Kapitel 24

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Lauv - Paranoid

Der Montag ist gekommen. So schön Dubai auch mit all dem prunkvollen Schnickschnack war, es konnte mich nicht komplett ablenken. Jeden Tag musste ich an das kommende Gespräch denken. Und heute werde ich Ramzi wieder sehen ... ich hoffe, es hat sich alles wieder beruhigt. Heute bin ich total unentschlossen, was mein Outfit angeht. Zwar hätte ich mir gestern schon Sorgen darum machen müssen, aber jetzt gefällt es mir nicht mehr so sehr. Ich nehme mir doch meinen grauen Rollkragenpullover zur Hand und ziehe ihn auf meine hellblaue Jeans an. So, das sieht besser aus. Meine Haare lasse ich in natürlicher, lockiger Form über meine Schultern fallen und nehme ein wenig der rechten Partie, die ich auf die linke Seite schiebe, sodass ich mehr Volumen kriege. Als Widerspruch zum Winter nehme ich mir mein nach Mango riechendes Hollister Bodyspray zur Hand und trage es nicht gerade sparsam auf. Am Ende landet die Flasche auch in meinem Rucksack. Heute bin ich trotz Muffensausen aufgeregt. Ich werde mich ihm stellen und verfluche mich, dass ich es auf die leichte Schulter genommen habe, was das Nachdenken angeht. Ich war so stur und wollte nicht mehr auf Ardan hören, deshalb habe ich auch nicht gut nachgedacht. Mir doch egal, ich mache es so, wie ich es will! Mit Jacke, Rucksack und Schal laufe ich die Treppen hinab und frühstücke erstmal, bevor ich gefahren werde. Natürlich sehe ich wieder die altbekannten Blicke, die auf das Auto meines Vaters gerichtet sind. Diesmal ist es nicht die S-Klasse, sondern irgendein anderes Modell von Mercedes.

Mit gestrafften Schultern steige ich aus und sehe seine Augen, als er aus seinem Wagen steigt. Sofort zieht sich mein Magen zusammen, aber mein Blick zeigt nichts davon. Ich ignoriere ihn einfach und laufe über den Hof zur Bank, wo ich mich niederlasse. Als er sich zu mir stellt, will ich nicht aufsehen, aber als er mir die Hand hinhält, kann ich nicht anders. "Willkommen zurück." Ich erwidere seinen festen Händedruck und atme tief durch. Seine Stimme zu hören, hat etwas Schönes an sich. "Ich hoffe, es war ein angenehmer Aufenthalt." Ich nicke, völlig inkompetent, um zu reden. "Hat deine Zunge einen Jetlag?" Finster sehe ich ihn an und ignoriere ihn wieder. Seine Frage hat er zwar in keiner spöttischen Tonlage gestellt, aber sie war auch nicht ernst gemeint. "Solange wir es nicht klären, sehe ich keinen Grund, mit dir reden zu müssen." Ha! Von wegen Zungen-Jetlag. "Wieso das denn?" Ich ignoriere ihn einfach. Ich weiß nicht wieso ich ihm nicht antworten will, aber ich will einfach nicht. Er setzt sich zu mir und hebt mein Kinn kurz mit einem strengen Blick an an. Ich keuche ganz leise wegen dieser Berührung, die mein Inneres ein klitzekleines bisschen in Flammen gesetzt hat - nur minimal oder die Kälte gleicht es aus. Seine Finger verlassen mein Kinn wieder. "Was habe ich dir getan?" Seine grünen Augen ziehen mich in ihren Bann. Ich habe sein Gesicht so vermisst ... ich will das nicht. Ich schaue weg und stehe auf, immer noch ganz kirre von der Berührung an meinem Kinn. Mein Hinterkopf kribbelt und ein leichter Schauer überkommt mich. Diese Berührung war genauso falsch wie meine Gedanken über ihn. Ich schaue auf und sofort gerät meine Atmung ins Stocken.

"Ramzi", flüstere ich.

Er wirkt müde und seine braungrünen Augen leuchten nicht wie sonst voller Energie. Ich laufe seufzend auf ihn zu und nehme ihn fest in den Arm. Ich spüre seine Unzufriedenheit und seine Trauer. "Ich habe dich vermisst", nuschele ich. Sanft erwidert er meine Umarmung, ehe er fester zudrückt und mir damit eine Last abnimmt. Mein Gefühlschaos steigt wieder ein kleines bisschen empor, weil ich wieder an die Berührung an meinem Kinn denken muss. Es war nur eine kleine Berührung, die mir sagen sollte, dass ich ihn anschauen soll. Aber daran will ich nicht denken, wenn ich in Ramzis Armen bin. Seufzend löse ich mich von ihm und fahre durch seine lockigen Haare. "Wie geht es dir?", flüstere ich. "Besser als die Tage davor, schätze ich." Ich presse meine Lippen aufeinander. Wir können diese kleine Privatsphäre nicht lange genießen, weil ich schon meinen Namen gegrölt höre. Yasmin, Dilan und Amal rennen auf mich zu und ziehen mich in eine stürmische Umarmung, bei der auch Miran mitmacht. "Habt ihr mich sehr vermisst?", frage ich lächelnd. "Der Biounterricht war tot, ohne dich", erzählt mir Amal, was ich mit einem Grinsen quittiere. Gemeinsam laufen wir zurück zu Ardan, der schweigend auf der Bank sitzt und seine Hände ineinander gelegt hat. Er gibt jedem die Hand und fährt sich dann leise seufzend durch sein Haar. "Na los! Wie war Dubai? Hast du ein paar hübsche Jungs gesehen?" Yasmin, du verletzt deinen Bruder sicherlich damit. Es ist mir unangenehm, diese Frage zu hören, weil ich ja von Ramzis Liebe weiß. "Nein, ich habe mich auf anderes konzentriert", erzähle ich wahrheitsgemäß.

HerzensdiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt