Kapitel 89

21.5K 897 261
                                    

Charlie Puth - Beautiful Corruption

Ich kann es immer noch nicht fassen. Ardan ist wirklich Herzkrank! Das hat er mir die ganze Zeit verheimlicht. Er hatte Angst, dass ich das Interesse verlieren würde, aber das stimmt nicht! Ich liege immer noch in seinen Armen, ich will immer noch seinem Herzschlag lauschen und ihn abtasten. Ich will ihn jetzt noch weniger verlassen! Mir fallen stumm die Tränen hinab. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich weiß nicht, was ich fühlen soll. Das, was ich gerade fühle ist eine breite Leere, die sich langsam in mir vergrößert. "Lass uns auf dein Zimmer", flüstere ich. Wäre heute doch nur Freitag und nicht Montag. Ich will nicht nach Hause! Ich will bei ihm bleiben und ihm nicht von der Seite weichen. Ardan legt seufzend seinen Arm um mich, bevor wir die Treppen hochsteigen. "Geht es mit den Treppen?" "Hier schon. Es kann sein, dass ich demnächst immer den Schlüssel für die Aufzüge in der Schule kriege, falls die Tests nicht so gut ausgefallen sind. Aber dann fragen sich die anderen bestimmt, was ich habe." "Sie werden dich dennoch akzeptieren, Ardan. Ich weiß gar nicht, wie du darauf gekommen bist, dass ich dich deshalb nicht akzeptiere." Ich lasse Ardan den Vortritt auf sein Bett, um mich dann an seine Brust zu kuscheln. Seine Brust, die ein krankes Herz in sich trägt. Meine Sicht verschwimmt augenblicklich und sein T-Shirt wird mit meinen Tränen an einigen Stellen nass. "Aber ich verstehe deine Angst. Es tut mir leid, dass ich dich auf diese Weise zwingen musste, es mir zu sagen, aber ich wollte mir das nicht mehr antun", schniefe ich.

"Wein nicht, Cana." "Ich kann nicht anders!", weine ich mit schriller Stimme. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich mit dieser Situation umzugehen habe. "Wo warst du in den Ferien? Du warst nicht im Krankenhaus", flüstere ich. Mir ist leicht schwindelig. Sein Herz schlägt ganz sachte gegen mein Ohr. Zu sachte ... ich weine wieder. "Sh ... Cana, belaste dein Herz nicht." Seine ruhige Stimme bändigt den großen Sturm in mir, aber mein Weinen kann es nicht aufhalten. "Ich kann nicht anders. Ich fühle mich taub und zugleich spüre ich das Leid. Wo warst du?" Ardan seufzt lange. Sein Brustkorb hebt sich dabei einen Moment. Mich beruhigt diese Bewegung. "In einer Herzklinik." In einer Herzklinik. Deshalb wollte er keine Anrufe führen und vor allem keinen Videoanruf starten. Jetzt ergibt alles einen Sinn. Alles ergibt einen grausamen, mich fertigmachenden Sinn. "Und was genau ist mit dir passiert, als wir uns das letzte Mal gesehen haben und es dir plötzlich so schlecht ging?" "Eine instabile Angina Pectoris ... der Sex hat mich wohl dieses Mal belastet und das ist neu für mich." Oh mein Gott. "Ich will alles wissen, Ardan. Alles." Ich setze mit laufender Nase einen Kuss auf seiner Brust ab. Meine Hand wandert unter sein Oberteil, um seine warme Haut an meiner zu spüren. Sein Herzschlag beruhigt mich und leider erinnert er mich mit jedem Herzschlag an sein Schicksal. "Erst, wenn du dich beruhigt hast. Ich will nicht, dass dein Problem sich irgendwie verschlechtert. Deshalb habe ich auch immer so impulsiv reagiert, falls du von deiner Gesundheit geredet hast. Ich will nicht, dass dir auch so etwas passiert."

Kann Mama ihm nicht helfen? Aber er ist ja bei einem anderen Arzt ... aber vielleicht kann sie sich ja mit dem Arzt aus der Herzklinik in Verbindung setzen und etwas tun. "Wann willst du es mir dann erzählen? Ich will es heute wissen." "Dann warten wir ein wenig. Vielleicht können wir über Positiveres reden." Ardan drückt mich aufmunternd und hebt mein Gesicht an. Seine Augen, seine grünen Augen, die vor den Ferien voller Trauer und Wut funkelten an seinem Geburtstag. Und das, weil er an seinem Geburtstag - unter anderem am Weltherztag - erfahren hat, dass er kein Spenderherz kriegt. Ich kann seinen Schmerz jetzt verstehen. Ich wäre genauso am Boden zerstört. Meine Wut braust erst jetzt auf, aber ich kann der Person nicht böse sein, die das Herz dringender als Ardan braucht. Ich weiß doch, wie sich die Mitmenschen dieser Person fühlen. Bis man ein Spenderherz kriegt, können Jahre vergehen. "Wirst du diese Woche in die Klinik müssen?" "Wieder für zwei Tage am Wochenende. Das Krav Maga Training kann ich wieder vergessen." Er hat sich doch so sehr darauf gefreut. Ich fahre seine Brust ab, male Kreise auf seinen Brustkorb, bis ich ihm das T-Shirt ausziehen will. "Mopsi wird wieder wild", schmunzelt er. Ich finde es schön, dass er jetzt noch lächeln kann. Ich kann es nicht. Wenn ich ihn ansehe, steigen mir wieder die Tränen auf. Sein Schmunzeln fällt sofort. "Hey, nicht doch. Komm her." Seine Hände ziehen mich auf seinen Schoß, wo ich wieder zu weinen beginne. Der Druck lastet auf meinen Schläfen. Wenn ich wieder Herzschmerzen verspüre, dann muss ich es Mama berichten und mir wieder eine Lüge einfallen lassen.

HerzensdiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt