Kapitel 95

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Lauv - Reforget

Wir haben schon bald Weihnachtsferien, wow. Ich muss zugeben, dass ich mich dieses Mal echt stark nach Ferien sehne, weil ich die letzten Wochen immer so müde aus dem Bett steige. Da kommen mir die Ferien echt gelegen. Didem hat sich bis jetzt zurückgehalten mit Ramzis Geheimnis und seitdem will ich so wenig mit Ardan in der Schule reden, wie möglich, was natürlich total falsch ist, aber ich fühle mich so schuldig, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Bis jetzt haben Ardan und ich mich nicht getraut, es ihm zu sagen, weil ich es nicht über das Herz bringen kann, ihn wahrscheinlich verletzt zu sehen - nicht noch einmal nach seinem Liebesgeständnis. Als wir mal gemeinsam mit den Hunden spazieren gegangen sind, ist mir immer Didems Gesicht vor meinem geistigen Auge aufgeblitzt und wie sie summt, dass sie Ramzis Geheimnis weitersagen wird. Ich wollte es dann immer ansprechen, aber bin dann immer wieder verstummt, als ich es ansetzen wollte. Ramzi war immer so glücklich, da konnte ich nicht anders. Ardan hat eine Zeit lang überlegt, Ramzi von seiner Herzkrankheit zu erzählen, doch er zögert immer noch. Ich zwinge ihn da nicht. Es reicht schon, dass ich ihn eingeengt habe, als ich endlich die Wahrheit wissen wollte. Er hat mir tatsächlich die rote Lederjacke gekauft. Yasmin war natürlich ganz aus dem Häuschen und hat wie eine Verrückte gegrinst, als ich ihr das Foto geschickt habe. Sie meinte, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis er mir Unterwäsche und Fesseln kauft. Bei seinen gewissen Neigungen kann ich mir die Fesseln auch gut vorstellen.

Heute hat Ardan eine Untersuchung vor sich, die weiteres über seine Gesundheit aussagt. Davor durfte er nicht im Sportunterricht mitmachen, aber das wird ihm nicht zum Verhängnis, da seine Sportlehrerin so gut wie immer fehlt. Ich bin dann immer mit meinem Sportlehrer die Sachen holen gegangen, damit ich immer an ihm vorbeilaufen kann - unter anderem, um ihn in seiner schnuckeligen grauen Jogginghose begaffen zu können. Ich bin jetzt etwas wissender, was seine Krankheit angeht, aber noch nicht ganz. Mama war immer so erschöpft nach der Arbeit, da wollte ich sie nicht zu lange aufhalten, aber heute müsste es gehen. Heute hat sie nur eine OP und dann kann sie nach Hause. Ich stehe vor meinen Spiegel, trage schon das dritte Mal in dieser Woche die karminrote Lederjacke, die er mir mit Freude übergeben hat. Ich wollte die Jacke nicht annehmen, aber er meinte, dass er den Kassenbon weggeschmissen hat und es ihn sehr freuen würde, wenn ich sein Geschenk annehme. Wenn er mich so sanft anlächelt und seine schönen grünen Augen dann auch noch so schön funkeln, dann fällt es mir echt schwer, hartnäckig zu werden. Mama musste ich anlügen und sagen, dass ich sie mir gekauft habe, als ich mit Yasmin, Dilan und Amal shoppen gegangen bin. Da heute der Lohn auf dem Konto ist und Baba ihr gesagt hat, dass sie nicht zu viel ausgeben soll, gibt Mama heute viel Geld aus. Manchmal stelle ich mir Ardan und mich an der Stelle meiner Eltern vor. Dann bin ich immer so glücklich und schicke Ardan ein Foto meines grinsenden Gesichts. Die Tage schreibt er ziemlich schmutzige Dinge, deshalb bin ich guter Dinge, was unsere Techtelmechtel angeht. Wie lange wir es nicht mehr getan haben. Oh Gott, ich höre mich so an, als ob unser erstes Mal ein Jahr her ist.

Tatsache ist, dass unser erstes Mal im Juli war und wir schon am Ende des Jahres angekommen sind. Wie schnell die Zeit doch vergeht, wow. Es ist schon bald ein halbes Jahr. Ein halbes Jahr sind wir zusammen. Wow, das realisiere ich erst jetzt? Erst konnte ich nicht realisieren, dass wir ein Paar sind, dann konnte ich nicht realisieren, dass wir unser erstes Mal hatten, daraufhin konnte ich seine Herzkrankheit nicht realisieren und jetzt, dass wir schon fast ein halbes Jahr zusammen sind. Was noch alles kommen wird, was ich nicht sofort realisieren werde oder kann? Hoffentlich nichts Schlimmes, das würde ich nicht ertragen. Mama meinte, dass es meinem Herzen aktuell gut geht und ich mir deshalb keine Sorgen machen muss. Das hat mich und vor allem Ardan sehr beruhigt. Er wirkte so glücklich, als ich ihm davon erzählte. Ich bin mir sicher, dass er sich im Inneren nach genau demselben sehnt und ich bete immer noch, dass es ihm besser geht. Ich wünsche ihm nichts Sehnlicheres als das. Er war doch so glücklich und aufgeregt an seinem Geburtstag, bevor er zerstört wurde. Wenn ich wieder daran denke, dann steigen mir die Tränen auf. Aber es geht ihm jetzt besser. Es wird schon wieder. Ardan steht oben auf der Spenderliste. Ich bin guter Dinge. Das wird schon. "Nicht wahr?", nuschele ich zu Rocky, der gar keine Ahnung hat, sich aber liebend gern von mir kraulen lässt. Sein Fell glänzt seit der letzten Dusche und dem Schnitt so sehr. Er war so glücklich als Mama ihn gewaschen hat und ich ihm die Krallen geschnitten habe. Seitdem will er immer im Rampenlicht stehen und uns unter anderem sein frisch geschnittenes Fell zeigen. 

HerzensdiebWo Geschichten leben. Entdecke jetzt