Halsey - Angel On Fire
Ich will mich nicht umdrehen. Nein, ich will es gar nicht sehen. Ich will ihn nicht sehen. Ich will auch gar nicht sehen, wer da noch steht und es jetzt mitbekommen hat. Das war ihr Ziel - sie hat es geschafft! Ich bin wütend. Ich bin unglaublich wütend, aber ich kann nicht auf sie losgehen. Mein Körper hält mich hier und jetzt gefangen, gefesselt und verspannt von meiner Wut und Erschöpfung. Didem wirkt ganz verdutzt, als sie Ramzis Satz hört. Woher weiß er das? Ich kann anhand seines Tones keine Trauer erkennen. Wenn ich mich umdrehen würde, würde ich vielleicht mehr erfahren, aber ich traue mich nicht. Ich habe seinen traurigen Blick vor meinem geistigen Auge, als er mir seine Liebe gestanden hat. "Und es ist besser für dich, wenn du es nicht weitererzählst. Ich will nichts sagen, aber es könnte Folgen haben", höre ich Ramzi ruhig hinter mir sagen. Didem errötet schon vor Scham und läuft einfach an mir vorbei. Jetzt stehe ich alleine hier, verspannt, gestresst, sprachlos. Er weiß es. Wie hat er es erfahren? Ich höre, wie er hinter mir seufzt. Ist er enttäuscht? Ich kann mich nicht umdrehen, ich habe zu viel Angst. "Glückwunsch euch beiden." Steht Ardan auch da? Danach höre ich, wie er bei jemandem einschlägt. "Ramzi ...", setzt Ardan an. Ist Ramzi gegangen? Ich muss mit ihm reden, auch wenn ich nicht weiß, was und wie ich es ansprechen soll.
Mir steigen vor Frust die Tränen auf. Mein Oberkörper fängt langsam zu beben an. Verdammte Scheiße, ich bin zu wütend, um irgendeinen klaren Gedanken fassen zu können! "Cana", höre ich Ardan hinter mir sagen. Er kommt zu mir, stellt sich vor mich, aber in die Augen schauen tue ich ihm nicht. Seine müden Augen zu sehen würde alles noch schlimmer machen. "Magst du reden?" Dieser Satz entfacht eine urplötzlich größere Wut in mir. Plötzlich kann ich meinen Kopf anheben, ohne gegen diese Starre ankämpfen zu müssen. "Erst jetzt? Jetzt?", blaffe ich. Seine Augen weiten sich verdutzt. "Die ganze Woche versuche ich mit dir zu reden, will dir helfen und brauche jemanden, bei dem ich diesen ganzen Frust und die Probleme rauslasse und jetzt, erst jetzt bietest du mir an zu reden? Jetzt, wo ich sowieso kurz vorm Zusammenbrechen bin?" Meine Stimme bricht am Ende. Ich kann seine Mimik nicht identifizieren, weil mir die Tränen die Sicht versperren. Ich bin so wütend, so frustriert und will einfach nur liegen. Ich fühle mich schwach, obwohl ich so viel Wut in mir trage. Ich konnte nichts gegen Didem tun, ich kann nicht zu Ramzi gehen und jetzt bin ich nicht mehr in der Lage, meine Wut zu kontrollieren, obwohl ein Teil in mir sagt, dass ich es dadurch nur schlimmer mache. Ein anderer Teil in mir sagt jedoch, dass ich meine Wut rauslassen soll. "Mir ging es die ganzen Tage beschissen, aber erst jetzt kommst du?", rufe ich erzürnt.
Ich wische mir grob die Tränen weg, um sein Gesicht wieder normal sehen zu können. Es hat ihn getroffen, er schaut mich sprachlos an. "Was ist passiert, dass du nicht mit mir sprechen wolltest?" Meine Stimme ist jetzt fast weg. Meine Frage kommt dennoch wie ein Flüstern über meine Lippen. "Setz dich doch. Du bist ganz blass." "Du siehst nicht viel besser aus, aber mir willst du ja eh nichts erzählen." "Es ist nichts, was du nicht schon weißt." "Dann wiederhol dich, damit ich es auch ganz sicher weiß! Du kannst dich nicht immer verschließen und kalt zu mir sein, wenn du ein Problem hast. Denkst du, du hilfst dir damit? Nein, du sorgst für Frust und Stress!" Seine Augenbrauen ziehen sich zornig zusammen, aber er antwortet nicht. Stattdessen schaut er nur stumm zur Seite und schließt seine Augen. "Willst du mich jetzt wieder ignorieren? Willst du mich wieder warten lassen?", frage ich. Meine Beine zittern, mein ganzer Körper tut es. Mir wird wieder schwarz vor Augen, aber das ist mir scheißegal! Dass er wieder schweigt und mich abweist, macht mich so rasend. "Antworte mir doch!" Er lässt sich von mir schubsen. Verdammt, ich muss mich zügeln! "Ich habe keinen Bock mehr, wenn es so weitergeht!" Plötzlich erwacht Ardan aus seiner Starre. Er kommt so schnell auf mich zu, dass ich es anfangs gar nicht realisiere.
Seine Hände umschließen grob meine Handgelenke und ziehen mich gegen seine Brust, weshalb ich erschrocken keuche. "Du willst mich verlassen?", flüstert er. Sein Blick ist gemischt, aber vor allem Wut ist zu sehen. Wut, die seine Trauer und Angst unterdrücken will. "Du willst mich verlassen?", wiederholt er sich keuchend, während er meine Hände gegen seine Brust schlägt. "Du willst mich alleine lassen?", kommt es ganz leise von ihm. Ich bin perplex. Sein Verhalten lässt mich schwer nach Worten ringen. "Ich ... ich will doch nur nicht mehr, dass du dich einkapselst. Ich will das nicht und habe keine Lust mehr drauf. Du versuchst nicht einmal, dich zu ändern." Der Griff um meine Handgelenke verfestigt sich für einen kurzen Moment, doch dieser Moment reicht mir, um mein Herz schneller schlagen zu lassen. "Ich ... ich ..." Er drückt wieder zu, zieht mich wieder an sich und schlägt meine Hände dieses Mal fester gegen seine Brust. Wieso macht er das? Er mag es doch nicht, wenn ich seine Brust berühre. Ich will mich aus seinem Griff lösen, lieber über seine Brust streichen, doch dann stößt er mich ab. "Was ist los mit dir?" Ich verstehe sein Verhalten nicht. "Rede mit mir, Ardan! So kann das nicht weitergehen. Du musst mit mir reden!" "Ich habe nur ein Schicksal, dem ich nicht entkomme und es tun muss. Das hier muss ich nicht. Ich kann mich dazu entscheiden."

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Herzensdieb
RomansaSpin-Off zu Akzeptanz. Sie hat ihre Mutter als Vorbild und will genau so eine rührende und bissige Liebesgeschichte, wie sie. Sie entspricht dem Ebenbild ihrer Mutter und eifert ihr gerne nach, auch wenn sie vom Charakter her weicher ist. Wie ihre M...