Ruben - Lay By Me
"Magst du dir die Haare föhnen?" Ich verneine es, als ich mir die Haare mit dem Handtuch trocken drücke. Ardan scheint auch nicht gerade im Föhnfieber zu sein und zieht sich stattdessen die Jogginghose über die Boxershorts. Wir lagen mehr im Wasser, als wir geredet haben. Seine Worte haben mal wieder - wie immer eigentlich - Spuren hinterlassen. Das ist auch vermutlich der Grund, wieso wir so wenig gesprochen haben: ich habe mehr nachgedacht als gesprochen und ich befinde mich immer noch in dieser nachdenklichen Phase - schon den ganzen Tag über. Hat Mama es mir wirklich eingeredet? Sie hat mich immer gelehrt, dass die Beziehungen im jungen Alter nur sehr selten bis zur Ehe halten und dass es nur für Stress sorgt und dass sich dann so die Noten verschlechtern, aber ist das so? Ich hatte bis jetzt schon die eine oder andere Reiberei mit Ardan, aber haben sich meine Noten verschlechtert? Nein, ich habe mich stattdessen nur mehr in den Lernstoff gefressen. Es kommt doch auf den Willen an. Ich würde sicherlich nicht wie andere die Schule schwänzen, um mit meinem Freund zu sein, auch wenn ich einmal nicht zu Geschichte gegangen bin, weil ich wegen Ardan so schlecht gelaunt war. Zu meiner Verteidigung: wir waren da noch nicht zusammen!
Wir laufen in sein Zimmer zurück. Ich rieche nach seinem herben Duschgel, aber da Mama heute spät mit Baba nach Hause kommt, muss ich mir keine Sorgen machen. Oh Gott, der Sonntag kommt immer näher. Ich weiß überhaupt nicht, wie es sein wird. Wird es still, bedrückt oder gar nicht auffallen? Ich will nicht, dass Mama und Baba Streit haben. Vielleicht haben sie auch normal miteinander geredet, aber beides sind temperamentvolle Menschen und da Baba sich immer mit Fleisch und Blut für mich einsetzt - Mama natürlich auch - kann ich die Situation nicht einschätzen. Er war beherrscht, als er ihr gesagt hat, dass sie reden werden, aber das kann nur eine Fassade gewesen sein. Ich hoffe nur auf das Beste. Wie ich zu Mama stehe, weiß ich auch nicht. Sie ist meine Mutter, ja und ich bin wütend, ja, aber das wird nicht für immer anhalten. Diese Ohrfeige ... ich weiß nicht, wie ich denken soll. Sie hat so etwas noch nie getan. Sie hat es nie in Erwägung gezogen, auch wenn sie es uns angedroht hat. War es denn wirklich so notwendig? Hat mein Satz sie so verletzt? Ich kann es mir echt nicht vorstellen, aber wenn ich so recht überlege, habe ich Didem an den Haaren gezogen, als sie mit Ramzis Geheimnis ankam. In mir macht sich ein Trotz breit. Ich will es weder gleichsetzen, noch einsehen, dass mein Satz ein Fehler war.
Wir lassen uns auf dem Bett nieder. Roxy kommt erst jetzt die Treppen hinauf - ein Wunder, dass sie nicht mit uns gekommen ist. Vielleicht war sie auch mit dem Nachbarshund und deshalb beschäftigt gewesen. Einreden. Dieses Wort will mir nicht aus dem Kopf gehen. Ist es wirklich nur eingeredet? Mama hat mich nicht manipuliert. Ich kann das nicht so sehen, weil ich doch genauso denke. Oder denke ich so, weil es mir eingeredet wurde? Nein ... oder? Vielleicht widerspreche ich mir auch nur oder sehe mich da als Ausnahme, weil ich es bei Ardan und mir nicht so sehe und empfinde. Ich kann mich nicht von dieser Ansicht trennen - sie ist ein Teil von mir. Genauso sind die Prinzipien noch ein Teil von mir und auch wenn ich eingesehen habe, dass ich eben nicht so wie Mama bin und oder sein kann, will ich trotz des gestrigen Eingeständnisses nicht aufgeben irgendwie. Das ist mir gerade so schade. So lange konnte ich mich daran halten und nur weil jetzt einige Reibereien vorhanden sind oder waren, soll ich aufhören? Nein! "Woran denkst du?", fragt er mich, während er meine nassen Haare zwirbelt. Dadurch kribbelt meine Kopfhaut angenehm. Ich summe leise. "An deine Aussagen ... ich überlege, wie es wirklich ist." "Und was hast du bis jetzt zusammengestellt?" Wieder summe ich leise. "Ich weiß es nicht. Ich will die Prinzipien nicht loslassen und glaube nicht daran, dass Mama mir die Sachen nur eingeredet hat. Sie hat ja recht."
"Willst du ihr also recht geben, dass wir bald Schluss machen?" Ardan spricht es so kalt aus, dass ich ruckartig den Kopf anhebe. Was ist mit ihm los? Wieso schaut er mich so unterdrückt zornig an. "N-nein, das will ich nicht." "Das ist aber die Ansicht deiner Mutter", blafft er fast. Wieso ist er plötzlich so? Ich kriege eine Gänsehaut an den Armen. Ardan fühlt sich angegriffen. "Ardan, das-, ich ... wir werden nicht Schluss machen. Hör auf, so zu denken!" "Was wäre der Grund, mit mir Schluss zu machen?" Was soll das jetzt? Meine Augenbrauen ziehen sich passend zu meinem verständnislosen Blick zusammen. Wie kommt es, dass sich seine Laune so urplötzlich ändert? "Mir fällt kein triftiger Grund ein. Du würdest mich weder misshandeln noch betrügen oder sonst hintergehen." Seine grünen Augen schauen zu Roxy, die ganz munter auf dem Bett sitzt und gar nicht bemerkt, dass die Stimmung gekippt ist. Mir wird ganz mulmig, ich will mich nicht streiten. Er ist plötzlich unruhig. Seine Brust hebt sich merklich - meine sofort auch. Ardans Hände fahren über sein Gesicht, verdecken seine Augen. Jetzt wirkt Roxy auch noch alarmiert und beschnüffelt Ardan. Ich will seine Mutter hier haben. "Ardan, was ist los?" Meine Stimme ist schon leicht brüchig. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Er hebt die Hände von seinem Gesicht, wirkt weniger angespannt. Seine Augen zeigen mir aber Trauer. "Was ist dein Wunsch? Welchen Wunsch kann ich dir erfüllen?", fragt er mich leise und sanft.

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Herzensdieb
RomanceSpin-Off zu Akzeptanz. Sie hat ihre Mutter als Vorbild und will genau so eine rührende und bissige Liebesgeschichte, wie sie. Sie entspricht dem Ebenbild ihrer Mutter und eifert ihr gerne nach, auch wenn sie vom Charakter her weicher ist. Wie ihre M...