Kapitel 80

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JP Cooper - September Song

Mein Wecker klingelt um 07:50 Uhr. Mama und Baba sind schon längst aus dem Haus. Da ich mich nicht umziehen werde, bleibe ich einfach in meinem Pyjama, mache mich im Bad frisch und verlasse in Stiefeln und Jacke das Haus. Ich freue mich auf unser Treffen, auch wenn wir nur liegen und schweigen würden. Es wäre mir recht. Ich laufe extra schnell, ignoriere meine Seitenstiche so gut es geht und klingele voller Elan bei ihm. Er braucht ein wenig, aber dann erblicke ich sein müdes Gesicht und schmeiße mich voller Wucht in seine Arme, bevor ich mir irgendwie die Stiefel abstreife. Mein Herz schlägt vor Freude so schnell. "Guten Morgen, Mopsi", schmunzelt er. "Morgen. Ich habe dich schrecklich vermisst." Ich will ihn gar nicht mehr loslassen und drücke mich noch fester an seinen nackten Oberkörper. "Mopsi", ächzt er. "Noch nicht", schmolle ich. Ich werde gerade sehr emotional. Ich habe ihn von Mitte August bis jetzt nicht ordentlich sehen können. Da darf ich so reagieren. Ardan schließt eingeschränkt die Tür und watschelt mit meinen Armen fest um ihn geschlungen in die Küche. "Du hast nicht gefrühstückt, oder?" Ich verneine es. "Ich würde dich am liebsten essen", murmele ich. Sein leises Lachen entspannt mich und ruft mir noch mehr Tränen in die Augen. Und er riecht so schön und er ist so schön und er ist so unfassbar süß. "Meine kleine Kannibalin. Komm, lass mich dir die Jacke ausziehen und dann kannst du dich zum Tisch umdrehen und essen." Mit leichtem Widerstand löse ich mich von ihm, lasse mir die Jacke abnehmen und schaue mir das kleine, feine Frühstück an.

"Magst du dich setzen oder analysierst du noch?" "Essen", murmele ich. Mein Unterleib schmerzt, ich brauche eine Wärmeflasche. Ich will gerade meine Bitte ansetzen, als mir Ardan genau das hinhält, was ich benötige. "Dankeschön." Woher wusste er das bloß? Okay, ich habe gestern gesagt, dass ich meine Tage habe, aber trotzdem hätte ich nicht damit gerechnet. "Das ist das, was ich dir gestern erzählen wollte, du es aber nicht wissen wolltest. Ein schöner, entspannter Tag." Ouh. Ich sollte nicht so zweideutig denken. Ardan lässt sich mit einem kleinen Schmunzeln neben mir nieder. Oh, da sind wieder diese Blätterteigrollen, die wir am See gegessen haben. Die schnappe ich mir sofort. "Tee, Mopsi?" Ich nicke. Heute wird es entspannt zugehen, das spüre ich. "Gibt es etwas Neues, was deine Gesundheit angeht?" "Nein, bis jetzt ist alles gut. Und bei dir?" Das wollte ich ihm noch erzählen. "Ich habe die Herzuntersuchungen immer verschoben." Ardans Gesichtszüge verfinstern sich, noch bevor ich weiterreden kann. "Wieso tust du das?" Seine Stimme ist zu laut für das ruhige Haus und zu wütend. Ich will keinen Stress, kein Stress an einem Samstagmorgen. "Cana, du gefährdest deine Gesundheit! Willst du so enden wie ich?" Meine Brust zieht sich bei seinem erbosten Ton zusammen. Wieso muss er jetzt schreien? "N-nein", flüstere ich. Das wollte ich mit meiner anfänglichen Aussage gar nicht erreichen. Ich wollte ihn nicht böse machen. Ardan bemerkt meine glasigen Augen. Seine Züge werden augenblicklich weich. "Ich gehe doch zu den Untersuchungen, aber ich konnte nicht gehen." Der Druck setzt sich auf meinen Nacken und diesmal sogar ein wenig auf meine Wangen. "Und wieso nicht?", fragt er sanft. Um mich abzulenken, knabbere ich am Blätterteig herum. "Wegen den Kratzern auf meiner Brust, nachdem du mich befriedigt hast", flüstere ich.

Ardan zieht mich in seine Arme. "Tut mir leid, Mopsi. Ich muss aufhören, dich anzuschreien." Auf jeden Fall! Bekräftigend nicke ich. "Ich bin nur besorgt, da kann ich mich nicht kontrollieren. Das Letzte, was ich will, ist, dass dir etwas zustößt." Ich verstehe ihn schon. Er hat ja selber mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Manchmal erleidet er Zusammenbrüche und er muss ins Krankenhaus. "Komm, iss." Er legt mir Gurken und Tomaten auf den Teller und schiebt den Schafskäse zu mir. "Schrei mich nie wieder an." "Ich werde mich zügeln, versprochen. Heute soll ein schöner Tag werden." Sein Arm verlässt meine Taille nicht. Ich will seine Nähe sowieso nicht mehr missen wollen. "Wie läuft es im Mathe-LK?" "Sehr gut und in Bio?" "Auch", murmele ich. Ob er mir erzählen würde, wenn Didem ihn anspricht? Ich will es wissen. "Hat Didem dich mal angesprochen? Sie ist ja auch in deinem LK." "Nein, bis jetzt nicht. Sie starrt nur komisch." Ich summe. Wieso starrt sie meinen Freund an? "Und dieser Kaya? Der ist doch in deinem Deutsch-LK." "Der taugt zu nichts. Er und ich sind nun auch stellvertretende Schülersprecher." "Gratulation, Mopsi. Ich bin stolz auf dich." Sein Kuss auf meine Wange kurbelt meine Laune an. "Was wünschst du dir zum Geburtstag?" "Nichts." Er senkt seinen Blick auf die Gurken. "Sicher?" "Mhm." Ich mustere seine Mimik. Da stimmt irgendetwas nicht. "Sicher? Du kannst es mir sagen." "Alles gut, Mopsi. Da kannst du nichts machen." Bei seinem ausgerutschten Satz weiß ich echt nicht, wie ich reagieren soll.

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