir so vor, als ob ich vor fünf Minuten mit Ardan im Gewächshaus war. Es ist alles noch so frisch zwischen uns, so zart und jung wie wir selbst. Ich kann nicht glauben, wir nah wir uns waren. Ist er schon wach? Es ist noch still im Haus. Langsam tapse ich an den schlafenden Mädels vorbei, mache mich im Bad frisch und laufe die Treppen hinab. Mama sitzt mit Ardan im Wohnzimmer. Warum mir deshalb warm wird, weiß ich nicht. Hat sie uns erwischt? Oh mein Gott, sie hat uns erwischt und redet gerade mit Ardan deswegen. Sofort drehe ich um und knalle gegen Ramzis Oberkörper. "Aua", murre ich. "Nicht so wild am frühen Morgen, Cani-Bani." Er wuschelt mir durch mein Haar und dreht mich wieder um. Nein, ich will da nicht hin! Gegen meinen Willen werde ich ins Wohnzimmer geschoben, wo ich stocksteif stehe und bete, dass Mama mich nicht umbringt. Sie und Ardan schauen Ramzi und mich an. "Guten Morgen", lächelt sie. "Guten Morgen, Tantchen." "Morgen", nuschele ich. Wieso sind die beiden alleine im Wohnzimmer? "Was wollt ihr zum Frühstück?" "Ach, wir nehmen uns Kelloggs." Ramzi zieht mich in die Küche. Dass Ardan mich nur kurz und nicht lange angesehen hat, stört mich, aber er sitzt neben meiner Mutter. Gutes Benehmen nennt sich das womöglich. "Fruit Loops", säuselt Ramzi. "Willst du auch?" Ich schüttele den Kopf und zeige auf die Nougat Bits. "Wenn du willst, kannst du mir auch einfach in den Finger beißen." Ich schmunzele verwirrt. "Ich habe dieses Axe Temptation Deo und in der Werbung haben alle Frauen an dem Mann geknabbert." Er dreht mir seinen Hintern zu. "Auch in den Arsch." Er knurrt und krallt sich in seine Backe. "Ganz ruhig, Ramzi", schmunzele ich.

"Ich glaube, wenn wir in Spanien sind, dann werde ich alle zwingen, Ramez zu mir zu sagen." "Wie kommst du darauf?" "Weil Ramez sich spanisch anhört und dann denken die Spanierinnen, ich bin ein Latino." Ich verdrehe belustigt meine Augen. "Spanier sind keine Latinos, Lateinamerikaner sind es." "Dann bin ich Ramez aus Argentinien. Nein, Brasilien, ja, das hört sich gut an. Und dann mache ich noch ein Akzent auf das E, damit es extra exotisch aussieht." "Aber im Endeffekt bist du Ramez aus dem Libanon." Er schmollt. "Vielleicht habe ich ja lateinamerikanische Wurzel. Im Vokabeltest habe ich eine Eins bekommen, also muss ich spanisches Blut oder so in mir haben." "Natürlich" bestätige ich es ihm mit einem ironischen, aber belustigten Ton. Wir füllen unsere Schüsseln auf und setzen uns zu meiner murmelnden Mama. Ardan nickt. Was haben sie besprochen? Wieso bin ich deshalb schlechter gelaunt? "Kommen die anderen auch gleich runter?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Die schlafen noch", meine ich dann. "Okay, dann mache ich das Frühstück später." "Musst du nicht arbeiten?", frage ich überrascht. "Nein, ich habe mir zwei Tage Urlaub genommen. Die Tage war es verdammt stressig und ich will mich nur noch erholen. Ich gehe heute nur ganz kurz ins Krankenhaus und dann bin ich wieder zu Hause." Ich nicke. "Es kommt wohl ein neuer Arzt auf die Allgemeinchirurgie. Hoffentlich ist er nicht besser als ich." Ardan schmunzelt verstohlen und Ramzi wird jetzt zum größten Schleimer mutieren, was er immer bei meinen Eltern tut. Das ist eine typische Ramzi-Taktik.

"Ach, Tantchen, an dich kommt niemand ran. Du bist zu gut und zu schlau." Sofort grinst Mama und nickt. "Das hast du schön gesagt, mein Kind." "Ich fühle mich geehrt, dein Kind zu sein." Er fängt an zu schluchzen und fächert sich Luft zu. Belustigt beobachte ich das Theater und schiele kurz zu Ardan, der ebenfalls amüsiert ist. "Das ist ein ganz emotionaler Moment für mich. Ich gehöre zur Familie der Schlauen und Hübschen." Mama lacht und zieht Ramzi in ihre Arme. "Genau wie der Vater", lacht sie. "Dein Vater war schon damals ein laufender Film. Er hat sich immer, wirklich bei jeder Gelegenheit an deinen Onkel rangemacht. Seine Liebe zu meinem Mann ist bis heute noch nicht erloschen." Wir lachen los. Ich erinnere mich an das eine Mal, wo Onkel Ramazan sich auf Babas Schoß gesetzt hat und ihn dann in das Ehebett meiner Eltern zerren wollte. Ich habe meinen Vater noch nie so verstört gesehen, wie, wenn Onkel Ramazan da ist. Armer Baba. "Und Malik sitzt einfach nur stumm daneben und zuckt hilflos mit seinen Schultern." Mama dreht sich zu Ardan, der sie aufmerksam anschaut. "Du erinnerst mich an ihn." "Wirklich?" Sie nickt. "Er ist auch der ruhige Typ. Na ja, entweder bist du ein ruhiger Typ oder du bist nur vor mir so ruhig." Prüfend hebt sie ihre Augenbraue. "Ach, Ardastoteles ist ein ruhiger, aber lieber Junge." Bei dem Spitznamen muss ich schmunzeln. "Malik kann singen, kannst du auch singen?" Belustigt verneint er es. "Ich bin ein Desaster, was das Singen angeht." Wieso finde ich das so niedlich?

HerzensdiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt