Shawn Mendes - Why
Ich empfinde eine leichte Angst und hoffe, sie vergrößert sich nicht. Ich muss wieder an seine wohlklingende Stimme denken und wie Ardan meinen Namen ausgesprochen hat. Am liebsten würde ich mich an seine Stimme schmiegen. Meine Atmung ist ein wenig flach und da es gerade totenstill ist, ist sie vernehmbar. Das war ein Geständnis. Er fühlt sich gerade gut, weil ich seinen Namen gesagt habe. Gerade will ich seinen Namen tausendmal wiederholen, in der Hoffnung, dass noch ein Geständnis, noch ein Tipp kommt, aber ich bin gerade zu verdattert. Ich weiß nicht, was ich tun und denken soll, außer, dass ich mehr wissen will. Ich muss mich zusammenreißen, aber seine Augen lassen meine nicht los. Wie soll ich reden, wenn er mich so intensiv ansieht? Ich habe Sehnsucht nach Liebkosungen, aber das wäre falsch. Ich will nur Tacheles, mehr nicht. Ardan schluckt, sein Adamsapfel springt. Ich möchte mehr, so viel mehr von seinen Worten. "Das ... das hat dir ein gutes Gefühl gegeben?", frage ich heiser. Stumm nickt er. "Wieso hast du meinen Namen noch nie in den Mund genommen?", fragt er rau. Huch, ich erschaudere. "Dasselbe könnte ich dich fragen." "Gab es etwas, was dich gehindert hat?" "Gab es etwas, was dich gehindert hat? Du bist der Freund meiner Brüder, ist das wieder deine Begründung, warum du meinen Namen nie gesagt hast?" Ich lasse leichten Zorn in meiner Stimme schwingen. Er will etwas ansetzen, doch er schaut zur Seite, lacht spöttisch auf. "Du merkst selber, wie blöd ich gerade bin, was?" Etwas verwirrt schaue ich ihn an. Also habe ich mit meiner ironischen Aussage recht. "Nur ein wenig." Er schüttelt seinen Kopf und fährt sich durch sein Haar.
"Ich würde mich dir gerne öffnen, aber ..." "Aber?", hake ich nervös nach. "Ich kann es jetzt nicht." Ouh. Meine Schultern fallen enttäuscht. "Wieso lädst du mich dann zu dir ein?", frage ich gereizt. "Sei mir bitte nicht sauer, Cana." Wenn du meinen Namen sagst, geht das auch sehr schwer. "Es ist ein Schritt, den ich hier getan habe. Ich bin froh, dass ich jetzt so viele Freunde habe, die sogar Dinge mit mir unternehmen wollen." Er lacht verzweifelt auf. Freunde, die sogar Dinge mit ihm unternehmen wollen? "Aber ich brauche Zeit." "Wofür?", frage ich leicht brüchig. Ich weiß nicht wieso mir die Tränen aufsteigen. Wieso hatte er früher keine Freunde? Was ist mit meinen Brüdern? "Kennst du das Gefühl der Ablehnung?" Ich schüttele zögernd den Kopf, spüre das elektrisierende Gefühl im Brustkorb, welches mich doch an eine Ablehnung erinnert. "Doch", schießt es dann aus mir. Er schaut mich an, möchte mehr wissen, doch ich werde es ihm nicht sagen. Er hat mich abgelehnt. "Wer?" Du! Ich schaue weg. "Wieso hast du dich gut gefühlt, als ich deinen Namen ausgesprochen habe?" "Wieso sagst du ihn nicht mehr?" "Lenk nicht vom Thema ab." "Du hast mir meine Frage gerade nicht beantwortet." "Weil du mir genau diese Frage, die ich jetzt wiederholt habe, nicht beantwortet hast, sondern mir nur lediglich die Gegenfrage gestellt hast." Seine philosophische Schlagfertigkeit ist nicht mehr vorhanden, was ihn verwundbar macht. Hätten wir das über WhatsApp diskutiert, hätte alles anders laufen können - weniger nackt und mit viel Zeit, um zu antworten. Er hält inne und seufzt. Es wird still und es kommt mir so vor, als ob Ardan nachdenkt. Er denkt nach, ob er meine Frage beantworten soll oder nicht. Was genau hat es mit Freunden auf sich? Hatte er in der Vergangenheit nicht viele? Er hat sich immer heimlich gefreut, wenn wir ihn gefragt haben, ob er mit uns kommen möchte. Wenn ich an sein freudiges Lächeln und die strahlend grünen Augen denke, möchte ich weinen.
"Weil es mir ein Gefühl von Akzeptanz gegeben hat", flüstert er. Ich verstehe nicht ganz, dennoch macht sich ein schweres Gefühl in meiner Brust breit. Was soll das bedeuten? Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und sehe, wie enttäuscht er wirkt. Was ist los? Hat ihn mein Blick verletzt? "Du verstehst es nicht", schnaubt er. "Verurteilst du mich deshalb?" Er antwortet nicht, spannt nur seinen Kiefer an. "Du hast kein Recht mich zu verurteilen, nur weil ich fragend geschaut habe." "Fragend?", flüstert er mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich nicke und er seufzt. "Tut mir leid, ich habe deinen Blick falsch gedeutet." Ardan schüttelt seinen Kopf und fährt sich über sein Gesicht. Was hat er jetzt und was hat er früher erlebt? Gerade tut er mir echt leid. Vorsichtig rutsche ich auf und lege meine Hand auf seinen Rücken, spende ihm Trost. "Nicht schlimm", flüstere ich. Ich fühle mich gerade so geborgen, weil er mir etwas anvertraut hat - sei es nur ein klitzekleines Stück. Ich habe einige Puzzleteile, kann sie aber nicht zusammentun ... oder doch? Mir kommt etwas in den Sinn. "Wurdest du gemobbt?" "Nein." Seine Stimme ist fest und aufrichtig. "Das hätte eigentlich nicht so laufen sollen", seufzt er. "Dieses Gespräch?" "Ja", haucht er. "Ich wollte nichts von mir preisgeben und ich bitte dich darum, dass das, was du jetzt von mir erfahren hast, sei es nur ein kleines Stück, für dich behältst." Flehend sieht er mich an und ich weiß nicht wieso, aber ich empfinde gerade ein so starkes Mitgefühl, dass meine Augen glasig werden. "Ich schweige dir zuliebe." Was auch immer er erlebt hat, es muss prägend gewesen sein. Ich würde es niemals jemanden sagen.

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Herzensdieb
RomanceSpin-Off zu Akzeptanz. Sie hat ihre Mutter als Vorbild und will genau so eine rührende und bissige Liebesgeschichte, wie sie. Sie entspricht dem Ebenbild ihrer Mutter und eifert ihr gerne nach, auch wenn sie vom Charakter her weicher ist. Wie ihre M...