Kapitel 13

22.7K 1K 177
                                    

Harry Hudson - No Good

Mein linker Mundwinkel geht demotiviert nach unten. Auf sowas habe ich echt keine Lust. Gerade habe ich das Gefühl, total viel Gemeines sagen zu können. "Und was ist, wenn ich meinen Siebzehnten nicht feiern will?" "Du musst ihn nicht feiern, damit es auch dir passiert", meint Yasmin. "Ja, wir fesseln dich einfach, umkreisen dich mit Kerzen und irgendwelchen Geräuschen und schmieren dir rote Farbe auf die Stirn", prustet Amal. Schmunzelnd verdrehe ich meine Augen. "Du wirst dich schon freuen, glaub mir", versichert mir Yasmin, die mich an sich drückt. "Ich will nicht", murre ich. Was soll ich mit Jungs? "Doch, du willst." Wieder verneine ich Yasmins Aussage. Gerade male ich mir Szenarien aus, wo ich einfach zu tiefst verletzt werde. Es verpasst mir jetzt schon ein unangenehmes Gefühl. Ich verstehe meine Probleme gar nicht. Es ist nichts passiert und es wird auch in ferner Zukunft nichts passieren. Ich bin einfach nur ein Mensch, der gerne hypothetisch denkt und sich so Sorgen erstellt. Das ist nicht so gut. "Hattest du denn Gefühle, als du mit ihm geschrieben hast, Yasmin?" Meine Frage habe ich mit einer gedämpften Stimme gestellt. Meine Finger umfassen den Sonnenanhänger mit einundzwanzig Sonnenstrahlen und zwirbeln ihn. Sie seufzt. "Irgendwie ein wenig. Ich habe mich halt echt gefreut, wenn wir geschrieben haben. Man hat den Unterschied zu ihm und anderen bemerkt, die mir geschrieben haben. Bei einer Nachricht von ihm habe ich sofort nach meinem Handy gegriffen, bei den Nachrichten der anderen habe ich mir Zeit lassen können." Ich nicke.

"Und hast du manchmal gekreischt oder so?" "Falls er mir etwas geschrieben hat?" Ich nicke. "Ja und wie. Ich war richtig aufgedreht." Ich schlucke und spitze meine Lippen. "Aber das wirst du ja auch bis dahin fühlen." Ich habe es jetzt schon gefühlt. "Ich will nicht." "Wer sagt denn, dass sie es nicht jetzt schon gefühlt hat?", mischt sich Dilan ein. Ich kann nicht anders und muss verstohlen grinsen. Sofort fangen wir an zu lachen und ich hoffe, dass sie nicht weiter darauf eingehen. "Schreibt dir mein Bruder nicht die ganze Zeit?", versuche ich es und hoffe, dass es klappt. "Lenk nicht vom Thema ab." "Das Thema handelt doch von Jungs und Schreiben." Ich ziehe hochmütig meine Augenbraue hoch. "Ja, Dilan. Zeig uns doch, was du und Adam so schreiben." Amal rüttelt an Dilans Schultern herum und sucht nach ihrem Handy. Was die Jungs wohl gerade machen? Worüber reden sie wohl? Oder ist jeder an seinem Handy? Ich höre jemanden im Flur, der ins Bad tritt. "Cana, wenn das Ardan ist, kannst du ja mit ins Bad." "Und wenn es Adam ist, kannst du dir ja direkt die Kleidung ausziehen", entgegne ich Dilan, die leise kreischt. "Wir brauchen einen Namen für euch." "Nein, wir brauchen einen Namen für euch, Cana." Ich ignoriere Dilan und überlege mir Namen für sie und Adam. "Adlan? Diam? Dildam? Die hören sich richtig schrecklich an." "Cardan, Candan, Arcan oder Acana oder doch lieber Ardana?" Hätte ich doch das Fass mit den Namen nicht geöffnet. Verflucht seist du, Amal! "Sind genügend Namen für eure Kinder", prustet Yasmin. Eine Seite hat sie zu Ende geflochten und legt den Part über meine Schulter. Ich fasse mir an meine Kopfhaut und spüre den strammen Bauernzopf, der sich während des Schlafens sowieso aufraut.

Amal legt sich gähnend hin. Wir schauen sie entgeistert an. "Was?" "Wieso bist du müde?" "Wir haben schon nach Mitternacht. Ihr wisst doch, dass ich nicht lange wach bleiben kann." "Setz dich wieder auf." Sie hört auf Dilan, setzt sich murrend auf und bindet sich ihre braunen Kringellocken zu einem Zopf. "Soll ich euch mal was erzählen?" Wir drehen uns zu Amal. "Ich habe wieder jemanden kennengelernt." Ich hebe überrascht meine Augenbrauen. "Aber wenn mein Vater das erfährt, ist die Hölle los. Mama ist da nicht so streng, aber trotzdem." "Wieso lässt man sich auf etwas ein, was nicht zur Ehe führt?", frage ich. Es müsste doch klar sein, dass es eine Art Verschwendung ist oder nicht? "Das sagt sich so leicht, aber wenn man dann betroffen ist, will man an nichts anderes denken." Oh Mann. Das ist dann wie ein Fluch ... ein schöner Fluch. Ein Fluch voller Gefühle, die im Sturm herumgewirbelt werden und dennoch eine schöne Briese abgeben. Wenn ich wieder an die Geschichte meiner Eltern denke, kriege ich die Bestätigung. So viel Schönes haben sie erlebt, dass es mir schon surreal vorkommt. Ich habe gerade das Bedürfnis, im Gewächshaus in den Arm genommen zu werden. Oh Mann, ich bin eine hoffnungslose, sich widersprechende Romantikerin. "Kann man sich denn nicht dagegen wehren?" "Du willst dich nicht dagegen wehren. Es fühlt sich so schön an, wenn man jemanden hat, der einem wie seelenverwandt vorkommt", sagt Amal. "Aber woher weiß man denn, dass er genau der Seelenverwandte ist? Das hält doch sowieso nicht." Sie lächelt leicht. "Wie gesagt: Man kann sich nicht dagegen wehren."

HerzensdiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt